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Neefer Stückelcher und Originale
- Weitere Stückelcher
von Franz Josef Blümling

101. Das verrückte Huhn „Paula“
102. Ein sonderbares Spiel - Not machte erfinderisch!
103. Die Dessous der „Mahle-Marie“
104. Im Frühjahr wurde „de Hahn gefange“
105. “Forza Muzika” * bei der Mahle Maria
106. Das Gebiss im Werkzeugkasten
107. Der Aberglaube um den Kauz und eine lustige Geschichte dazu
108. Da hatte man sich doch zu früh gefreut
109. Einen guten Rat abgelehnt
110. Und ich heiße Blümling!
111. Da hätte doch das Heinse Kätche beinah das Kind mit dem Bade ausgeschüttet!
112. Der Strahl von Werner Müllen ging durch „siwwe Bearde Rewwe!“
113. Der Sonderling Basilius Malentschuk – „Wassil“ genannt
114. „Doch nicht alle auf einmal!“
115. „Morgen predigt dann Pater Johann!“
116. Eine Maßeinheit, die kein Eichamt auf der Welt kennt
117. In Neef konnte ich bei den Mädchen keinen Blumentopf gewinnen!
118. Meine Erinnerung an den Nikolausabend im Jahr 1946 als der Beelzebub kam
119. Da ging der Schuss nach hinten los!
120. Das Chaos während der Weinlese im Jahre 1932
121. Der traurige Lebenslauf des (vermutlich) letzten Gemeindebockes
122. Auf welche Art und Weise Erwin Nachtsheim den „Rundlauf um Neef“ gewann
123. Eine Geschichte am Rande der „Götzwanderung“ im Jahr 1955 auf den Klottener Berg
124. Ein Kandidat für die Fernsehsendung „Wetten dass ... “ ?!
125. „Dat Schinne Fränz’che “
126. De gruse Deer en Frankfurt hon enn där Woch zoo!
127. „Hühner-Boogie-Woogie“ auf dem „Gritchesball“
128. Ein besonderes Schauspiel
129. Die Katz ist weg!
130. Ein fast unwahrscheinlicher Zufall
131. Die Ironie des Schicksals
132. Das Händling zwischen dem „Mies“ mit der „Scheids Bebb“
133. So richtig nett war's nicht im Bett!
134. Seit mehr als 40 Jahren spielen die Bodenseemusikanten auf dem Neefer Weinfest - Wie kam es dazu?
135. „Der Schäfer ist da!“
136. Es war auch keine Fata Morgana!
137. „Du musst doch nur den Nippel durch die Lasche zu ziehen ...“
138. Wie die „Blitzeiche“ zu ihrem Namen kam
139. Augustmücken-Brennen - Auf welche Art uns die „Dalliender“ das Kirmesgeld versauten
140. Zu einem reellen Preis gab es letztendlich auch eine reelle Ware
141. Man nannte ihn den „Humoristen“
142. Zuerst sind die Besten dran!
143. Für seine Beerdigung hatte der „Meerte Jober“ vorgesorgt
144. Dat Ungeheja (Ungeheuer) von der Nääfer Furt
145. Dem Bartels Häns sin Katz und dem Scheid’s Lambert sin Pittersilich
146. Auf der Kegelbahn
147. Hier sind doch alle verrückt
148. Die Eigenschaft einer „Wunderkartoffel“
149. „ Et wor en Dalliender.“
150. „ ... es treit nicht dar!“
151. Die Croeff’s Katt hatte den Durchblick und großen Mut
152. Der letzte Weg von Josef Kreuter II.
153. Die Wirkung vom Fluppes
154. „Se holle mich! – se holle mich“
155. Durst macht erfinderisch
156. Die „Kappeler Grit“ - ein Dialog besonderer Art
157. Wasser aus der Dach-Rinne saufen
158. Ein erfolgreicher Fischfang
159. „Komm doch – komm doch!!!“
160. Die „Näfer Furteretscher“
161. Der „Scheißbogen“
162. „Malche – unterschreibe du“
163. Beichten gingen wir am liebsten in Cochem
164. „Wir haben keine Schule !“
165. Das „Mannhaus“ in unserer Kirche
166. „Wer a runner well de mos wele a riwwer gieh!“
167. Da half auch kein Weihwasser - Nichts geht über die Gemütlichkeit
168. Die beiden Sittenstrolche
169. Otto ließ uns alle erstaunen
170. Wie unser Pfarrer Pipi macht
171.  
172.  
173.  
174.  
175.  
 
 
 
 
 
 
 
 
   
   
Das verrückte Huhn „Paula“

Unter den Hühnern, die ganz in der Nähe des Neefer Bahnhofs im Stall von Paula Schinnen ihr zu Hause hatten, befand sich ein ganz besonderes kesses Exemplar. Man nannte es „Paula“. Und dieses Huhn hatte keine Scheu vor Mensch und Tier. Es spazierte täglich ins Dorf hinein und beanspruchte dabei die Straße, wie es ihm gerade so passte. Traktor- und Auto-Fahrer hatten dies zu akzeptieren. Da half auch kein Hupen. Man amüsierte sich und drosselte die Geschwindigkeit oder hielt sogar an. „Paula“ kannte jeder im Ort. Alle hatten das Huhn ins Herz geschlossen.

Wenn Frau Schinnen morgens die Stalltür aufmachte, schoss „Paula“ wie angesengt von dannen, die Bahnstraße hinunter und hin zum Dorf-Laden. War die Straße glatt, dann rutschte es in einer Kurve schon mal aus und nahm einen ausgestreckten Flügel zu Hilfe, um nicht hinzufallen. Vor dem Laden fand es fast immer ein paar Krümel von Backwaren, die aus Einkäufen oder aus Lieferungen stammten. Aber auch Kinder hatten immer öfter Krümel für „Paula“ ausgestreut. Und wurde „Paula“ nicht fündig, stellte es sich auf einen Blumenkübel und klopfte mit dem Schnabel gegen das Laden-Fenster. Wurde nicht umgehend reagiert, ging das Huhn sogar schon mal in den Laden hinein um sich in Erinnerung zu bringen, was verständlicherweise nicht geduldet werden konnte.

Einmal hatte Richard Krause vor dem Laden an einem Schirmständer aus Leichtmetall seinen Mischlings-Hund „Blackie“ festgebunden. Dieser machte sich „Paula“ gegenüber mit einem leichten freundlichem Gewinsel bemerkbar – so, als wolle er einmal kurz „Hallo“ sagen. „Paula“ jedoch stürzte sich auf den Hund. Dieser war geschockt und ergriff die Flucht - mitsamt dem Schirmständer. Dieser rappelte hinterher. Der Hund vermutete eine Verfolgung und geriet in Panik. Bis zur Erschöpfung rannte er die Petersbergstraße entlang bis hin zu seinem Zuhause. Richard hatte später Mühe, das Tier zu beruhigen. Ja, es soll an diesem Tag nichts mehr gegessen und getrunken haben und hatte ein starkes Herzrasen.

„Paula“ ging auch ungehemmt in die Häuser hinein, wenn Türen offen standen. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass es einmal kurz nachschaue, wie denn die Menschen so leben.

Oft sah man das Huhn mit den Stallgenossen durch Neef trippeln. „Paula“ stolzierte vorn an und tat so, als mache es eine Dorfführung. Es war die absolute Chefin des Hühnerhaufens. Nicht selten ließ dieser sich auch schon einmal in einem Hausgarten nieder. Dann war eine in Aussicht gehabte Gemüseernte passé.

So lebte „Paula“ einige Jahre ein sorgenfreies Leben mit absoluten Privilegien. Sah man sie, dann wurde sie freundlich begrüßt wie z. B. „Na Paula, wieder unterwegs?!“ . Auch Touristen freuten und amüsierten sich über das Huhn. Nicht selten wurde es fotografiert. Kamen Urlauber wieder zu Besuch nach Neef, fragten sie nicht selten, wie es denn „Paula“ noch geht.

Doch dann kam ein trauriger Tag. Es geschah vor dem Dorf-Laden. Ein Tourist erschien mit einem abgerichteten Jagdhund. Dieser kam „Paula“ nahe – zu nahe. Das Huhn hatte keine Scheu vor ihm und gackerte ihn unfreundlich an. Der Hund wusste nicht, wie ihm geschah. So etwas hatte er noch nie erlebt! Ein dummes Dorfhuhn griff einen fronterfahrenen Jagdhund an! Das kann doch nicht wahr sein! Er fasste Paula am Hals, biss zu und schleuderte es hin und her. Leute stürzten aus dem Laden und schrieen entsetzt auf. Sie wollten das Huhn retten. Zu spät – „Paula“ war tot.

Zusammengestellt aus Überlieferungen von Gertrud Boendgen, Richard Krause und Christel Kröger

"Blackie" wohlbehütet auf dem Sofa – nie wieder gab es den Versuch einer Kommunikation mit einem Huhn!
 
 
„Paula“ in majestätischer Haltung vor dem Hühnerstall
   
Ein sonderbares Spiel - Not machte erfinderisch!

Es gab ja im Zeitalter unserer Ahnen weder Fernsehen, Radio noch Kino. Die Kinder hatten kaum Spielzeug, da die Zeit arm war. Und aus dieser Situation heraus mag folgendes Spiel entstanden sein:

Eine Gruppe von Kindern versammelte sich in einem Zimmer. Mit einem weißen Tuch, das man am oberen Fensterrand befestigte, wurde der Raum abgedunkelt. Gleichzeitig diente das Tuch als Leinwand. Dann wurde eine Kerze angesteckt - ein Kind, dem danach war, zog die Hose runter – ließ einen Pupser in Richtung Leinwand los – ein anderes steckte diesen mit der Kerze an – und schon schoss eine leichte blaue Stichflamme gegen das Tuch. Alle lachten und amüsierten sich! Das Spiel konnte sich, je nach vorhandenen Vorräten, mehrmals wiederholen. Und das Kind, was die größte Stichflamme erzeugte, war für diese Veranstaltung der Pups-König bzw. die Pups-Königin.

Dies erzählte Hermann Nelius immer wieder gerne als lustige Erinnerung aus seiner Kindheit, wobei bekannt ist, dass ein solches Spiel auch von anderen Kindern gerne vorgeführt wurde - und auch noch heute funktionieren soll.

Überliefert von Otto Lux, Neef

Der „Nellese Hermann“ war Fährmann in Neef. Er war ein fröhlicher Mensch, zeichnete sich durch seine Pfiffigkeit aus und war für jeden Schabernack zu haben.(Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen)
   
Die Dessous der „Mahle-Marie“

In Neef gab es die „Mahle-Mädcher“. Es waren dies Maria (Susanne) Schmitz (18889 – 1953) und Anna (Maria) Schmitz (1889 – 1950). Sie waren unverheiratet und lebten zusammen in einem großen Haus in der Fährstrasse. Das Haus wurde zum Teil durch Bomben zerstört und nie mehr so richtig aufgebaut. Das hätte ja auch zu viel Geld gekostet. Es waren zwei vom Geiz geprägte Zeitgenossinnen. Den eigenen Wein vor dem Verkauf auch nur zu probieren, galt schon als Verschwendung. Dem entsprechend war auch die Kleidung. So geschah es, dass „Wassil“ - ein aus der Kriegszeit Zurückgebliebener aus Polen - folgendes zu erzählen wusste:

„Ich habe „Mahle-Marie“ im Wingert gesehen. Sie hat sich ganz tief gebückt und ich sage euch, sie hat sich Unnerbuchs angehabt, hat sich Nitrophoska draufgestanden“ Nitrophosphat war ein Kunstdünger, der in groben Jutesäcken geliefert wurde.

Wegen ihres Geizes sammelte sich ein riesiges Vermögen an. Die Hinterlassenschaft soll so groß gewesen sein, dass vorhandene Gold-Stücke in Bechern abgemessen und auf diese Art an die Erben verteilt wurde.

Die Mutter der „Mahle-Mädcher“ war die Amalie Mühl (1847 – 1925). Ihre Vorfahren hatten vermutlich eine der Mühlen im Neefer Bachtal betrieben – wo gemahlen wurde. So waren Maria und Anna die „Mahle-(Mühle-) Mädcher“. Übrigens war es damals so üblich, dass die weiblichen Nachkommen im Sprachgebrauch den Namen der Mutter erhielten.

Überliefert von Jürgen Bremm und Manfred Zimmer

Das Foto zeigt das stattliche Haus der „Mahle-Mädcher“, wie es vor der Bombardierung aussah. Es stand in der Fährstraße – auf dem Bild links drittes Haus. Es wurde übrigens vor der damaligen kaiserlichen Postagentur in Neef aufgenommen. (Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen)
   
Im Frühjahr wurde „de Hahn gefange“

In früherer Zeit war besonders in Böhmen der Hahnschlag heimisch und zwar dann, wenn eine Feldarbeit verrichtet war ( Die deutschen Sitten und Bräuche “ von Eugen Mogk ). Es wurde ein Hahn gejagt, erschlagen, gebraten und gemeinsam verzehrt. Dieser Brauch wurde auch in unsere Heimat übernommen und war bis vor etwa 20 Jahren noch üblich.

