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Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) von Franz Josef Blümling

Beschießung und Erstürmung einer Stadt

Der im Jahre 1618 ausgebrochene Krieg, welcher ganz Deutschland verwüstete, hat auch das Trierische Land mit seinen Greueln nicht verschont. Das Heer der Schweden zog mordend und brennend, vom Hunsrück kommend, der Mosel zu und plünderte wo sie nur konnten. Sie zerstörten Häuser, rissen Dächer ab; Kelter, Fässer und allen hölzernen Hausrat steckten sie an und warfen ihn brennend in die Mosel. Ein Schwede soll sogar mit seinem Pferd in einer Kirche bis an den Altar geritten sein. Kirchliche Geräte und alles Gott Geweihte raubten sie und ließen nicht nach, bis man es mit Geld loskaufte. Die Nonnen im Kloster Stuben mussten mehrmals flüchten. Das Kloster verwahrloste, der Wohlstand sank, und die Zucht verfiel.

24.000 Franzosen zogen von Landau her ins Trierische. Danach drangen die Spanier ein. Alle misshandelten, raubten und plünderten; zerstörten Felder und machten die Ernte zu Nichte. All diese Drangsale führten dazu, dass eine unbeschreibliche Hungersnot entstand. Man aß nicht nur Fleisch von Pferden, Eseln, Hunden, Katzen und Mäusen, sondern vergriff sich sogar an menschlichen Leichen. Eine Mutter schlachtete sogar ihr eigenes Kind. Von ursprünglich 600 Bewohnern eines Dorfes im Trierer Land waren letztlich noch 20 am Leben.

Der Dreißigjährige Krieg ging auch an Neef nicht spurlos vorüber. Durch die zweite Heirat des Grafen Hans Anton von Eltz am 29. Juli 1629 mit Anna Elisabeth von Metzenhausen aus Neef wurde er Amtmann in Zell. Zuvor war er im Kriegsdienst, wo er im Felde den Franzosen, zum Nachteil der Spanier, Schutz und Quartier gewährte. Das konnten Letztete Hans Anton nicht verzeihen. Als 1637 eine Heerestruppe der Spanier auf Zell anrückte, flüchtete er zu seinem Schwager, Ritter Peter Ernst von Metzenhausen, in die Neefer Burg. Doch die Spanier machten seinen Unterschlupf ausfindig. Sie bombardierten Neef und die Burg zwei Tage lang vom gegenüberliegenden „Vogelsang“ aus. Die Burg brannte aus und der Ort lag in Schutt und Asche.

Zu allem Elend kam 1636 noch hinzu, dass die Pest wütete. Im benachbarten Ediger standen 80 Häuser leer, weil so viele Bewohner an dieser Epidemie gestorben waren. Zwei Jahre grassierte die Seuche. Man flüchtete von Haus und Hof; man lebte in Wald und Hecken. So wollte man der Pestilenz entkommen, was jedoch oft nicht mehr half, da man sich schon angesteckt hatte.

300.000 Menschen hatte der Krieg im Trierischen Land verschlungen. Dörfer und Städte waren zerstört. Sittenlosigkeit, Elend und Armut herrschten überall. Eine Visitation in Neef stellte fest, dass sich Kelch und Monstranz in der Matthiaskirche in einem sehr verwahrlosten Zustand befanden. Die wenigen Menschen, die noch lebten, hatten resigniert.

Erst mit dem Abschluss des Westfälischen Friedens 1648 konnte wieder Hoffnung geschöpft werden. Überstandene Pest und Hungersnot ließen die noch lebenden Neefer aus Dankbarkeit 1648 die Wallfahrt nach Eberhardsklausen wieder aufnehmen. Man mag sich dabei auch des wunderbaren Geschehens erinnert haben, das sich zuvor, im Jahre 1642, zugetragen hatte:

