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Die Herren von Neef
- Die Grafen von Sponheim
von Franz Josef Blümling
Die Grafen von Sponheim beherrschten ein bedeutendes Territorium zwischen Mosel und Nahe. Sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit im Dienste der Salier aufgestiegen. Dieses Geschlecht, das von 1024 bis 1125 Kaiser und Könige stellte, besaß im Mittelrheingebiet zahlreiche Grafschaften, die es von Untergrafen, den Emichonen, verwalten ließ. In einer Urkunde von 1146, in der die Güter von Neef dem Kloster Arnstein bestätigt werden, wird ein Emischonem als Zeuge aufgeführt. Die Emischonen werden als die Urväter des Grafengeschlechtes derer von Sponheim angesehen.

Zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert begannen Angehörige des Adels sich nach ihren bevorzugten Sitzen zu benennen, sich somit Familiennamen im heutigen Sinne zuzulegen. So tritt 1051 Stephan von Spanheim als erster Graf auf, der sich nach der bei Kreuznach gelegenen Burg nannte. Eine Sage berichtet, dass ein Ritter dieses Geschlechtes von einem Kreuzzug einen Span des hl. Kreuzes aus Jerusalem mitbrachte und war denn der Spanheimer – die späteren Sponheimer.

Das Geschlecht der Grafen von Sponheim besitzt für die Lande an Mosel, Nahe und Rhein, für Hunsrück, südliche Eifel, Rheinhessen und auch Pfalz eine sehr große historische Geltung, gehörte es doch zu den bedeutenden Adelsgeschlechtern des Deutschen Reiches.

Alte Landkarte
weitere Landkarte: "Rumpenkirchen" - das vormalige fränkische "Nevim"

Die Spanheimer hatten die Neefer Burg schon vor 1140 vom Reich zu Lehen und regierten in ihr als Schultheiße einer Hundertschaft – gab es doch außer dem Ort an der Mosel noch einen Ortsbezirk auf dem Petersberg (nannte sich Rumpenheim), eine Siedlung in der Nähe vom Kloster Stuben. Diese nannte sich Zurschobon. Dort wohnten vermutlich die Beschäftigten des Klosters. Und nicht zuletzt gab es auch noch das Kloster Stuben selbst. Alle diese Ansiedlungen unterstanden dem Gericht Neef.

Bereits 1140 tritt Gottfried I. (1135 – 1183) von Spanheim in den Annalen des Klosters auf (als „Godefridus prepositus“ = an der Spitze stehender, womit die Führung einer Hundertschaft in Verbindung zu bringen ist), als dieses von Erzbischof Albero die Kirche von Neef geschenkt erhielt. Auch als König Conrad III. 1145 und auch 1146 dem Kloster Arnstein Dotationsgüter in Neef bestätigt, finden wir wieder jenen Gottfried von Spanheim als Unterzeichner. In der Urkunde von 1146 tritt Gottfried gemeinsam mit seinem Verwandten, dem kriegerischen Pfalzgrafen Hermann, auf. Sie beide kämpften öfters zusammen in heftigen Fehden. Und Hermann hatte, um eine Erbschaft zu erzwingen, sein Mündel Elsa von Treis in das Kloster Stuben genötigt, wie es eine Überlieferung zu berichten weiß.

Gottfried I. von war im Besitz von Gütern in Neef und Bremm, die er seinem Sohn Gottfried II. vererbte. Dieser heiratete Adelheid von Sayn. Sie brachte neben erheblichen saynscher Güter auch den Grafentitel in die Ehe ein. So sind sämtliche Sayn-Wittgensteiner im Mannesstamm echte Sponheimer, da sie alle aus der Ehe von Gottfried von Sponheim mit Adelheid von Sayn abstammen.

Schloss Sayn – Besitz des Fürsten zu Sayn- Wittgenstein-Sayn

Im Jahre 1190 tritt nun „Ludevico comete de spanheim“ in einer Neef-Stubener Urkunden auf und zwar als Begleiter des Erzbischofs von Trier. Erzbischof Johann weihte die neuerbaute Nikolauskirche des Klosters Stuben ein und bestätigte gleichzeitig die Schenkung seiner Vorgänger, wonach dem Kloster die Neefer Peterskapelle zufiel. Ludwig war der Neffe des Grafen Gottfried, der zu jener Zeit an einem Kreuzzug teilnahm. Dass Ludwig seinen Onkel kommissarisch bei dem Akt vertreten hat, kann vermutet werden.