Wenn die Frauen mit den Frühjahrsarbeiten im Weinberg (Schneiden, Binden) fertig waren, wurde der „Hahn gefangen“. Dies war mit einem kleinen Fest verbunden. Man zog vom Wein beschwipst lustig singend durch den Ort und gab kund, dass die Weinbergsarbeit getan ist. Zum Festessen wurde aber immer öfter Kaffe und Kuchen gereicht, und es bestand immer seltener aus einem gebratenen Hahn.

Eigene Erinnerung des Chronisten

Eine Gruppe von Weinbergsarbeiterinnen gibt bekannt, dass „de Hahn gefange“ wurde. (Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen)
   
“Forza Muzika” * bei der Mahle Maria

Ende der 40er Jahre gab es zur Karnevalszeit sogenannte „Forzkissen“ – eine Nachkriegserrungenschaft, die viel Spaß brachte. Wenn man nämlich auf dieses drückte, war ein recht lautstarker, breiter und ordinärer Pups-Laut zu hören. Ein solches Kissen besaß auch Albert Kreuter. Er war ein Verwandter der „Male-Mädcher“.
siehe dazu auch „Stückelche“ Nr. 103 „Die Dessous der „Mahle-Marie“.

Reinlichkeit und Körperpflege spielte bei den „Male-Mädcher“ eine untergeordnete Rolle. Auch das allgemeine Wohnniveau lag weit unter dem Durchschnitt. So dachte Albert, dass er eigentlich keinen Stilbruch begeht, wenn er dieses Kissen auch einmal bei seinen beiden Verwandten zur Anwendung bringt und legte prompt das „Forzkissen“ unter das Stuhlkissen. Die Marie setzte sich drauf und sprang erschreckt auf – setzte sich wieder hin – sprang auf. Dieser Vorgang wiederholte sich nun mehrmals. Daraus entwickelte sich folgender Dialog:

Anna: „Booh - Marie, do hos awer schreckelich gefurzt!“
Marie: „Dat kann jo moal passeere!“

Anna: „Schon wirra – schomm deech!“
Marie: „Dat mos grod doo mia son – do furzt doch och immer!“

Anna: „awer net su loot!“
Marie: „Ech kann neest dofia – weas net, bat met mia loss es!“

Anna: „Hia entlich off – do bes e Schween!“
Marie: stand nun auf, rollte den Rock hoch, schaute nach:
„Nees Nejes dren – stenke don sie och net! - De Buhne
gesta wore sicher nit durchgekocht!“

Anna: „Wele soll eech och noch on diena Forzerei schold see?!“
Marie: „Do hiast doch, wat loss es!“

Es entstand nun eine heftige Auseinandersetzung wegen der Bohnensuppe. Albert nahm schnell sein „Forzkissen“ und verschwand. Die Situation wurde ihm doch zu heikel, und er hatte sich auch genug amüsiert. Albert erzählte das Geschehene voller Vergnügen seinen Skatbrütern in der Wirtschaft, was ein riesiges Gelächter auslöste.

Und die „Male-Anna“ ließ vermutlich von nun an die Bohnen länger kochen.

* niederl.: laute Musik

Überliefert von Otto Lux, Neef

Albert Kreuter (1907 – 1986) in seinen jungen Jahren (aus dem Archiv von Manfred Zimmer)
   
Das Gebiss im Werkzeugkasten

Der in Neef geborene und dort groß gewordene Heinz Philipps erzählt folgende Geschichte:

Ich war 36 Jahre alt und Baggerführer. In Frankfurt auf der Zeil beim Bau einer neuen Gasleitung ist etwas Schlimmes passiert. Obwohl die Strecke frei zum baggern gegeben war, habe ich mit dem Greifer 2 Stromkabel mit jeweils 20tausend Volt erwischt. Diese Kabel waren um einen alten Schacht gelegt worden, was im Plan nicht eingezeichnet war. Ohnmächtig wurde ich ins Krankenhaus gebracht, wo man bei mir einen Herzinfarkt feststellte. Nach 6 Wochen Krankenhaus kam ich anschließenden 4 Wochen zu einer Reha. Dort sagte mir der Professor, dass ich meine Zähne behandeln lassen müsste, weil von kranken Zähnen viele Krankheiten herkommen – ganz besonders Herzinfarkte.

Einen solchen hatte ich ja gerade erst gehabt, und so etwas sollte nicht wieder kommen. So wurden mir während des Reha-Aufenthaltes alle meine Zähne gezogen und ein Gebiss verpasst. Diese Aktion hatte ein kleines Vermögen gekostet. Ich kam jedoch mit dem Ding nicht zurecht. So nahm ich es, als ich wieder auf dem Bagger saß, überwiegend ab und steckte es in meine Hosentasche.

Nach etwa 4 Wochen flog ich mit meiner Frau in deren Heimat nach Mauritius. Im Flugzeug erst merkte ich, dass mir mein Gebiss fehlte. In Mauritius fand ich es auch nicht in den Koffern. Ein schlimmer Urlaub begann. Ich traute mich nicht auf die Strasse - machte meinen Mund nicht auf. Die Mauritianer haben alle so schöne weiße Zähne!

Nach dem Urlaub suchte ich zu Hause nach meinem Kauwerkzeug - fand es dort auch nicht. Wir suchten überall nach – nicht nur in allen meinen Hosentaschen. Es war einfach weg! „Die Sache war peinlich und ärgerlich.
„Rufen wir doch einmal das Fundbüro an“ meinte meine Frau. Meine Aufregung steigerte sich bis hin zur Wut. „Soll ich mich vor der ganzen Welt blamieren? Oder willst du mich veräppeln!“ Es entfachte sich ein waschechter Ehestreit.

Nun musste ich auch noch dringend zu meinen Verwandten nach Neef, weil es Wichtiges zu besprechen gab. Ich fuhr auch los. Doch was würden die Neefer sagen, wenn sie mich sahen? Ich sah schon, wie man sich an der Theke beim „Metzger Pitt“ (damalige Gastwirtschaft in Neef) den Bauch fest hielt vor Lachen über das zahnlose Ungetüm. Und die Verwandtschaft erst! Sie würde den Kopf schütteln! Ich kehrte um und fuhr unverrichteter Dingen nach Hause zurück.

Ich erschien also ohne Zähne wieder auf der Arbeit. In der Unterkunft auf der Baustelle machten die Kollegen ihre Faxen über meinen Zustand. Doch dann erschien mein Ersatzbaggerführer, der mir den Bagger wieder übergab. Er fragte mich, ob ich etwas vermissen würde. Dann griff er in den Werkzeugkasten und in der Hand hielt er meine Zähne. Sie hatten im Kasten gelegen zwischen Schraubenschlüsseln, verölten Lappen, Schmirgelpapier und Zange. Ich war nun einem allgemeinen Gelächter ausgesetzt, was ich auch verstehen konnte und mir ein Kasten Bier wert war.

Heinz Philipps

Missmutig lag ich fast den gesamten Urlaub über in der Hängematte. Keiner durfte mich sehen.
 
 
Nur ab und zu machte ich mit meiner Frau einen kurzen Spaziergang.
   
Der Aberglaube um den Kauz und eine lustige Geschichte dazu

Der heimische Kauz ist ein Nachtraubvogel. Seine Stimme ist recht laut und sonderbar. Dadurch wurde in früherer Zeit viel Aberglaube genährt. So wurden dem Kauz dämonische Fähigkeiten zugesprochen und soll durch sein schrilles „Quiit, quiit …“ in der dunklen Nacht den nahen Tod vorhersagen.

Das „Quiit, quiit“ verstand man als „Komm mit, komm mit!“

Albert Wagner übermittelt dazu folgende Geschichte:

Wir wohnten in meiner Kindheit im Neugarten – ganz in der Nähe der Neefer Kirche. Und im Kirchturm hausten stets Kauze.

Einmal musste ich in der Nacht auf unser Plumps-Klo. Diese Einrichtung stand von unserem Haus etwas entfernt im Hof. So saß ich in der Dunkelheit in nächtlicher Stille auf dem Klo und war gerade dabei, mein Geschäft zu verrichten. Dann plötzlich - ein durchdringendes „Quiit, quiit!“ Meint der mich? Nach einer kurzen Weile wiederum – und zwar von noch näher her: „Komm mit! Komm mit!“ Ja! - der meint mich! Ich bekam eine panische Angst. Der Kauz wollte mich also mit haben. Und noch einmal sein durchbohrender Ruf! – als hätte er es eilig mit mir! Ich hatte eigentlich noch mit meiner Verrichtung zu tun, sprang aber nun voller Schrecken und Angst auf und stürzte aus dem Gehäuse. So hatte ich in jeder Hinsicht die Hosen voll, als ich in unsere Stube hinein stolperte und meinen Eltern voller Aufregung erzählte, was ich erlebt hatte. Diese beruhigten mich und meinten, dass diese Deutung von dem „Quiit, quiit“ reiner Unfug wäre.

Überliefert von Albert Wagner, Neef

Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen
 
 
   
Da hatte man sich doch zu früh gefreut

Helmut Amlinger („Kähr Helm“ – seine Ahnen wohnte früher im Ortsbezirk „Kehr“) und Richard Boos („Boase Rich“ – seine Mutter war eine geborene Boos) hatten mächtig gefeiert und bekamen spät in der Nacht Hunger. Richard meinte nun, dass bei ihm zu Hause auf dem Speicher jede Menge Vorräte aufbewahrt würden und es kein Problem wäre, davon etwas abzuzweigen. „Ich gehe hoch. Du stellst dich unter das Speicherfenster und fängst den Schinken, den ich dir zuwerfe, auf.“ – besprach es Richard mit dem Kumpanen. Es schien ein einfaches Unterfangen zu werden und die Beiden freuten sich schon auf eine ordentliche Portion Schinken.

Richard schlich sich die Flurtreppe hoch. Sein Vater schien fest zu schlafen. Man hörte es an seinem Schnarchen. Richard nahm einen Schinken – warf ihn hinunter – und er wurde auch aufgefangen. Aber von wem? Von Richards Vater, dem „Mülle Fritz“! Dieser hatte nämlich das Gespräch der Beiden mitbekommen. Das Geschnarche hatte er nur vorgetäuscht. Fritz ging hinaus - „Kähr Helm“ lief von dannen - Fritz fing den Schinken auf - ging Richard entgegen und sagte nur kurz: „Hänge ihn doch dort wieder hin, wo er eben noch war.“

Richard machte große Augen und brachte den Schinken zurück. Es gab keine große Abrechnung zwischen Vater und Sohn. Der „Mülle Fritz“, auch „Onkel Fritz“ genannt, war ein sehr humorvoller Mann und schließlich auch kein Kind von Traurigkeit. S. auch die „Stückelcher“ Nr. 16., 17. und 22.

So gingen Helm und Rich hungrig zu Bett.

Überliefert von Helmut Bergen, Solingen

Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen: Der "Mülle Fritz" (rechts auf dem Foto) mit seinem Freund Josef Bergen.
   
Einen guten Rat abgelehnt

Dachdecker Nikolaus Breyer befand sich in großer Not. Er war auf einem Dach ausgerutscht. Nun hing er kläglich am Dachkändel und drohte abzustürzen. Da kam Pfarrer Rauber vorbei und rief: „Herr Breyer! Herr Breyer! - halten sie sich fest an Gott!" – Darauf Nikolaus Breyer: "Herr Pfarrer! ich halte mich vorerst lieber einmal fest am Kändel!"

Überliefert vom Chronisten

Das Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen zeigt Nikilaus Breyer bei einer Ansprache auf einem Dach anlässlich eines Richtfestes
   
Und ich heiße Blümling!

Es ereignete sich im Jahre 1943: Mein Onkel, Rudi Blümling, hatte seinen Fronturlaub in Neef beendet und fuhr mit der Bahn mit nicht gerade bester Stimmung wieder in Richtung Russland. Im Zug ging ein Würstchenverkäufer durch die einzelnen Kupees und rief: „Heiße Würstchen! – heiße Würstchen!“ Rudi war etwas genervt, ging auf den Verkäufer zu, gab ihm die Hand und
sagte: „Und ich heiße Blümling!“

Überliefert von Edgar Blümling, Bendorf

Rudolf Blümling
Bild von Manfred Zimmer, Bodenheim
   
Da hätte doch das Heinse Kätche beinah das Kind mit dem Bade ausgeschüttet!

Es war Ende der 40er Jahre. Ich besuchte das Heinse Kätche im Unterdorf. Sie war gerade dabei, ihre kleinen Kinder zu baden, wovon eines davon gerade in einer Zink-Bütte saß und frohgemut vor sich hin planschte. Kätche und ich verwickelten uns in ein interessantes Gespräch, und zwar gab es doch in Neef ein eigentlich braves Mädchen, das von einem verheirateten Mann geschwängert worden war.