„Johann Pauli, Metzenhausischer Schultheiß zu Bullay, wurde im Jahre 1642, am Abend vor Christi Himmelfahrt (18.Mai), von einem lothringischen Soldaten ohne dessen Schuld von einer Kugel unmittelbar unter der Kehle so schwer getroffen, dass das Blut fingerdick gleich einem Brunnen heraus floss und er wie ein Toter niedersank. Sechs Männer trugen ihn in einem Leichentuch nach Hause, wo er von einem Priester die letzte Ölung empfing. Zwei herbeigerufenen Ärzte und Balbiere konnten angesichts des großen Blutverlusts nur mehr feststellen, dass im Körper des Schultheißen außerhalb der Herzgegend kein Blutstropfen mehr floss; als sie ihm die Nase und den Mund zu hielten, entwich der letzte Atem als schwarzer Dampf aus der Wunde. Die Kugel war unterhalb der Kehle mit solcher Kraft eingedrungen, dass zwei Rippen im Rücken zerspalten worden waren, deren Stücke für immer im Körper versteckt blieben. Ein Arzt aus Trier, den man hatte konsultieren wollen, beschied die Ratssuchenden, dass in diesem Falle keine menschliche Hilfe mehr möglich sei. Hier könne nur noch Gottes Gnade helfen. Der Schultheiß war so schwer verletzt, dass die Nahrung, die er aufzunehmen versuchte, zur Wunde wieder heraus floss, da auch die Speiseröhre durchgeschossen war. Dieser qualvolle Zustand erstreckte sich über neun Wochen, und Johann Pauli wurde – infolge des Nahrungsmangels – so schwach und dünn, dass die Knochen durch die Haut hindurch sichtbar wurden. Da machte er der Mutter Maria in Eberhardsklausen ein Gelübde. Er war jedoch so schwach, dass er sich den Kopf darüber zerbrach, wie er in diesem Zustand nach Eberhardsklausen kommen könne. Am 29. August schließlich hob man ihn aus seinem Bett, und er machte sich samt seinem Gesinde auf den Weg zu diesem hl. Ort. Unterwegs verspürte er sehr schnell solche ungeahnte Stärke in seinen Gliedern, dass er schließlich die Kapelle ohne jede Schwierigkeit erreichte und sich wie neugeboren fühlte. Dabei erfuhr er noch, dass auch seine Ehefrau und der Amtsschreiber von Neef, jeder von ihnen ohne Wissen des anderen, ein Gelübde für seine Heilung abgelegt hatten. Aus Dankbarkeit gegenüber seiner treuherzigen Helferin Maria hat er am 30. August über dieses Wunder vor vielen Zeugen berichtet.“

Ab dem Jahr 1649 wallfahrtete die Neefer Bevölkerung regelmäßig nach Eberhardsklausen.