Anno 1223 wird die Grafschaft Sponheim in die Vordere und Hintere Grafschaft aufgeteilt. Die Nebenlinie Neef gehörte zu der Vorderen Grafschaft, mit Stammsitz in Kreuznach, an.

Anfang des 12. Jahrhunderts bereicherten sich die Neefer Grafen um den vormaligen beachtlichen Besitz des Klosterhofes von Maria Laach in Neef, der großen Weinbergsbesitz im Ort selbst und im gesamten Umfeld des Mittelmoselgebietes ausmachte.

Als Graf Gottfried II. (1165 – 1223) von Sponheim vom Kreuzzug nicht mehr heimkehrte, wurde sein Besitz auf seine Söhne aufgeteilt. Heinrich erhielt neben den Herrschaftsrechten und Burgen in Kastellaun und Kirchberg auch das Castrum in Neef nebst Burgmännern, Dienstleuten, Untertanen und sämtlichen Einkünfte aus Besitztümern. Der älteste Sohn Johann I. war Erbe der saynschen Güter.

Graf Heinrich floss durch Heirat mit Agnes zu Blankenberg ansehnliches heinsbergisches Gebiet zu und wurde Herr zu Heinsberg. Den Besitz und die Rechte in Kastellaun, Kirchberg und Neef gibt er 1248 seinem Bruder Johann, der Heinrich im Tausch saynsches Vermögen überlässt. Dazu gehörte auch ein maßgebender Teil der Löwenburg im Siebengebirge.

Durch die Auflösung der vormaligen Reichskirche in Neef stehen landwirtschaftliche Güter (zumeist Weinberge) in Neef, Bullay, Bremm und Kastellaun zur Verteilung an. Diese sprechen sich 1251 Graf Simon und das Kloster Stuben zu. Dadurch wurde der Weinbergsbesitz des Grafen Simon beträchtlich vermehrt.

Offenbar nach dem Vorbild seines Bruders Heinrich hat auch Eberhard von Sponheim, der zunächst Domherr in Köln war, 1291 Anspruch auf einen Anteil am Erbe seines Vaters Graf Simon I. von Sponheim-Kreuznach erhoben. Am 22. Oktober 1291 wurde dieser Anspruch von Schiedsrichtern anerkannt. Am 8. April 1292 erhielt Eberhard neben Geld und Einkünften die halbe Burg Dill und ein Achtel der Burg Sponheim. Diese Besitzungen gestatteten es Eberhard, eine Ehe einzugehen. Noch im gleichen Jahr erscheint er als Schwiegersohn des Gerhard, Truchsess von Alzey, der ihm und seiner Tochter einen Teil der Burg Alzey, ein Anrecht auf das Truchsessenamt der Pfalzgrafen, Zinse und Zehnten zu Alzey, Rockenhausen, Uelversheim und Schafhausen, den Patronat zu Wolfsheim, sowie Gülten zu Gundersheim und Eimsheim vermachte; die lehnsherrliche Zustimmung des Pfalzgrafen lag vor. Wie sein Bruder Heinrich hatte auch Eberhard eine Dame aus einem Ministerialgeschlecht geheiratet; dies minderte den Stand der Kinder, die nicht mehr den Grafentitel trugen, der Eberhard noch gelegentlich zugebilligt wurde.

Mit dem ihm 1292 zugewiesenen Erbteil hat Eberhard sich nicht zufrieden gegeben. Am 12. Februar 1299 unterwarf er sich in dieser Sache dem Urteil seiner Neffen Simon und Johann. Deren Vorschlag akzeptierte er am 16. Oktober 1299. Demnach erhielt er die Burg Neef mit allen Rechten und Zubehör, Einkünfte aus dem Gericht Sohren und ein Fünftel des sponheim-kreuznachischen Anteils zu Dill. Offenbar entsprachen die zu Neef gehörigen Gülten nicht dem festgesetzten Betrag, so dass das gesamte Gericht Sohren an Eberhard fiel; dies kann daraus geschlossen werden, dass er seine Ehefrau auf die zu Sohren gehörenden Dörfer und Gerichte bewittumen konnte; König Albrecht gab am 27. Oktober 1301 dazu seine nachträgliche Zustimmung.