„Schlimm – ganz ganz schlimm!“
„Die armen Eltern! – Das gab es in deren Familien doch noch nie!“
„Eine Schmach für alle!“

Das Gespräch vertiefte sich. Da fing plötzlich das Kind an zu schreien. Was war passiert? Ganz einfach: Das Badewasser wurde ihm zu kalt. Das Kätche nahm die Badebütt und stellte sie samt Kind auf den Herd. Das Kind war zufrieden.

„Weist du, wer das sein soll? – wer das getan haben soll!?“
„Ich vermute es. Dieser Kerl war schon immer ein Hallodri!“
„Was soll nur aus dem armen Kind werden?!“
„Mein Gott – mein Gott! Ein Skandal – ein Skandal!“

Wir vertieften uns weiter in dieses Drama. Doch dann schrie das Kind schon wieder! Was war denn jetzt passiert? Verständlich: Das Badewasser war ihm nunmehr zu heiß! Und was machte das Kätche? Es nahm in größter Eile die Bütt mit dem Jungen und war dabei, das heiße Badewasser in das Spülbecken auszukippen. Ich sprang hurtig hinzu und fing das Kind auf. Da hätte das Kätche doch beinah das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Dieses kuschelte sich bei mir ein und hatte fortan keine Beanstandungen mehr anzumelden. So konnten wir unser intensives Gespräch ungestört fortsetzen:

„Wann soll denn das Kind kommen?“
„Im Juni.“
„Ach du lieber Gott! Im Juni?! Dann ist es ja ein Kirmeskind!“
„Ja, ja, der Alkohol! Der macht die Menschen unbeherrscht!“
„Und das ist jetzt das Ergebnis!“
„Marie Ju! – Marie Ju! (Maria und Josef! – Maria und Josef!)

Die angeregte Kommunikation ging noch lange weiter. Erst als das Kind auf meinem Arm eingeschlafen war und es dann ins Bett gelegt wurde, kam mir zum Bewusstsein, dass ich mich schon zu lange bei dem Kätche aufgehalten hatte. Zu Hause wartete man sicherlich schon. Also verabschiedete ich mich in Eile mit den Worten: „Mia schwätze spära noch e moal driwwer – worrow Kätche? Da wesse ma villeecht mih!“ (Wir reden später noch einmal darüber – nicht wahr Kätche? Dann wissen wir vielleicht mehr!)

Überliefert von: Johanna Bergen, Neef

 
   
Der Strahl von Werner Müllen ging durch „siwwe Bearde Rewwe!“

Vorab folgendes: Noch lange wurden die abgeschnittenen Reben im Frühjahr aufgesammelt und in Bündeln zusammen gebunden. Ein solches Bündel war dann eine „Bead Rewwe“. Die Bündel wurden in einem Schuppen aufgestapelt, und wenn sie trocken waren verheizt. Nach eine Zeit lang nach dem letzten Krieg wurde mit den trockenen Bündeln der Backes geheizt.

Und nun zum Stückelche: Wenn früher jemand Probleme mit dem Stuhlgang hatte, dann nahm man Darmol – und schon funktionierte die Verdauung. Darmol gab es in der Form von kleinen Schokoladenplättchen und schmeckte eigentlich auch recht gut. Wir, ein kleiner Kreis von Buben, waren im Besitz des Abführmittels. Werner Müllen war neugierig und wollte einmal probieren. Wir sagten, dass dies feine französische Schokolade, also eine Delikatesse, wäre. Dies glaubte auch Werner, was er auch so schmeckte. Er konnte gar nicht genug davon haben. Es dauerte gar nicht lange, und Werner verabschiedete sich von uns. Wir wussten warum!

Am nächsten Tag erschien Werner nicht in der Schule. „Er wäre krank – hätte eine drastische Magenverstimmung!“ hieß es. Wir schmunzelten darüber und machten einen Krankenbesuch. Werner lag auf dem Sofa, trank Kamillentee und aß Zwieback. Auf dem Herd dampfte ein Topf mit einem Haferflocken-Prampes.

Die Mutter von Werner, die „Siss“ (Franziska) bedauerte sehr den Zustand ihres Sohnes und meinte, dass ein böser Virus im Dorf kursiere. Und Werner erklärte auf seine Art und wehklagte: „Kerle ich hab die Scheeserei wie noch nie in menem Lewwe – ech iwwertrewe net, wenn esch mäene, dat de Stahl dorch siwwe Beare Rewwe ging!“ Wir sprachen unser Mitgefühl aus und verschwanden eiligst; denn lachen durften wir ja nicht!

Werner fehlte noch einen weiteren Tag in der Schule. Er hatte die „Epidemie“ relativ schnell überstanden.

Erinnerung des Chronisten

"Nimm Darmol - und du fühlst dich wohl!" - Jedoch nicht so bei Werner Müllen
Bild-Nachweis: aus eigenem Bestand (Relikt aus dem früheren Kolonialwarengeschäft meiner Eltern)
   
Der Sonderling Basilius Malentschuk – „Wassil“ genannt

Basilius Malentschuk (1907 – 1969) – in Neef kurz „Wassil“ genannt, kam als sogenannter „Fremdarbeiter“ aus einem kleinen Flecken in Polen, der sich Drischdim nannte.

Er wurde der Familie Alfons Mentges zugewiesen. Dort gab es ein gutes Begrüßungs-Essen. Wie üblich, sprach man vorher ein Tischgebet aus. Als man sich danach bekreuzigte, machte Basilius sogar ein Doppelkreuz, wie es in seiner Heimat so üblich war. Daran erkannte das Gretchen, die Gefährtin von Alfons, dass Basilius ein frommer Mann war – ja, sie sah in ihm sogar einen polnischen Priester. Dies erzählte sie auch umgehend im Dorf so.

Basilius wurde schon bald in Neef „Wassil“ genannt. Der Schöpfer hatte ihn mit Intelligenz nicht überschüttet. Er war zudem sehr anspruchslos. Seine Unterkunft im Schuppen oberhalb des Schweinestalles stellte ihn durchaus zufrieden. Über eine Holzleiter erreichte er sein Quartier, wo er sich auf einer alten Matratze auf dem Strohspeicher ausstreckte und sich für einen ruhigen Schlaf noch einige Schnäpse gönnte. Für eine Flasche Schnaps nahm er jede zusätzliche Arbeit an – nicht nur bei der Familie Mentges. Ja, er hatte der Uni Mainz sogar seinen Körper für medizinische Forschungen verkauft, wofür er Geld erhielt, was er für Notwendigkeiten, wie Schuhe und Kleidung, aber auch für Schnaps ausgab.

Er war gefällig, fleißig, hilfsbereit und fast immer guter Laune. Die deutsche Sprache erlernte er nie so richtig, wozu er sich auch keine Mühe gab. So verdrehte er auch gerne originelle Zunamen und sagte z. B. über den „Zucker-Hannes“ Herr Hannes Zucker und der „Nanne-Peter“ war bei ihm der Herr Peter Nannen. Darüber amüsierte man sich köstlich. (s. auch bei „Neefer Stückelche“ lfd. Nr. 103)

„Wassil“ wurde wegen seiner speziellen Art schnell zu einem Neefer Original. Man konnte sich nie vorstellen, dass er in Polen ein Priester war. Und wegen seiner speziellen Unterkunft, oberhalb des Schweinestalles, nannte man ihn, eher humorvoll als bösartig, „Schweinepriester“. Dies hörte er jedoch mit größtem Widerwillen und konnte darüber sehr wütend werden, was eigentlich bei ihm selten vorkam. Einmal soll er sogar mit einem Pflasterstein nach Jemanden geworfen haben, der ihn so nannte.

Er war Orthodoxe und nicht davon zu überzeugen, Katholik zu werden oder auch nur einmal einem katholischen Gottesdienst beizuwohnen. „Ich lieber im Wald.

Da bessere Luft als in Kirche“ gab er Pfarrer Rauber zu verstehen, als dieser ihn endlich einmal in der Kirche sehen wollte.

Als der Krieg vorbei war, blieb er in Neef. Als freiwilliger Fremdarbeiter wäre er in Polen ein Verräter gewesen. Dort hätte man ihn zumindest in ein Gefängnis gesteckt.

So arbeitete „Wassil“ zuerst bei der Fa. Drathen in St. Aldegund. Dort wurde er plötzlich entlassen, weil er Schnaps geklaut haben sollte. Man hatte jedoch erfahren, dass es andere Arbeiter waren, die tatsächlich den Diebstahl begangen hatten und diesen dem doch recht hilflosen Polen in die Schuhe schoben.

Von nun an arbeitete er bei der Weinkellerei Michel Schneider in Merl. Jeden Morgen um 5,30 Uhr begann sein Fußweg zum Bullayer Bahnhof. So sparte er das Fahrgeld mit der Bahn für diese Strecke und konnte sich mit dieser Ersparnis im Bahnhofsrestaurant drei Schnäpse erlauben. Dem Bahnhofswirt prostete er dann zu mit den Worten: „Wer gut schmiere – der gut marschiere!“ So konnte der Tagesmarsch nach Merl zur Firma Schneider weiter gehen. Abends, wenn er Feierabend hatte, nahm er dann auch schon einmal die öffentlichen Verkehrsmittel in Anspruch und war froh und zufrieden, wenn er sich auf seiner Matratze in einer Wolldecke einkuschelte – und sich zum Einschlaf noch ein paar Hochprozenter gönnte.

Mit Entsetzen hatten nun Zuggäste feststellen müssen, dass auf der Straße durch die Neefer „Furt“ ein bewegungsloser menschlicher Körper lag. Es war der schwerverletzte „Wassil“. Die Polizei wurde alarmiert. Mit dem Krankenwagen kam er in das Zeller Krankenhaus und wurde von dort in die Uni-Klinik in Mainz verlegt, wo er am 20. November 1962 verstarb. Seine Leiche obduzierte man, und sie stand schließlich Forschern zur Verfügung. Restliche Einzelteile seines Körpers wurden auf dem Zeller Friedhof anonym beerdigt.

Die Unfallursache wurde nie geklärt. Hatte ihn ein Auto angefahren? Hatte Schnaps eine Rolle gespielt? Torkelte er gegen das „Zeitungsauto“, das frühmorgens den „Trierer Volksfreund“ nach Neef brachte, wovon der Fahrer nichts merkte? Hatte man ihn gar beraubt? – schließlich hatte er sein Barvermögen immer dabei und hatte es nicht in seiner Behausung irgendwo im Stroh versteckt.

Es gab also keine übliche Beerdigung. Es wurden auch keine Toten-Zettel im Ort verteilt und die Sterbeglocke läutete nur kurz. „Ach jo, de Wassil es dut!“ – rief man sich auf den Straßen zu. Das war’s!

Kein Foto hat „Wassil“ festgehalten. Jedoch hat er durch seine Originalität, wegen seiner sorglosen, gutmütigen und fröhlichen Art als Sonderling einen Platz in den Neefer Annalen verdient.

Überlieferungen von: Bernhard Boos, Eduard Bremm, Jürgen Bremm, Otto Lux und eigene Erinnerungen

 
 
   
„Doch nicht alle auf einmal!“

Es trug sich im Sommer des Jahres 1948 zu. In St. Aldegund war ein Fußball - Tournier, an dem auch die Mannschaft von Neef teilnahm. Wir Pens, eine Gruppe von Acht- bis Elfjährigen, hatten uns am Rande des Spielfeldes versammelt und schauten etwas gelangweilt den einzelnen Spielen zu. Neef war schon vorzeitig ausgeschieden.

Doch plötzlich wurde es interessant! Da saß doch eine rassige, schwarzhaarige, junge Zigeunerin am Spielfeldrand auf einer leichten Anhöhe und hatte keine Unterhose an. Man sah das, was ansonsten streng verdeckt war. Das hatte jemand von uns per Zufall so entdeckt. Ein Weiterer wollte dies sehen - ging hin, stellte sich so 20 Schritte vor die Zigeunerin und tat, als würde er was suchen - als hätte er etwas verloren. Dabei schaute er aber hauptsächlich der Schönen unter den Rock. Nun wollten auch alle Anderen dies sehen und waren dabei, zusammen hinzurennen. „Nicht doch“ rief einer.

„Doch nicht alle auf einmal!“ Wie recht er hatte! So konnten wir noch einige Male hinschauen gehen – aber immer einer nach dem anderen. Erst als der Zigeunerin unser Interesse auffiel, stand sie auf und wandte sich wieder ihrer Sippe im Zigeunerwagen zu.

Uns Bubis aus Neef winkte sie vorher noch einmal recht charmant und lächelnd zu.