Sind die Wallfahrten nach Eberhardsklausen aus tiefer Volksfrömmigkeit entstanden, so sorgte sich das Trierer Generalvikariat Ende des 18. Jahrhunderts erstmals über das „Unwesen und Gebaren“ bei Prozessionen. Eine Trierer Verlautbarung von 1782 beginnt: „Aus den Berichten von Pfarrern und anderen Personen geht hervor, dass die an sich guten und von alters her gehaltenen Prozessionen und Wallfahrten durch Missbräuche verschiedener Art profaniert sind, bei Nichtkatholiken Ärgernis erregen und zu einer Beleidigung Gottes verfälscht werden.“ Am 9. Juli 1784 untersagte Erzbischof Klemens Wenzeslaus den Pfarreien Bullay, Alf, Neef, Bremm, Eller, Ediger und Senheim „aus schwerwiegenden Gründen“ ihre jährliche Wallfahrtsgänge nach Eberhardsklausen. Das Volk jedoch wollte sich die lieb gewordenen Prozessionen nicht nehmen lassen. Sie waren zu einem festen Bestandteil des religiösen Lebens geworden. So kam es in Senheim wegen des Verbotes zu einem wirklichen Aufstand der Gemeinde gegen ihren Pfarrer, der sich an die Anordnung des Erzbischofs halten wollte. Offenbar setzte die Bevölkerung die Wallfahrt fort, denn am 22. April 1793 erging seitens des Generalvikariates eine Verfügung, der zu folge die Teilnehmer der Wallfahrt unter Androhung einer Geldstrafe verwarnt wurden. Die Wallfahrts-Fahne musste an die Pfarrkirche abgeliefert werden und die in dem Schreiben genannten Anführer hatten in der Kirche vor versammelter Gemeinde Abbitte zu tun. Die Gemeinde bat jedoch, weiterhin nach Eberhardsklausen wallfahrten zu dürfen und begründeten dies damit, dass seitdem nicht mehr nach Eberhardsklausen gewallfahrt wird, in verheerender Art Ungeziefer auftritt und Früchte und Waldungen vernichtet. Deshalb wolle man unbedingt wieder die Wallfahrt aufnehmen. Sollte der Pfarrer nicht mitgehen, könnte ja ein anderer Geistlicher, oder jemand vom Gemeinde- und Sendamt, mitgehen. Diesem könnte man ja auch den „gewöhnlichen Brudermeister“ hinzugeben. Jede der genannten Personen könnte allen Unfug überwachen und auch dafür haften. Die Fahne wolle man gerne der Pfarrkirche überlassen, doch bitte man um die Erlaubnis, sie bei der Prozession nach Eberhardsklausen mitführen zu dürfen. Man bittet sodann um eine Milderung der verhängten Strafen mit dem Hinweis, dass man nicht glaube, geringer zu sein als die Dörfer Neef, Bremm, Ediger, Ellenz, Bruttig und die Stadt Cochem, die alljährlich ihre Prozession nach Eberhardsklausen ungestraft gehalten hätten und noch hielten. Angesichts der Tatsache, dass Neef, Bremm und Ediger in dem Verbot vom 9. Juli 1784 genannt waren, ist anzunehmen, dass sich diese Orte über das Verbot hinweggesetzt und die Prozessionen weiterhin gehalten hatten, ohne dass es hier zu einer Bestrafung gekommen ist. Möglicherweise waren diese Orte glimpflicher davongekommen, weil hier eine Anzeige unterblieben war. Das Generalvikariat reagierte auf dieses Schreiben insgesamt milde, aber nicht ohne Finesse: Die Prozession nach Eberhardsklausen wurde unter der unmöglich zu erfüllenden Bedingung gestattet, dass der Hin- und Rückweg an einem Tag zurückgelegt werde und damit die Übernachtung am Wallfahrtsort entfiele. Die Angelegenheit wurde seitens der Trierer Behörde nunmehr nicht weiter verfolgt. So wallfahrten, bis auf die Orte Bruttig(-Fankel), Eller und Senhals, alle in diesem Zusammenhang genannten Orte noch heute nach Eberhardsklausen.

und der Beginn der jährlichen Wallfahrt nach Klausen
 
erschienen in
 
 
 
 
 
Kerzenhalter aus dem Jahr 1649, ausgestellt in der Wallfahrtskirche von Eberhardsklausen
 
 
„klopf, Teufel, klopf“
Die Pest wird personifiziert durch den Teufel, der an die Tür klopft.
 
 
Mit einer solchen Wurfmaschine wurde die Neefer Burg zwei Tage lang beschossen
Bild aus: Deutsche Kultur des Mittelalters von Paul Herre
 
 
Zwei Geschosse aus jener Bombardierung wurden von R. Schommers aus St. Aldegund aufgefunden
Foto vom Chronisten
 
 
Literaturnachweise:
  De Lorenzi, Philipp - Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier
Dohms, Peter - Eberhardsklausen, Kloster - Kirche - Wallfahrt, Mirakelbericht Nr. 28, Mirakelbuch von 1647
Friderichs, Alfons - „Klöster im Landkreis Cochem Zell – Augustinerkloster Stuben“ - Geschäftsbericht 1990 der Kreissparkasse Cochem-Zell
Hennes, Oswald - Die Senheimer lassen sich die Klausener Wallfahrt nicht verbieten - Jahrbuch Kreis Cochem-Zell 1994
Mathar, Ludwig - Die Mosel
Mathar, Ludwig - Wir Drei
Roth, F. W. - Geschichte der Herren und Grafen zu Eltz“
Schannat, Johann Friedrich - Eiflia Illustrata, dritter Band, erste Abteilung
Schiffels, Jos. - Erzählungen aus der Geschichte des Trierer Landes und Volkes
Bildnachweise:
  Beschießung und Erstürmung einer Stadt - „Maximilians I. Ehrenpforte“ - Deutsche Kultur des Mittelalters im Bilde
Kerzenhalter - F. J. Blümling
Die Pest - Titelblatt eines Kölner Postbüchleins von 1514
im nächsten Kapitel: Das Eberhardsfässchen
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