Eberhard kam in finanzielle Schwierigkeiten. Vor September 1303 musste er Sohren mit Zubehör dem Kirchberger Juden Isaak verpfänden. Die Grafen Simon und Johann von Sponheim-Kreuznach hatten daran ein Lösungsrecht, von dem sie offenbar Gebrauch gemacht haben, denn 1331 war das Gericht Sohren im Besitz Simons und seines Sohnes Walram. Auch die Anteile an der Burg Alzey, an denen der Pfalzgraf ein Vorkaufsrecht hatte, sind vor 1305 von Eberhard und seinem Schwiegervater an den Lehnsherrn verkauft worden. Möglicherweise bezog sich dieser Verkauf auch auf die aufgezählten Rechte in und um Alzey, die später nicht mehr im Besitz der Linie Neef belegt sind. Auch vom Anteil an der Burg Dill ist in der Folge keine Rede mehr; spätestens beim Erlöschen der Linie ist er an die Grafen von Sponheim-Kreuznach zurückgefallen.

Eberhard, der nach 1303 nicht mehr belegt ist, und seine beiden Söhne waren demnach auf Burg und Herrschaft Neef beschränkt; daneben besaßen sie einen Erbanspruch auf das Truchsessenamt der Pfalzgrafen.

Der ältere Sohn Gerhard trug am 16. März 1325 die Burg zu Neef dem Erzbischof Balduin von Trier als Offenhaus zu Lehen auf. Für Balduin stand somit die Burg in Fehden und Kriegen offen ohne dass er für Bau- und Unterhaltskosten aufzukommen hatte. Zu dieser Zeit beobachtete Erzbischof Balduin an Ort und Stelle die Bauarbeiten zur Erweiterung des gefahrenvollen Uferpfades von Neef nach dem Kloster Stuben. Dieser Pfad, wo vordem kaum ein unbeladenes Pferd hatte geführt werden können, wurde soviel erbreitert, dass ein bepacktes Pferd oder ein beladener Esel passieren konnte.

Am 29. Juli 1330 verleiht der Römische Kaiser Ludwig dem Edlen Gerhard von Sponheim, genannt von Neven (von Neef) vier Juden, deren Nutzen und Dienstbarkeit bis auf Widerruf durch ihn oder seine Nachfolger im Reich. Wichtige Helfer Balduins waren die im Erzstift ansässigen Juden. Die Kenntnisse und die Finanzkraft der Juden hatte der Erzbischof ausgenutzt. Am gleichen Tage (Hagenau den suntag nach St. Jakobstag 1330) wurde er von Ludwig mit Gericht und Gütern zu Neef belehnt.

Seither hatten die Herren von Neef das Recht, beym schopff zu nehmen uff halz und bauch zu richten. Der Galgen stand auf dem Galgenkopf, einer Anhöhe im oberen Neefer Bachtal. Die Hinrichtungen erfolgten durch den Henker. Als "unreine Person" wurde er von der Gemeinschaft gemieden und wohnte mit seiner Familie oft abgeschieden und einsam fernab des Dorfes. Neben den Hinrichtungen hatte der Henker noch weitere Aufgaben zu erfüllen, die kein "ehrlicher" Mann erledigen wollte. Dazu zählten Folterungen, Säuberung der Kloaken der Herrschaften, die Zurschaustellung von Delinquenten an den Pranger und das Vergraben verendeter Tiere auf dem Schindanger (Tiergarten). Vermutlich hatte der Henker nebst seiner Familie und dem Henkerknecht, der ihm zu Hilfe stand, in einem Schieferhaus (diese Flur gibt es heute noch) gewohnt, das in der Nähe des "Tiergartens" im Distrikt "Sauent" stand. Das Amt des Henkers galt als unehrbar. Dementsprechend groß war die Diffamierung des Henkers. Wer ihn berührte, galt selber als entehrt. Das Wirtshaus durfte er nur betreten, wenn keiner der dort Anwesenden etwas dagegen hatte. Dort besaß er einen eigenen Platz, auf den sonst niemand saß und einen eigenen Krug, aus dem sonst niemand trank. Sein Platz in der Kirche war ganz hinten, weit ab von den anderen Plätzen. Häufig verweigerte ihm der Priester die Kommunion. Der Beruf vererbte sich vom Vater auf den Sohn. Kinder von Henkern konnten ihrerseits auch nur Henker werden. Andere Berufe standen ihnen nicht offen. Für die Tätigkeit des Henkers gab es in den einzelnen Regionen eine vorgeschriebene Gebührenordnung. So war z. B. festgelegt, was er für die Hinrichtung, für das Abnehmen vom Galgen und die Einsargung, für die verwendeten Stricke, für Stockhiebe und für die Fesselung an den Pranger erhielt. Die Verwertung verendeter Tiere stellte er nicht in Rechnung. Dafür durfte er das Fell verwerten, und das für Menschen ungenießbare Fleisch konnte als Köter für den Wolfsfang Verwendung finden. Dies konnte eine nicht unerhebliche Verbesserung der Einkünfte bedeuten.