Eigenes Erlebnis des Chronisten

feurige und charmante Zigeunerin von einem unbekannten Maler aus vorhandenem Kalender-Blatt
   
„Morgen predigt dann Pater Johann!“

Der „Frenze Hannes“ ( Johann Müllen) war auf der Bahn in Bullay in der Güterabfertigung beschäftigt. Er war ein armer Mann, weil er einen finanziellen Schiffbruch erlitten hatte. Nun wohnte er mit seiner Familie in einer engen Wohnung im Feuerwehrhaus, die ihm die Gemeinde für eine geringe Miete zur Verfügung gestellt hatte.

Zum Mittagessen kam er nach Hause. Dann stand das Essen auf dem Tisch – bis auf das eine Mal. Es fand lediglich einen Zettel von seiner Frau Marie vor:

„Bin in der Kirche. Es predigt Pater Wolfram!“ (Es war Mission in Neef – Anfang der 50 Jahre – Pater Wolfram predigte sehr wirkungsvoll – bei seinen Predigen war die Kirche immer gerammelt voll). Frau Marie, genannt die „Binze Marie“ (ihr erster Mann war ein Binzen), war im Gegensatz zum Hannes sehr fromm.

Hannes nahm stinksauer den Zettel und ergänzte: „Und wenn ich morgen nach Hause komme und das Essen steht wiederum nicht auf dem Tisch, dann predigt Pater Johann!“

Überliefert von Eduard Bremm, Ewald Kreuter und Bernhard Nelius

Wenn Pater Wolfram predigte, war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt.
Bildnachweis: Aus "der selen wurczgart", Druck des Ulmer Konrad Dinckmut von 1483
   
Eine Maßeinheit, die kein Eichamt auf der Welt kennt

Die „Boar“, wie der Nachttopf genannt wurde, war in jeder Familie ein wichtiges Utensil. Sie stand im Nachtschränkchen oder auch unter dem Bett und wurde zur Schlafenszeit bedient. Arme Familien hatten nur eine einzige „Gemeinschafts-Boar“ – so auch der Sechs-Personen-Haushalt des „Frenze Hannes“ (S. Stückelche Nr. 115). Nun wurde die „Boar“ undicht, weil sie einen Riss hatte. So ging die „Binze Marie“, die Frau vom „Frenze Hannes“, zum „Debbe-Händler“. Dieser Topfhändler kam einmal im Monat mit seinem Fuhrwerk. „Na – Marie, was soll es denn sein?“ „Esch well en Boar" (Ich will einen Nachttopf). „Wie groß soll sie denn sein?“ „Ei jo – fia sechs Seiche“ (ei ja, für sechs Urin-Hinterlassungen). Der Händler wusste Bescheid und verkaufte den Nachttopf in der gewünschten Größenordnung.

Überliefert vom Eduard Bremm

 
 
   
In Neef konnte ich bei den Mädchen keinen Blumentopf gewinnen!

Warum? Mein Vater war Beamter bei der Bahn und hatte keine Weinberge. Demzufolge hatte auch ich keinen einzigen Stock - und auch keinen Traktor. Ich konnte also kein Winzer werden, und mein Vater besogte mir eine Anstellung bei der Bahn.

Den Winzern ging es in den 50er / 60er Jahren sehr gut, und jeder gestandene Weinbauer hatte einen Traktor. Je größer und stärker dieser war, um so höher war der Besitzerstolz. Der Traktor war gewissermassen ein Statussymbol. Und dass sich ein junger Mensch wie ich (geb.1932) bei der Bahn anstellen ließ und sich einer Dienstordnung unterwarf, war damals kein besonderes Privileg – besonders nicht bei den Mädchen. So war ich bei diesen chancenlos.

Helmut Sonntag, Alf

Helmut half gerne im Weingut von Eduard Bremm bei der Weinlese. Wir sehen ihn inmitten von weiblichen Schönheiten. Aber heiraten wollte ihn keine - weil er ja keine Weinberge und keinen Traktor hatte.
   
Meine Erinnerung an den Nikolausabend im Jahr 1946 als der Beelzebub kam

Der Beelzebub, auch Knecht Rupprecht genannt, ist ein Dämon der christlichen Mythologie und im Volksbund ein Synonym für den Teufel. Er trat als Begleiter des hl. Nikolaus auf und war zottelig gekleidet, Hände und Gesicht waren rabenschwarz angeschmiert, er rasselte mit einer massiven Kette, hatte ein Rute zur Hand und auf dem Buckel schleppte er einen leeren Sack mit sich. In diesen sollten die bösen Kinder eingesackt werden, die dann in der Hölle abzuliefern waren.

Ich war 5 Jahre alt - mein Bruder war gerade einmal 3 Jahre alt. Wir wohnten im Unterdorf in der Alten Kirchstraße in einer Wohnung im ersten Stock. Es war am Nikolausabend im Jahr 1946. Gewohnheitsgemäß beteten und sangen wir mit Mutter fromme Weisen und warteten auf das bevorstehende Ereignis. Dann plötzlich ein lautes Gepolter und Kettengerassel im Treppenhaus. Und dann stürzte wie wild geworden der Beelzebub in seiner fürchterlichen Aufmachung ins Zimmer. Ich bekam riesige Angst, und da ich kein reines Gewissen hatte, flüchtete ich sturzartig unter die Küchenbank. Er mir nach! Er griff nach mir! Er wollte mich packen und machte teufliche Stimmen! Ich schrie wie verrückt in schrillsten Tönen und wehrte mich. Ich wollte nicht in den Sack!

Ich wollte auch nicht in der Hölle braten. Panik überfiel mich. Ich flüchtete aus dem Zimmer und raste die Treppe hinunter. Er mir nach – mitsamt Kette, Rute und Sack. Und immer wieder schlug er mit der Rute auf mich ein. Offenbar hatte er es auf mich abgesehen. Ja, ich war gewiss nicht immer brav gewesen. Aber das alles ging Vater nun zu weit. Kurzentschlossen nahm ein Beil, das er immer in der Küche parat hatte. Damit hackte er nämlich Kleinholz, womit er Feuer im Herd anmachte. Dann lief er uns aufgebracht hinterher! Und wie es das Unglück so wollte, stürzte er auf der dunklen Straße in ein nasses und dreckiges Erdloch. Es gab ja noch keine Straßenlampen, und die Alte Kirchstraße war aufgerissen, weil ein Abflusskanal gelegt wurde. Die Wut meines Vaters stieg nun ins Unermessliche. Er wollte den "Drecksack" umbringen, was er auch laut in die Dunkelheit hinausschrie. Vater war ein sehr gutmütiger und herzensguter Mann, aber von grober Art und leicht reizbar. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn sie sich getroffen hätten - der Beelzebub und er. Sicherlich hätte er ihn nicht umgebracht. Der Beelzebub war ja in Wirklichkeit Heinz Bergen. Und der war ein Haudegen kernigster Art. Der hatte es faustdick hinter den Ohren. Vielleicht hatte Vater mit ihm ja noch ein Hühnchen zu rupfen. Und gerade der wollte seinen Sohn abstrafen, weil er nicht immer brav war! Gott sei Dank verlief man sich in der Dunkelheit und es kam zu keiner handgreiflichen Auseinandersetzung.

Ich versteckte mich in einem Kellerloch und zitterte vor Angst. Schließlich ging ich wieder nach Hause. Der weitere Nikolausabend verlief natürlich recht traurig und ohne Nikolaus, der sich schon längst davon gemacht hatte.

Wir hatten im Jahr 1946 einen arg betrüblichen und sehr speziellen Nikolaus-Abend.

Überlieferung von Heinz Philipps, Rodgau Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen Text dazu: Der Heinz Bergen (1933) zeichnete sich überhaupt nicht dadurch aus, dass er lieb und brav war. Eigentlich hätte er sich selbst in den Sack stecken müssen.

 
   
Da ging der Schuss nach hinten los!

Es war am Kirmes-Dienstag im Jahre 1951. Ich war 17 Jahre alt. Das Kirmes-Geld war so gut wie aufgebraucht - auch bei meinem Freund Walter Nelius. In Neef konnten wir also bei den Mädchen auf dem Kirmes-Tanz keinen großen Staat mehr machen. So ging ich mit meinem Freund nach Bremm. Dort kannten wir eine Wirtschaft, die recht billig den Schoppen verkaufte. „Wenn wir all unser Geld zusammen legen, dann langt es noch für ein paar Runden“ - schlug Walter vor. Gesagt – getan! Der Wirt von der „Ischias-Bar“ (Die Wirtschaft war in einem Gewölbe-Keller, der immer recht feucht war) war uns gut gesonnen. Wir hatten ihm unsere Situation geschildert. Er lachte darüber und spendierte einige Schoppen. So waren wir recht beschwippst, als wir am frühen Morgen an der Neefer Fähre standen und übersetzen wollten. Der Fährmann lag zu dieser Zeit längst im Bett und war nicht zu erreichen. So „liehen“ wir uns einen Nachen aus, der an der Fährrampe ankerte und setzten über die Mosel.

Am anderen Ufer angekommen, begleitete mich Walter noch ein Stück auf Weg zu mir nach Hause in die "Reiz". Walter schlug dann auf seinem Nachhauseweg ins "Unterdorf" einen anderen Weg ein, als ansonsten üblich.

Die Mutter von Walter, die Josefine, wartete schon lange und voller Sorge auf ihren Jungen. „Dem werde ich es zeigen! – hat wohl wieder zu viel gesoffen!“ Sie postierte sich am Schlafzimmerfenster im ersten Stock und war mit zwei Eimern voll Wasser ausgestattet - einer stand links und der andere rechts von ihr auf dem Fensterbrett. „Die kriegt er über, damit er endlich zu Verstand kommt! Das wird ihm ein Denkzettel sein!“

Es standen also die Behälter voller Wasser parat auf der Fensterbank. Nun kam Walter aber von einer ganz anderen Richtung an als Josefine es vermutete. Damit hatte sie nicht gerechnet. So drehte sie sich abrupt um. Dabei fiel ein Eimer voller Wasser über ihren Schlafrock hinein in das Schlafzimmer. Der andere Eimer ballerte auf die Straße. Dies erschreckte die Nachbarschaft, die aus dem Schlaf gerissen wurden. "Was ist um Gottes Willen passiert?!" Als Josefine die Lage erklärte, fingen alle an zu lachen - zumal Walter. Aus der beabsichten Bestrafung war ein lustiges Schauspiel geworden.

Da ging also der Schuss nach hinten los!

Überliefert von Helmut Bergen, Solingen

Die beiden Zecher von der Bremmer "Ischias-Bar", Helmut Bergen...
 
 
...und Walter Nelius.
Fotos von Helmut Bergen
   
Das Chaos während der Weinlese im Jahre 1932

Der Bürgermeister hatte in den 30er Jahren zu bestimmen, wann gelesen werden durfte. Dies ließ er durch den Feldhüter bekannt machen und zwar durch das Geläut einer Kirchenglocke. Wenn also diese frühmorgens läutete, dann durfte mit der Lese begonnen werden. Wenn sie am Abend erklang, dann war die Lese zu beenden. Auch zwischendurch konnte der Bürgermeister die Lese unterbrechen lassen, wenn es z. B. anfing zu regnen. Ansonsten hätte ja die Qualität der Ernte unter der Nässe gelitten.

Wir, vier Jungs um die 12 Jahre alt, gingen nun an einem Vormittag in den Glockenturm unserer Pfarrkirche und läuteten die „Ernteglocke“ – mitten drinnen in der Haupterntezeit! Und es war durchaus ein gutes Lesewetter! Die Winzer im Weinberg waren sprachlos. Weshalb um Gottes Willen sollte man mit der Arbeit aufhören?! Auch der Bürgermeister Josef Kreuter II. war von den Socken. Nie und nimmer hatte er diese Unterbrechung angeordnet! Er eilte zur Kirche. Dort hastete er mit dem Pfarrer, Herr Acker, zum Glockenturm, wo man allerdings nicht den Feldhüter, sondern uns Lausebengel ertappte. Zwei konnten ergriffen und verhört werden. Rudolf Kreuter und ich flüchteten hinunter in das Kirchenschiff und versteckten uns im Beichtstuhl. Überall suchte man uns. Aber man fand uns nicht. Recht lange verweilten wir in unserem Versteck. Doch als wir schließlich nach Hause kamen, waren unsere Eltern schon über alles informiert. Der Bürgermeister hätte wie wild gebrüllt und einzelne Winzer seien außer sich vor Wut.

Ich erhielt nicht die erwartete Prügel von meinem Vater, sondern musste nun jeden Tag von früh bis spät mit in der Lese helfen – und dies nicht nur bei uns, sondern auch bei denen, die sich durch unser Geläut geschädigt fühlten. Da gab es nicht immer angenehme Gespräche während der Arbeit, und ich wurde auch nicht sonderlich geschont. Als junger Knabe musste ich sogar schon die vollen Hotten tragen.

Überliefert von Alfred Kaufmann, Neef

Alfred im Alter von 19 Jahren – da hatte er nicht mehr solche Flausen im Kopf
   
Der traurige Lebenslauf des (vermutlich) letzten Gemeindebockes

Der „Binze Rubbes“ hatte im Krieg ein Bein verloren. Er kam als Invalide vorzeitig aus dem letzten Weltkrieg nach Hause und lebte mit seiner Familie im Feuerwehrhaus. Es herrschten sehr arme Verhältnisse. So war es ein sozialer Akt der Gemeinde, dass man dem "Rubbes" die Obhut des Gemeindebockes anvertraute. Er durfte nämlich die sogenannte „Deck-Gebühr“, die für die Dienstleistung des Bockes zu zahlen war, kassieren. Das Tier war in einer kleinen Stallung im Bereich des Feuerwehrhauses untergebracht.

Wegen der laufenden Bombardierungen des Neefer Unterdorfes in den letzten Kriegsjahren wurde auch der Ziegenstall so beschädigt, dass für den Gemeindebock eine vorläufige Unterkunft im Schulkeller gefunden wurde. Dies war nicht sonderlich auffällig, da ein Schulunterricht in jener Zeit ganz provisorisch oder überhaupt nicht statt fand - erst verursacht durch die Kriegswirren, und danach hatte sich die Baufirma Meyer im gesamten Schulgelände einquartiert. Sie baute die Ellerer Brücke wieder auf und reparierte das zerstörte Neefer Tunnel.

Als 1946 der Schulunterricht wieder einen normalen Verlauf annahm, störte nicht nur das ständige Geblöke sondern auch der penetrante Gestank des Bockes den Lehrbetrieb. Das war für Lehrer Schneiders ein unmöglicher Zustand. Mehrmals hatte er entsprechend beim Bürgermeister reklamiert – immer umsonst. So gab Schneiders dem „Binze Rubbes“ den Auftrag, beim Bürgermeister „Poss-Josef“ (er hatte auch die Postverwaltung in Neef) vorzusprechen. Er sollte ihm ausrichten, dass er den Geißbock an seine Haustüre anbinden würde, wenn das Tier aus dem Schulhaus nicht umgehend verschwinden würde. Das hatte genützt.

Allerdings weiß man nicht, was mit dem Neefer Gemeindebock nun geschehen ist. In den Annalen tritt er nicht mehr in Erscheinung. Man weiß lediglich, dass künftig der Ziegenbock in St. Aldegund auch für die Neefer Ziegendamen zuständig war. S. dazu auch „Stückelche“ Nr. 33. Vermutlich kamen die Überreste des Neefer Bockes in Einweckgläser.

Überliefert von Eduard Bremm

Eine Ziege im Stall zu haben, war allgegenwärtig. Und wurde Nachwuchs gewünscht, trat der Gemeindebock in Funktion. Ohne diesen hätte es dieses Zicklein nicht gegeben.
Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen
   
Auf welche Art und Weise Erwin Nachtsheim den „Rundlauf um Neef“ gewann

Erwin Nachtsheim (geb. 1933) nahm am „Rundlauf um Neef“ teil, der in den anfänglichen 50er Jahren stattfand.

Zuvor hatte er im Kreise der Familie eine ordentliche Portion „Quetsche-Kuche“ (Pflaumen-Kuchen) gegessen und Kaffee getrunken.

Gestartet wurde bei der Turnhalle am Anfang des Ortes. Erwin merkte schon bald, dass mit seinem Bauch etwas nicht stimmte. Ein gewisses Druckgefühl wurde immer stärker. Als er sich beim Haus von den Wagners im Unterdorf befand hielt er es nicht mehr aus. Er entwisch der Schar und haute ab in das „Schuster Gässchen. Dort entleerte er seinen Darm, das Druckgefühl entschwand. Mit entspanntem Körper lief er jedoch die „Alte Kirchstrasse“ hinunter zur „Moselstrasse“ und setzte den Rundlauf fort. Durch die Abkürzung hatte er jedoch nunmehr einen so großen Vorsprung, dass er als klarer Sieger das Rennen gewann.

Überliefert von Alfons Kreuter

Der sportliche Erwin Nachtsheim, der in Rekordzeit den „Rundlauf um Neef“ gewann.
Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen, Neef
   
Eine Geschichte am Rande der „Götzwanderung“ im Jahr 1955 auf den Klottener Berg

Der Namensgeber der „Götzwanderung“, war Ferdinand Goetz (1826 - 1915). Er war auch Mitbegründer der Deutschen Turnerschaft (DT) und deren Vorsitzender von 1895 bis 1915 und trat vor allem für die Spielbewegung innerhalb der DT ein. Ihm zu Ehren rief die DT ab 1921 jährlich am Christi-Himmelfahrt-Tag zu einem Turnfahrtentag auf, der bei den Turnern schnell zur "Goetzwanderung" wurde.

Neef hatte in den Nachkriegsjahren einen sehr regen Turnverein. So nahm die örtliche Turnerschaft auch regelmäßig an den jährlichen „Götzwanderungen“ im Moselgau teil. Dies waren recht gesellige Veranstaltungen. Sie begannen stets mit einem gemeinsamen Gottesdienst in freier Natur, und dann gab es natürlich einige Ansprachen, die zumeist von älteren Veteranen gehalten wurden. Das Motto des Tages wurde hervorgehoben und war geprägt vom Turnvater Jahns Leitspruch: „frisch – fromm – fröhlich – frei“ – so sollte sich also der deutsche Turner hervorheben!

Und nun ging es zu dem gemütlichen Teil über. Die mitgebrachten Weinflaschen wurden „geköpft“ und dann stand man auch noch am Bierstand. Die Stimmung stieg und die Disziplin schwand.

Als die Veranstaltung zu Ende war, ging ein Teil der Neef-Gruppe den Klottener Berg hinunter und wanderte der Mosel entlang in Richtung Cochem. Man war bester Stimmung und sang nicht nur gesittete Turnerlieder.

Als dann vor uns eine junge Frau mit einem Kinderwagen spazieren ging, meldete sich der Werner Müllen: „Leut – wele mache ich eppes – do lacht ihr ooch kabott!“ Er ging auf die Frau zu und gab ihr mit seiner großen "Pranke" (Hand) einen Klaps auf den Po. Diese war geschockt und schrie wie wild. Sie lief so schnell sie konnte von dannen und wäre fast mitsamt dem Kinderwagen hingefallen, da sie die Bordsteinkante nicht berücksichtigte. Nun tobte auch der Säugling. Noch aus der Ferne schimpfte die Mutter weiter und wollte uns anzeigen. Ihre Wut war auch deshalb so groß, weil wir alle über diesen Vorfall lauthals lachten und uns amüsierten.

Gott sei Dank war unser disziplinierter Vorsitzender Hans Schättgen und seine gesittete Anhängerschaft (bestehend zumeist aus den Mädchen) nicht dabei, denn das, was sich da zwischen Klotten und Cochem zugetragen hatte, war wirklich nicht im Sinne von Turnvater Jahn.

Ein allgemein bekannter Vorfall

Überliefert vom Chronisten

Die Neefer Götzwanderer im Jahre 1953. Auf dem Bild ist Werner Müllen in der zweiten Reihe - zweiter von rechts - zu sehen (große Statur)
Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen, Neef
   
Ein Kandidat für die
Fernsehsendung „Wetten dass ... “ ?!

Als junger Angestellter bei der damaligen Kreissparkasse Zell musste ich öfters vertretungsweise die Nebenstelle in Alf betreuen. Diese war im Hause des damaligen Dorfladens der Familie Frost mitten in Alf untergebracht. Es gab Tage, wo mich auf dieser Filiale kaum ein Kunde besuchte - es für mich somit kaum etwas zu tun gab. Langeweile kam jedoch aus folgendem Grund nicht auf:

Es befand sich in der Nähe des Büros ein Misthaufen – eine Brutstätte für Fliegen! Sie ließen sich auch in Scharen in meinem Arbeitszimmer nieder.
Diese Tatsache entfachte in mir eine regelrechte Jagd-Leidenschaft. Ich fing an, diese „Flugobjekte“ mit der bloßen Hand zu fangen, wenn sie sich auf dem Aktenschrank oder auf dem Schreibtisch niederließen. Erst war das gar nicht so einfach. Mit der Zeit klappte es jedoch immer besser. Ja, ich konnte schließlich die Tiere auch im freien Flug fangen! Und wenn sie sich an der Decke nieder ließen, nahm ich meinen Bürostuhl, kletterte auf ihn hinauf, und scheute die Fliegen von oben weg. Einmal bin ich bei einer solchen Aktion gestürzt, weil sich der Stuhl während dieser Aktion drehte. Mit Schwung wollte ich einer wegeilenden Fliege nachgreifen. Gott sei Dank ist mir dabei nichts Schlimmes passiert. Und wenn was passiert wäre?! O wehe!

Wie hätte ich diesen "Arbeitsunfall" meinem Arbeitgeber gemeldet?

Die erlegten Tiere sortierte ich abseits vom Schreibtisch auf einem kleinen Aktenschrank in 5er Reihen. Der Kunde, wenn er denn überhaupt kam, sollte von meinen Zeitvertreib nichts erfahren. Hatte ich meinen Dienst beendet, landeten die kaputten Fliegen im Abfalleimer.

Es entwickelte sich ein regelrechter Ehrgeiz in mir. Stets hielt ich das Oberlicht am Fenster geöffnet, was auch die Putzfrau so zu handhaben hatte – angeblich wegen der frischen Luft. Und wenn ich am kommenden Tag ins Büro kam und dieses war wieder voller Fliegen, dann war die Jagd eröffnet.

Vielleicht konnte ich ja einen neuen Rekord aufzustellen?! Er lag schließlich bei mehr als 40 erlegten Tieren, die ich an einem einzigen Tag zur Strecke brachte.

Noch heute kann ich mit freier Hand so gut Fliegen fangen, dass ich eigentlich in der Sendung „Wetten dass“ einmal auftreten sollte.

Eigene Erinnerung des Chronisten

 
 
   
„Dat Schinne Fränz’che “

Franz Schinnen war gerade einmal 7 Jahre alt, als man ihn bei seinen Verwandten im „Schinnenhaus“ in Neef einquartierte. Zu Hause in der Großstadt Dortmund war es wegen der andauernden Bombenangriffe ab dem Jahr 1942 zu gefährlich geworden. Insbesonders die Kinder schickte man „aufs Land“. Es gab zu dieser Zeit mehrere Großstadtkinder in Neef.

Solche „Städter“ (-Kinder) waren in der Regel „Weicheier“ und hatten Schwierigkeiten, mit uns doch recht ungehobelten Pens zurecht zu kommen. Nicht allerdings der Franz Schinnen. Wegen seiner Gewitztheit hatte er bei uns schnell Fuß gefasst. Er kam – sah – und siegte! Schon bald war er „dat Schinne Fränz'che“ – oder auch kurz „Fränz’che“ genannt.

Er wurde für uns ein Vorbild. Wenn wir „Krieg spielten“, war er der Hitler. Er gab uns die Befehle, denen wir ohne Widerspruch folgten. So hatten wir auch einmal von ihm das Kommando erhalten, Matschklumpen in ein offenes Fenster zu werfen. Es war dies das Schlafzimmerfenster des Hauses der Eheleute Aloys Nelius, das in der Nachbarschaft vom „Schinnenhaus“ stand. Dies war laut „Fränzche“ eine Übung. Wir sollten uns vorstellen, dass das Nelius-Haus ein russische Festung wäre. Diese galt es zu erobern. Wir trafen bei dieser Aktion nicht nur die Festeröffnung, sondern auch die weiße Hauswand. „Fränz’che“ beobachtete das Manöver mit großem Interesse und gab seine Anweisungen – machte sich jedoch die Finger nicht schmutzig. Aloys und besonders das „Nellese Traudche“ (Aloys Frau Gerdrud) waren außer sich vor Wut, als sie vom Feld nach Hause kamen und die Schweinerei feststellten. Wir Werfer bekamen eine riesige Abfuhr zu Hause. Aber das „Fräntz’che“ blieb ohne Strafe. Er hatte ja keinen einzigen Klumpen geworfen.

Einmal kam er auf uns zu, als wir uns mit einer Gruppe von Buben auf der „Kehr“ beim Schäfer versammelt hatten. Das „Fränz’che“ hatte selbstgedrehte Zigaretten dabei. Diese bestanden aus getrockneten Kirschblättern, die er in Zeitungspapier eingedreht hatte. Als er uns sagte, dass ihm Hitler diese Rauchstängel mit der Post zugeschickt hätte, glaubten wir ihm dies natürlich und rauchten das Zeug voller Ehrfurcht - bis uns allen schlecht wurde. Einige sollen davon sogar die Hosen voll gehabt haben.