Dass die Herren von Neef neben dem Niederen auch das Hohe Gericht hatten, das garselbst der Kaiser verlieh, lässt die große Bedeutung des Ortes in jener geschichtlichen Epoche erkennen.

König Karl IV. gestattete Gerhard am 13. Februar 1349 die Reichslehen an seine Schwester Elisabeth zu vererben. Mitte 1351 ist Gerhard zuletzt urkundlich belegt. Danach gilt Gerhard als verstorben. Die Witwe des Edelknechts Gerhard von Sponheim, Aleid (Adelheid), stiftete am 7. April 1350 mit Zustimmung des Klosters Stuben in der Veste (Burg) Neef eine Messe für den Altar der Burgkapelle. Von nun an wird die Burgkapelle in den Annalen des Ortes nicht mehr erwähnt. 1352/53 stiftet Adelheid eine Messe auf den Marienaltar der Matthiaskirche in Neef und tritt als Nonne in das Kloster Stuben ein. Es kann davon ausgegangen werden, dass nunmehr das auf den hl. Matthias geweihte Gotteshaus Pfarrkirche für den Neefer Adel und auch für die Gemeinde war. Die Peterskapelle auf dem Berg war fortan nur noch die Friedhofskapelle und nicht mehr die Pfarrkiche für den Ort Neef.

 
 
erschienen in:
Heimat zwischen Hunsrück und Eifel, Beilage der Rheinzeitung, Nr. 3, März 2004
 
 
 
 
Wappen der Vorderen Grafschaft
 
 
Mann am Galgen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wappen des Fürstenhauses Sayn-Wittgenstein-Sayn
Literaturnachweise:
  Berns, Wolf-Rüdiger - Burgenpolitik und Herrschaft des Erzbischofs Balduin von Trier (1307 – 1354)
Beyer, Heinrich - Urkundenbuch mittelrheinischer Territorien
Clemens, Paul - Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Neunzehnter Band, III. Abteilung
Damitz, Karl von - Die Mosel mit ihren Ufern und Umgebungen
Goerz, Adam - Mittelrheinische Regesten
Günther, Wilhelm - Urkundensammlung zur Geschichte der Rhein- und Mosellandes
Loeschebrand-Horn, H. - J. - Die Deutschen Heimatführer, Band 8, Rheinland
Kochems, Heinz - Die Cochemser, Ein Stück europäischer Geschichte
Kraemer, Robert - Am Sagenborn der Heimat I.
Landeshauptarchiv Koblenz (LHA) - Best. 181, Nr. 55 (Siegler)
Lehmann, J. G. - Die Grafschaft und die Grafen von Spanheim der beiden Linien Kreuznach und Starkenburg
Marx, J. - Geschichte des Erzstifts Trier
Mötsch, Johannes - Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, Beiheft V/4, Die Grafschaft Sponheim
Mötsch, Johannes - Regesten des Archivs der Grafen von Sponheim von 1065 – 1437
Mötsch, Johannes - Regesten des Archivs der Herrschaft Winneburg-Beilsten, Nr. 126
Mötsch, Johannes - Balduin von Luxemburg Erzbischof von Trier Kurfürst des Reiches 1285 – 1354, Katalog zur Landesausstellung in Trier 1. Juni bis 1. September 1985
Naumann-Humbeck, A. - Studien zur Geschichte der Grafen von Sponheim vom 11. bis 13. Jahrh.
Resmini, Bertram - GERMANIA SACRA, Neue Folge 31, Erzbistum Trier, 7, Die Benediktinerabteil Laach
Strasser - Sammlung, Sponheim zu Neef
Vogt, Werner - Untersuchungen zur Geschichte der Stadt Kreuznach
Wille, Jakob u. Koch, Adolf - Regesten der Pfalzgrafen am Rhein 1214 – 1508, Bd. 1
Zenz, Emil - TA TREVERORUM, Die Taten der Trierer
Bildnachweise:
  Mann am Galgen - Petrarca-Meister - „Gericht über gefangene Bauern 1532“
Wappen im Besitz des Autoren
Kartennachweise:
  Fer, Nicolaus de - Le Cours du Rhein depuis Mayence insques a Coblens, Ausgabe: Paris 1699 / 1705
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