Das „Fränz’che“ brachte uns auch bei, wie man Bomben baut. Ganz einfach: Man nehme eine leere Bierflasche mit Bügelverschluss, fülle sie mit etwas Wasser und gebe Kieselsteinchen und Karbid dazu. Nun musste man die Flasche schnell verschließen - schleunigst wegwerfen – und in Deckung gehen. Schon umgehend gab es eine Explosion. Glasscherben und die Steinchen flogen durch die Luft. Das war nicht ungefährlich! Angeblich hatten englische Flieger mit solchen Waffen, die allerdings so groß wie Korbflaschen waren, Dortmund in Schutt und Asche gelegt. Wir waren beeindruckt!

Als nun die amerikanischen Soldaten 1945 in Neef einzogen, war das „Fränz'che“ schon 10 Jahre alt. Von Hitler wollte er jetzt nichts mehr wissen. Er war nun auf der Seite der Alliierten. Erfolgreich bettelte er bei den Soldaten um Kaugummi und Schokolade. Er konnte sich offenbar mit diesen unterhalten. Damit wir auch um etwas betteln konnten, brachte er uns die fremde Sprache der Amis bei. Zuerst lernten wir von ihm das Zählen von 1 bis 10. Und das ging so: ene, zwene, drene, fene, funke, rabe, schwabe, dicke, dose, detsch. Ansonsten war die englische Sprache einfach zu erlernen: Man stecke eine heiße Pellkartoffel in den Mund und spreche normal im Neefer Plattdeutsch. Dabei sollte man auch noch die Nase zuhalten. Und schon spricht man diese Fremdsprache! Wir versuchten es – aber natürlich ohne Erfolg. Unsere Eltern lachten über die Methode und meinten, das „Fränz'che“ sei ein Aufschneider, und wir sollten ihn nicht so voll nehmen. Es war auch sein letzter Auftritt bei uns Kindern. Wir hatten ihn wirklich zu wichtig genommen.

„Dat Schinne Fränz’che“ verließ uns. Dortmund wurde nicht mehr bombardiert. Und die Nachbars-Christel, die ihn so gerne geheiratet hätte, hörte nie mehr etwas von ihm. Wie das Leben so spielt: Aus den Augen – aus dem Sinn.

Überliefert von Eduard Mentges, Bullay
Christel Kröger, Neef
und eigene Erinnerungen des Chronisten
Bilder von Christel Kröger, Neef aus dem Archiv von Kurt Bergen, Neef

Das „Fränz’che“ war bei den Mädchen sehr begehrt. Die Christel aus der Nachbarschaft hätte ihn auf der Stelle geheiratet - so erinnert sie sich heute noch.
 
 
Das "Schinnen-Haus" - heute steht hier das Raiffeisengebäude
   
De gruse Deer en Frankfurt hon enn där Woch zoo!

Beem Gindersche - daad äss en Wirtschaft enn Nääf - do hot ma ebbes verzellt. Ob ed wohr ess, esch währ ed nett. Also, enn ähnem Nobischdorf, siedlich von Nääf, hot en Maan sienem Nobar verzellt, dat er medde enn där Woch med siener Fra no Frankfurt fohre will un ähß die Elefande unn die annere gruse Deer seh will.

Meddachs um 12 Uhr woar en schunn wirra zoreck dahäm. Do fräschd dä Nobar, baad da loss woar. Och, säd dä Maan, die honn bestemmt nur Somms- dachs unn Sunndachs off, nämlich bi mir dohii koome, hot owwedriwwer grus unn bräd gestann: Zoo. Do kunnde mir jo wirra häm foore.

Eingereicht von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

 
 
   
„Hühner-Boogie-Woogie“ auf dem „Gritchesball“

Es war Anfang der 50er Jahre. Die Weinlese stand an. Aus Eifel und Hunsrück kamen Mädchen an die Mosel und boten sich als Lesehelferinnen an. Sie waren im Vergleich zu den Mosel-Mädchen recht einfach gekleidet und machten einen biederen Eindruck. Sie hinkten, nicht nur was die Mode betraf, eine Entwicklungsstufe hinter den Moselanerinnen hinterher. Im Weinberg waren sie allerdings sehr fleißig und willig. Im Volksmund waren es die „Herbst-Gritcher“ (Gretelcher).

Und diesen „Gritchern“ wollte man etwas Abwechslung bieten. So veranstaltete man den „Gritchesball“. Dies war eine Tanzveranstaltung beim Bremm‘s Jupp im Saal. Alt und Jung fanden sich ein. Ganze Familiensippen saßen an Tischen zusammen. Die Dorfkapelle spielte dazu auf - mehr laut aus qualifiziert - aber voll engangiert. In dem Repertoire fehlte nie die „Waldeslust“, „lustig ist das Zigeunerleben“ die „Wiege im Böhmerland“ und nicht zuletzt die moselländische Nationalhymne „Im weiten deutschen Lande“. Dabei bekam so mancher feuchte Augen. Die ganze Saalgesellschaft sang, schunkelte und tanzte. Eine gemütliche und harmonische Veranstaltung!

Doch dann zu später Stunde wurde die Kapelle übermütig. Aus Amerika wurde gerade der spezielle Boogie-Woogie eingeführt. Dies war in der damaligen Zeit für die Alten ein wirrer Kult, den man von den Ureinwohnern übernommen hatte. Nichts desto trotz: Der Hit „rock around the clock“ war quasi der Aufhänger dieser modernen Musikbewegung, die weltweite Begeisterung auslöste. Und diesem weltweiten neuen Trend wollte die Kapelle im Saal vom Jupp nicht nachstehen und schwenkte um in diese neue Musikrichtung - mit diesem Welthit. Der Trommler hatte dabei die wichtigste Arbeit zu verrichten. Dazu gehörte, dass man auf dem Tanzboden wilde Verrenkungen machte, hoch und nieder sprang, sich entfernte und näher kam und, wenn man schon fortgeschritten in dieser Tanzkunst war, Überschläge machte. Schließlich, als Höhepunkt, kreischte Otto Lux den „Hühner-Boogie-Woogie„. Dabei schrie er in greller Stimme seine eigene Komposition lautstark in den Saal und beim Refrain grölte das junge Volk voller Vergnügen: Ruck ruck tuck ruck tuck kiegerekiek - Das ist der „Hühner-Boogie-Woogie“. Sogar die „Gritcher“ waren nun außer Rand und Band. „Hier an der Mosel da war was los. Da war man am Nabel der Welt!“

Bei dieser Veranstaltung wackelte nicht nur die Wand, sondern vor allem auch der Tanzboden. Dieser war nicht gerade stabil. Vom Keller aus wurde er von dutzenden von Pfosten abgestützt. Die Behörde hatte mehr als ein Auge zugedrückt, um den Tanzsaal als solchen überhaupt noch zuzulassen.

Saalwirt Jupp sah eine kommende Katastrophe. Er schrie zur Kapelle: „aufhören!“ Doch die reagierte nicht darauf, und das Tanzvolk verrenkte sich weiter wie im Rausch. Jupps Schwestern, Gertrud und Maria, liefen wie angesengt umher: „Aufhören! – aufhören!“ Doch all dies nutzte nichts. Ihr mahnendes Geschrei ging im allgemeinen Tumult unter. Und Otto schrie mit Begeisterung weiter! Da ging die Maria an den Sicherungskasten und drehte die Panzersicherung raus. Dunkelheit - Geschrei - Durcheinander - Chaos - raus auf die Straße - wilde Diskussionen -Unverständnis! Die „Boogie-Woogie-Veranstaltung“ war jäh zu Ende.

Eigene Erinnerung des Chronisten

von links nach rechts:
Alfred Bergen, der begnadete Trommler
Richard Müllen, genannt Boase Rich, ein Spezialist auf dem Schifferklavier
Alois Blümling spielte die Erste Geige
Otto Lux, der Komponist des "Hühner-Boogie-Woogie"
   
Ein besonderes Schauspiel

veranstaltete ich mit unserem Hahn. Ich lockte diesen mit in Schnaps getränkten Brotkrusten vom Misthaufen weg. Diese pickte er gierig auf. Schon schnell stellte sich eine sonderbare Wirkung ein. Er fing an, wie verrückt zu krähen und verrenkte sich dabei fast seinen Hals. Dann schleifte er die Flügel über die Erde - drehte sich dabei im Kreise. Und nun stürzte er sich torkelnd auf die Hühner. Diese scheuten wild gackernd auf und entflohen in alle Richtungen. Als sich der Hahn ausgetobt hatte, legte er sich hin, verdrehte die Augen und schlief seinen Rausch aus. Zu diesem Schauspiel waren auch meine Freunde eingeladen. Wir lachten uns fast kaputt dabei.

So geschehen in der Mitte der 40er Jahre, als ich 7/8 Jahre alt war.

Diesen “Dressur-Akt” kannte ich von dem „Schuster-Juppi”. Ihm brachte ich regelmäßig die Schuhe unserer Familie zum flicken hin. Ich war gerne in seiner Werkstatt. Er war recht lustig, und er erzählte mir oft von Streichen aus seiner Kindheit. Von ihm konnte man noch etwas lernen.

“Juppi” hatte zudem Mitgefühl für leidende Kinder, denen eine Strafe drohte, weil sie einen Streich gespielt hatten - wie es das nachfolgende “Stückelche” so beweist:

So konnte man die Prügel gut ertragen

Dass wir im Schulunterricht Prügel bekamen, war ein fast alltäglicher Vorgang. Für leichte Vergehen bekam man Hiebe mit dem Rohrstock auf die flache Hand. Bei schwerwiegenderen Vorgängen musste man sich über die Bank legen, und man bekam mit dem Stock Schläge auf den Po.

Ein solch schwerwiegender Vorgang stand zur Bestrafung an. Wir hatten bei den “Mahle-Mädcher” (s. “Stückelche” Nr. 103 u. Nr. 107) Schwefel gebrannt. Damals gab es noch keine Kanalisation. Das Spülwasser aus der Küche floss durch ein Rohr auf die Strasse. Wir hatten also einen Schwefelspan angezündet. Diesen in das Abflussrohr gesteckt und dasselbe danach mit einem Lappen zugestopft. So zog der beißende Schwefeldampf in die Küche hinein. Bei den “Mahle-Mädcher” entfachte sich demzufolge ein riesiges Chaos. Sie wussten nicht, was los war, stürzten auf die Straße und schrien um Hilfe. Nachbar Peter Treis kümmerte sich um die Angelegenheit und erklärte den Betroffenen den Sachverhalt. Kurz und gut: Nach einer gewissen Zeit konnten die “Mahle-Mädcher” wieder in die Küche einziehen. Der Peter Treis, der von Natur aus wenig Spaß vertragen konnte, verpetzte uns beim Lehrer. Was auf uns zukam, wussten wir!

Als ich dem „Schuster-Juppi” meine Situation mitteilte, schnitt er mir einen Lederlappen zurecht und gab mir die Empfehlung, diesen am kommenden Tag in meine Hose einzulassen - was ich auch so tat.

Die erwartete Strafe stand somit prompt an. Ich legte mich schon fast unaufgefordert über die Bank, und Lehrer Höhnen drosch ein. Doch zu Aller Überraschung kam von mir kein Wehlaut. Daraufhin wurde ich bewundert, und besonders bei den Mädchen galt ich starker Typ. So bin ich sogar als Held aus dieser Szene hervorgegangen - dank dem „Schuster-Juppi”. Und der Lederlappen fand auch künftig noch nützliche Verwendung.

Eigene Erinnerung des Chronisten

Der "Schuster-Juppi"
aus dem Archiv von Kurt Bergen
 
 
Buschbaum Josef
 
 
 
   
Die Katz ist weg!

Ja, wo mag sie nur sein? Der Werner Scheid (geb. 1926) hatte ein prächtige Katze, die er von klein an groß gezogen hatte. Sie war gut gewachsen, aufgeweckt, treu und anhänglich. Werner und seine „Minka“ waren ein Herz und eine Seele. „Minka“ soll sich sogar ab und zu in das Bett von Werner eingekuschelt haben.

Doch dann kam ein schlimmer Tag. „Die Katz ist weg!“ Werner suchte überall in Neef nach ihr - vergebens! Werner war sehr traurig. Er nahm an, dass sie überfahren wurde und nun irgendwo in einer Hecke lag. Was war aber geschehen?

Auf dem „Eulenköpfchen“ war die Artillerie (1943 – 1945) stationiert. Sie bewachten die Ellerer Eisenbahnbrücke und beschossen angreifende Flieger. Der befehlsführende Leutnant wohnte mit einigen Soldaten in einer Baracke auf dem Berg. Der Leutnant hatte einen sogenannten „Bosch“ – gewissermaßen einen Lakaien, der für seinem Herrn alle niedrigen Dienste zu erledigen hatte (Stiefel putzen, Besorgungen machen, einkaufen u. sonstiges mehr). Und dieser „Bosch“ wohnte im Hause von Eduart Bremm, unten an der Mosel. Er hatte Mitleid mit seinem Herren, der oben in der Einsamkeit wohnte. So kam er auf den Gedanken, ihm eine Katze zu schenken. Es lief ihm die Katze von Werner Scheid über den Weg, und es war keine Schwierigkeit, dieses anhängliche Tier zu fangen. Im Sack brachte er es seinem Herren, der sich darüber freute.

Die Neefer Bevölkerung spazierte oft auf den Berg und ließen sich von den Soldaten die Geschütze erklären, was sie auch gerne machten. So war auch Werner einmal dort oben. Sein Kätzchen hatte ihn bemerkt und kratzte ganz heftig an der Fensterscheibe. Es war in der Baracke eingesperrt. Werner bemerkte dies – stürzte in die Bude – nahm es in den Arm – und verschwand mit ihm. Der Leutnant fing ihn noch auf. Doch als Werner ihm sagte, dass es doch sein Tier wäre, überließ er es ihm gerne. Der „Bosch“ wurde zur Rede gestellt. Es gab aber keine große Schimpfe. Er hatte es doch nur gut gemeint mit seinem Herren.

Überliefert von Eduard Bremm, Neef

Werner Scheid - allerdings ist er auf dem Foto schon einige Jahre älter als zu dem Zeitpunkt, als er den Kater vermisste.
Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen
   
Ein fast unwahrscheinlicher Zufall

August Schmitz (1899 - 1985 ), in Neef auch „Wanisch Auest“ (seine Mutter war eine geborene Wagner) war schnell zu erregen. Das wusste jeder, und deshalb machte man bei ihm gerne Streiche.

Es war im Winter - Anfang der 50er Jahre. Schnee lag. Eine Gruppe Buben streunte etwas gelangweilt durch die Gegend. Einer Abwechslung wäre man nicht abgeneigt gewesen. Schließlich ergab sich eine Gelegenheit. Man befand sich oberhalb des Hauses der Familie des August Schmitz - unweit des Bahngeländes. Auf ein Kommando hin bewarf man die Hauswand der Schmitzens mit Schneebällen. Nun stand ein Oberlichtfenster auf. Und wie es der Zufall so wollte, fiel ein Schneeball durch dieses und landete, wie ferngesteuert, zielgerecht mitten in einen mit heißem Fett gefüllten Topf, der auf dem Herd stand. August war nämlich mit seiner Frau und seinen beiden Schwestern dabei, ein geschlachtetes Schwein zu verwerten. Es explodierte, zischte, spritzte und qualmte - als hätte eine Granate eingeschlagen! Panik brach aus! Die Frauen kreischten! August nahm blind vor Wut kurzerhand sein Kleinkalibergewehr - riss das Küchenfenster auf - und schoss mit Schrotkugeln auf die Bande. Ein Schrotkorn drang durch die Hose eines Banden-Mitgliedes und kratze das Gesäß an. Also weiter nicht Schlimmes passiert! - jedoch war dieser Metallsplitter später für den Richter, der über den Vorgang zu entscheiden hatte, ein wichtiges corpus delicti. Dass August geschossen hatte, war somit nicht zu bestreiten. Das Schrotkorn wurde nämlich vorgezeigt. Der Kadi sprach schließlich ernsthafte Worte: „Lasst endlich die Familie Schmitz mit den ständigen Streichen in Ruhe! An diesem Beispiel kann man sehen, wohin solche Unfuge führen können! Allerdings muss man berücksichtigen, dass der unglückliche Schneeball-Treffer ja wohl so nicht gewollt und rein zufällig war?!“ Die jugendlichen Beklagten nickten und stimmten dieser Vermutung zu. Der Richter musste schmunzeln. „Und, Herr Schmitz, gleich mit dem Gewehr zu schießen, das geht einfach nicht. Wir sind doch hier nicht im Wilden Westen!" So kamen alle mit einer Ermahnung davon - und tatsächlich wurden nunmehr beim „Wanisch Auest“ kaum noch Streiche gemacht.

Eigene Erinnerung des Chronisten. Ergänzt mit Angaben von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

August Schmitz
Foto: Werner Croeff
   
Die Ironie des Schicksals

Als Kind wohnte ich in der Kichstraße, und hinter unserem Haus war das Anwesen des Franz Schmitz. Und weil dieser klein von Statur war, nannte man ihn das „Fränzche“ - das „Niese Fränzche“ (1878 - 1971). Eine weitere Eigenart von ihm war, dass er eine große Abneigung zu Kindern hatte. Sein äußeres Kennzeichen: Man sah ihn nie ohne sein Pfeifchen.

Verheiratet war er mit Susanne Katharina, der „Suss“. Zum Haushalt gehörte auch seine Schwester Katharina - die „Katche-Tante“.

In seinem Garten, der von einem maroden und verrosteten Zaun nur dürftig geschützt war, stand ein Birnbaum voller goldgelber Früchte. Ich wusste, dass diese Birnen sehr gut schmeckten. Und eine solche Frucht lachte mich förmlich an und war auch leicht zu fassen – nur ein Griff durch ein vorhandenes Loch im Zaun genügte. Ich hatte kaum die Frucht in der Hand, da ging die Haustüre auf. Fluchend erschien das „Fränzche“. „Do Saukerl! - do Strepper! (du Stehler) – do Bangert! - de Teewel (Teufel) soll desch holle!“ Und schon warf er mit einem Brikett nach mir. Er flog haarschaft an meinem Kopf vorbei. Das hätte im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gehen können! Er traf mich Gott sei Dank nicht. Ich warf die Birne schnell zurück in den Garten. Das beruhigte das „Fränzche“ überhaupt nicht: „Esch verbere dir, dat do dee ganz Lewe lang me Grondsteck noch eemoal betrettst!“ (Ich verbiete dir, dass du dein ganzen Leben lang mein Grundstück noch einmal betrittst) „Keene einzije Schrett!“ (Kein einziger Schritt) – kreischte hinterher die „Suss“, und die „Katche-Tante“ bestätigte dies in schrillen Tönen: „Keene einzije Schrett“. Ich lief so schnell ich konnte die Neugartenstraße hinunter und konnte aus gesicherter Position noch beobachten, dass sich das Trio längest noch nicht beruhigt hatte. Und das alles wegen einer Birne! - wo doch der Baum prall mit Früchten gefüllt war!

Und was passierte danach? Heute lebe ich in dem Haus, das einst dem „Brikettwerfer“ gehörte! Ich fühle mich wohl dort. Den Birnenbaum musste ich leider abschlagen. Er war zu alt geworden. Heute steht meine Garage auf dem „Platz der verbotenen Früchte“.

Überlieferrung und Bild von Kurt Bergen, Neef

Das "Niese Fränzche"...
 
 
...mit seiner Schwester, der "Katche-Tant"
 
 
 
   
Das Händling zwischen dem „Mies“ mit der „Scheids Bebb“

Der „Mies“ war Junggeselle. Sein richtiger Name war Batholomäus Braun (1880 – 1966). Aber keiner im Ort sprach ihn so an. „Mies“ entstand nach dem ... mäus in seinem Vornamen.

Er lebte als Gelegenheitsarbeier in ärmlichsten Verhältnissen in einem kleinen mickrigen Haus. Auf Äußerlichkeiten legte er keinen Wert. So war er sehr ungepflegt, roch oft nach Schnaps und rauchte selbst hergestellten Tabak. Er ernährte sich sich maßgebend von der Angel und der Wildererei, was strengstens verboten war und ihn öfters in Konflikte mit dem örtlichen Polizisten brachte. Lachen tat er kaum, war sehr unfreundlich und eher streitsüchtig als friedfertig. Er hatte keinen Freund - war also ein absoluter Einzelgänger. „Mies“ gehörte zu der Hand voll Leuten in Neef, die nicht in die Kirche gingen. Daran konnte auch Pfarrer Rauber nichts ändern, obwohl er ihn mehrmals in seiner Behausung besuchte. Er war nicht zu bekehren.

Dagegen war die Nachbarin, die „Scheid's Bebb“ (Barbara Bremm, 1872 - 1959, Frau von Peter Scheid) eine gottesfürchtige Mutter von 9 Kindern. Ihre Gutmütigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die Familie Scheid war sehr ordentlich und diszipliniert, daher im Ort hoch angesehen.

Eigentlich unterschieden sich der „Mies“ und die „Bebb“ also wie Tag und Nacht. Lediglich, dass die „Bebb“ dem „Mies“ gegenüber wohnte, mag dazu geführt haben, dass man sich schon mal sparsam grüßte und vielleicht einmal das Wetter zum kurzen Gesprächinhalt machte. Weitere Annäherungen gab es nicht. Aber wie konnten zwei so unterschiedliche Menschen einen freundlichen Pakt zusammen schließen? Das hatte folgenden Grund:

Als Neef einmal wieder bombardiert wurde, gingen im Haus vom „Mies“ von den Druckwellen alle Fensterscheiben in Scherben. Was tun? Glasscheiben waren rar geworden. Wenn man welche erhielt, waren sie sehr teuer – zu teuer für den „Mies“. Da fiel ihm ein, dass er auf seinem Speicher im Gerümpel noch Heiligenbilder hatte – nutzlose Erbstücke. Für diese hatte er sowieso keine Verwendung. Also stellte er die Leiter an, holte sie herunter, nahm sie aus dem Rahmen und dichtete damit die Fenster ab. Das steife und mit Lack überzogene Papier eignete sich hervorragend dazu. Und sicherlich rein zufällig richtete er die Bildmotive hin zu Straßenseite aus – auch in der richtigen Seitenrichtung. Von Außen sah das nun aus, wie eine religiöse Bilderausstellung.

Als dies die fromme „Bebb“ von gegenüber sah, war sie schockiert. Ausgerechnet der gottlose und nicht zu bekehrende „Mies“ stellt Heiligenbilder aus! Der wollte doch sicherlich nur spotten? Das kam ja einer Gotteslästerung gleich! Wie konnte man nur Heiligenbilder so entehren?! Das kann doch nicht wahr sein. Sie stürzte hinüber zum „Mies“. „Was hast du gemacht? Das geht doch nicht! Machst du dich über die frommen Christen lustig?“ „Und ob das geht! Das siehst du doch! Die Fenster sind dicht, und Geld für Glas habe ich nicht!“ Die „Bebb“ beruhigte sich. Er war also doch kein tätiger Gotteslästerer gewesen. Sie wußte Rat und eilte zum benachbarten „Schreiner-Pitt“. Diesen bat sie, dem „Mies“ umgehend die Fenster zu verglasen. „Egal, was es kostet! Ich zahle alles!“ Der „Pitt“ konnte in seiner Schreinerei noch ein paar Glasscheiben auftreiben und kam der flehenden Bitte von der „Bebb“ umgehend nach. Und so hatte der „Mies“ schon bald wieder seine Fenster verglast. Als Gegenleistung erhielt die „Bebb“ die Heiligenbilder und bekam sogar noch als Zugabe die Rahmen dazu.

So erhielten die frommen Bilder schon bald im gepflegten Wohnbereich der Familie Scheid den Platz, der ihnen zustand – und der war nun nicht mehr auf dem Gerümpelspeicher vom „Mies“! Andererseits hatte der „Mies“ wieder verglaste Fenster. Beide waren zufrieden. So war ein einvernehmlicher Pakt zwischen dem „Mies“ und der „Scheid's Bebb“ war vollzogen worden. Wer hätte so etwas zuvor für möglich gehalten.

Überliefert von Bernhard Nelius, Neef

Die fromme und gutmütige "Scheids Bäbb"
 
 
Die "Residenz" vom "Mies"
   
So richtig nett war's nicht im Bett!

Der „Frenze Karl“ (sein richtiger Name war Karl Müllen) war ein gestandenes Mannsbild von rauer Natur. Seine Sprache war direkt und unverschönt. Er verdiente sich als Tagelöhner und sprang auch ab und zu als Fährmann ein.

Nun hatte er im hohen Alter (1905 - 1973) die Scheidung von seiner Frau Catharina eingereicht und erschien dieser halb vor Gericht. „Aber lieber Herr Müllen - warum wollen sie sich denn in ihrem Alter noch scheiden lassen?“ „Das kann ich ihnen erklären, Herr Richter. Gehen sie einmal mit einer Frau ins Bett, die sieben Unnerbuchse (Unterhosen) an hat!“

P. S.: Die Ehe wurde übrigens nicht geschieden

 
 
   
Seit mehr als 40 Jahren spielen die Bodenseemusikanten auf dem Neefer Weinfest - Wie kam es dazu?

Die Musikanten vom Bodensee spielen seit vielen Jahren regelmäßig zum Neefer Weinfest auf. Sie kommen abwechselnd aus den Gemeinden Hergensweiler, Roggenzell, Eglofs und Wombrecht. Es ist immer eine stattliche Truppe von bis zu 65 Aktiven, die im Jahr 2008 zum 40. Male unser schönes Fest mit ihrer Musik bereicherten.

Und wenn diese Allgäuer Musikanten aufspielen, ist das Neefer Festzelt und auch die Kirche zum Festgottesdienst am Sonntag bis zum letzten Platz gefüllt. Nicht nur die Neefer Bevölkerung, auch viele Besucher aus den Nachbargemeinden und die zahlreichen in Neef verweilenden Feriengäste sind von den wunderschönen Klängen begeistert. Die in original Allgäuer Trachten auftretenden Musikanten beherrschen mit großem Können eine breite Palette von zünftiger Volksmusik über moderne Schlager, Pop, Musicals bis zur anspruchsvollen Klassik.

Wie kam es nun zu dieser Verbindung mit Neef?

Im Jahr 1962 wollte ich, Eduard Mentges mit meiner Frau Helga, unseren Urlaub in Lindau am Bodensee verbringen. Dort angekommen (leider ohne vorherige Zimmerreservierung) suchten wir erfolglos nach einem Hotelzimmer. Man schickte uns schließlich zu einem Gasthof in Hergensweiler, einem Nachbarort unweit von Lindau.

Es war spät am Abend geworden. Im empfohlenen Gasthof probten die Musikanten von Hergensweiler. Der Wirt war hilfsbereit und fragte in die Musikerrunde, ob jemand noch ein Gästezimmer frei hätte, worauf sich Herr Xaver Wilhelm meldete. Wir waren mit der Unterkunft sehr zufrieden und verbrachten auch in kommenden Jahren öfters unseren Urlaub bei Familie Wilhelm in Hergensweiler.

Als Liebhaber guter Musik und Leiter der Männerchöre Neef und Bullay verband mich bald eine Freundschaft mit den Hergensweiler Musikanten. Ich besuchte ihre Probeabende und begleitete sie zu vielen Musikfesten und musikal. Wettstreiten.

Diese freundschaftliche Verbindung ging schließlich soweit, dass ich die leitenden Herren begeistern konnte, uns doch mal bei einem Fest mit dem gesamten Orchester in Neef an der schönen Mosel zu besuchen. Dies sollte nicht lange auf sich warten lassen.

Es stand unser Sänger- und Weinfest bevor. Der gesamte Vorstand einschließlich musikalischem Leiter besuchte uns in Neef und es wurde beschlossen, dass die Allgäuer Trachtenmusikkapelle Hergensweiler unser Fest musikalisch gestalten solle.

Und so geschah es! Die Festbesucher waren begeistert, und den Musikanten vom Bodensee machte es großen Spaß.

Durch den Dirigenten Herrn Fritz Hutter (Vater von Ernst Hutter, Leiter der Original Egerländer ), der mehrere Orchester leitete, kam es zu der Tradition, dass nunmehr jedes Jahr eine der vorgenannten Blas- und Trachtenmusikkapellen aus dem Bodenseeraum unsere schönen Neefer Feste zu einem besonderen Ereignis an der Mosel werden lässt.

Wen wundert es, dass sich aus diesen Verbindungen schon einige Mosellaner/innen in das Allgäu und Allgäuer/innen an die Mosel verpflanzten.

Kaum war man mit dem Bus angekommen, ging es mit forscher Musik zum Festplatz...
 
 
...und wirkte mit bei der Festeröffnung.
   
„Der Schäfer ist da!“

- eine frohe Botschaft für uns Kinder. Kaum hatte man nach dem Unterricht das Mittagessen hinunter geschlungen, ging es zu ihm hin. Bei ihm und seiner Herde versammelten wir uns all zu gerne. Hausaufgaben hatten dann einen untergeordneten Stellenwert. Und so mancher von uns Pens hatte bei ihm die erste Zigarette gequalmt, die wir aus getrockneten Brombeerblättern und Zeitungspapier zurecht gedreht hatten. Auch balgten wir angestaute Konflikte aus. Pfarrer und Lehrer waren keine Gönner unseres Umtriebes, zumal wir einmal zugeschaut hatten, wie ein Lämmchen geboren wurde. Sogar Mädchen waren dabei! Und der Schäfer hatte nichts einzuwenden! Das war doch ein massiver Verstoß gegen das sechste Gebot! Wir hatten Unkeusches gesehen! Als das unseren Vorgesetzten zu Ohren kam, war dies ein perfekter Skandal. Die Beteiligten und ihre Eltern hatten umgehend zu einer offenen Aussprache zu erscheinen, die an einem Abend im Schulsaal statt fand. Einzeln wurden wir aufgerufen und zur Rede gestellt. Einige Mütter hatten Tränen in den Augen. Wir bereuten schließlich unser Vergehen. Letztendlich sahen wir auch ein, dass es besser gewesen wäre, wenn wir zu Hause unsere Schulaufgaben gemacht hätten. Diese Einstellung fiel uns allerdings leicht, da der Schäfer auch schon längst mit seiner Herde im Nachbarort war. Was künftig geschehen würde, wenn er wieder kam, blieb vorerst einmal abzuwarten.

Der Schäfer war andererseits auch willkommen und beliebt. Es zog dann, wenn die Grasernten vorbei waren, mit seiner Herde über die Wiesen, und die Schafe hinterließen kostenlos wertvollen Dünger.

Übrigens entstand nach dem Schäfer eine gebräuchliche Redensart. Wenn der nämlich seine Herde bei einem Gewitter in Sicherheit brachte, dann hatte er „seine Schäfchen ins Trockene gebracht“.

Eigenes Erlebnis vom Chronisten.

Der Schäfer mit seiner Herde auf dem Weg nach Bullay
Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen
   
Es war auch keine Fata Morgana!

was der „Reine“ Aloys (Aloys Gietzen, 1919 - 1982) sah! Vorab sei erwähnt, dass Aloys Soldat bei Rommel war und Wüstenerfahrung hatte.

Was war passiert?

Der Männergesangverein hatte den Jahresausflug nach Rüdesheim am Rhein unternommen. Aloys Gietzen und sein Bruder Peter (der „Reine Pitt“, 1908 - 1965) waren natürlich als eifrige Sänger auch dabei.

Man hatte bis in den frühen Morgen in der Drosselgasse reichliche gebechert, was ja bei einem Männerausflug nach Rüdesheim schon quasi eine Pflichterfüllung war. Nachdem man die Trinkfestigkeit unter Beweis gestellt hatte, torkelten Aloys und Peter bettreif zur Hotelunterkunft. Sie hatten ein gemeinsames Schlafzimmer. Beide fielen umgehend in einen tiefen Schlaf.

Nebenan schlief Sangesfreund Franz Josef Kaufmann. Er hatte einen besonderen und eigenartigen Scherzartikel mitgebracht, der aus Schaumgummi bestand und aussah, wie ein frisch gedrehter Sch........-Haufen – zum verwechseln ähnlich! Und dieses Ding legte er dem Pitt ins Bett und zwar zielgerecht an die entsprechende Stelle.

Als am späten Morgen Franz Josef aus dem Nachbarzimmer eine gewisse Unruhe bemerkte, ging er voller Erwartung dorthin. Aloys saß in gedrückter Haltung am Bettrand. Er simulierte vor sich hin: „Entweder bin ich noch stinkbesoffen?! - Oder sehe ich eine Fata Morgana?! – Oder hat unser Pitt ins Bett geschissen?!“ Nichts davon! Franz Josef nahm den Corpus Delicti aus Pitt's Bett - steckte ihn in die Hosentasche - und verschwand. Erst herrschte absolute Stille. Doch dann brüllten die Gietzen's vor Lachen, und der Geck war nun der Lacher des Tages!

Eigenes Erlebnis des Chronisten

Die beiden Sangesbrüder Peter...
 
 
...und Aloys Gietzen.
Zur Verfügung gestellt von Margot Haas, Neef
   
„Du musst doch nur den Nippel durch die Lasche zu ziehen ...“ (à la Mike Krüger)
war nicht die Lösung

Jeder, der ihn erlebt hat, hat ihn noch vor Augen: der „Reine Fränz“ - alias Franz Gietzen (1910 – 1997 – Es gab mal eine Vorfahrin, die sich Irene „Reine“ nannte). Stets hatte er einen brennenden Stumpen (ganz einfache Zigarre) schräg im Mundwinkel. Dabei war er Nichtraucher. Er kaute den Tabak. Das war billiger, als Priem (Kautabak) zu kaufen. Dies ließ er nicht merken lassen. Deshalb brannte der Stumpen auch. Seine Hände waren stets mit Öl oder Rust beschmiert. Neben seiner Haupttätigkeit als Installateur war er auch noch Schmied. In seiner Schmiede herrschte allerdings eine chaotisch Unordnung. Jedoch fand er immer schnell, was er suchte.

Von Natur aus war er ein sorgloser und hilfsbereiter Mensch. Er ging keinem Problem aus dem Wege. Er schmiedete, flickte, schmirgelte, schweißte, bosselte – wie es gerade anstand. Bei ihm war nichts unlösbar. Dabei ging er leicht-locker vor. Er machte auch keine Pläne. Die Probleme löste er vor Ort. Was zu tun war, erkannte er in der Regel erst, während der Ausführung des angenommenen Auftrages. Und immer kam er klar, wenn auch manchmal auf umständlichen Wegen. Er war bei Gott kein Flickschuster. Die Pünktlichkeit hatte bei ihm nicht die erste Priorität. Er wusste ja auch nie, welchen Umfang die angenommene Arbeit umfasste. Dies konnte schon mal den Tagesplan auf den Kopf stellen.

Folgendes Geschehen ist nun bezeichnend für den „Reine Fränz“: Am Haus der Familie Schmitz in der Reiz war von der Dachrinne aus ein Bogen zum Kändel anzubringen. Also stellte „Fränz“ eine Leiter an und ging leicht locker zu Werke. Dabei unterhielt er sich auch schon mal mit vorbei gehenden Leuten, und wenn diese ein Problem hatten, machte er von der Leiter aus Vorschläge. In seiner unbekümmerten Art legte er nun den Bogen (nennen wir ihn Nippel) durch die obere Leiter-Lasche und stabilisierte den Vorgang mit dem Lötkolben. Fertig war die Arbeit! - und er stieg ab. Doch nun konnte er die Leiter nicht abstellen! Diese war ja doch im Kändelbogen fest verankert! Er konnte ziehen und rütteln – die Leiter war nicht weg zu kriegen. Mittlerweile sammelten sich auch schon Leute an und amüsierten sich. „Typisch Franz“! Bei ihm war jedoch vorerst Feierabend angesagt. Er schwang sich auf sein Moped und fuhr nach Hause. Am kommenden Tag erschien er frühzeitig wieder bei Schmitzens mit einer Baumsäge. Er sägte die obere Sprosse der Leiter ab und schon war sie abzustellen. „Ganz einfache Geschichte! - Weshalb das ganze Theater? - Das kann doch mal passieren!“ Und auf ging es zur nächsten Problem-Lösung!

Überliefert von Gerhard Schommers, St. Aldegund,
Alfons Kreuter, Neef
Manfred Zimmer, Bodenheim
Kurt Bergen, Neef

 
 
Das Moped machte den „Reine Fränz“ mobil
Bild aus dem Archiv von Kurt Bergen, Neef
   
Wie die „Blitzeiche“ zu ihrem Namen kam

Folgendes hat sich vor langer Zeit zugetragen: Ein Vater ging mit seinem Töchterchen, einem hübschen und blonden Mädchen mit einem langen geflochteten Zopf, auf dem Neefer „Schopp" spazieren und schaute nach, wie weit das Korn auf seinem bestellen Feld gereift war. Plötzlich traten erschreckend dunkle Wolken am Himmel auf. Ein Gewitter zog in rasender Geschwindigkeit heran! Eilends flüchtete man in den nahen Wald. Der lange Zopf des Kindes flog dabei seitlich hin und her. Und schon schlug ein Blitz ein! - ganz in der Nähe! Vor Schrecken schrie man auf! Tatsächlich hatte ein Strahl des Blitzes den Zopf des Mädchens zerfetzt. Sonst war aber körperlich nichts passiert! Offenbar hatte eine massive Eiche in direkter Nähe den Blitz an sich heran gezogen, so dass der Einschlag hauptsächlich in diesen Baum erfolgte. So hatte dieser Baum den Beiden das Leben gerettet. Vater und Tochter standen unter einem schweren Schock und liefen aufgeregt in das Tal hinunter in den Ort. Sie erzählten, was sie erlebt hatten. Die Leute glaubten was geschehen war. Das sah man ja auch an den versengten und abgefetzten Haaren des Kindes.

Dies passierte so um das Jahr 1800, und die wunderhafte Begebenheit war noch lange im Dorf und im Umfeld von Neef in aller Munde. Fortan warnte man davor, sich bei Gewittern unter diesem Baum auf dem „Schopp“ aufzuhalten, weil dieser ja, wovon man ausging, Blitze anzog. Uns seither trägt er den Namen „Blitzeiche“. S. auch Aufsatz über die „Blitzeiche“ - unter Inhalt - lfd. Nr. 63. - dort unter 1.

Erfahren von Rosa Nelius, Neef. Ihre Altvorderen hatten es so überliefert.

Die wuchtige "Blitzeiche" trotzte auch dem Sturm "Xynthia" im Februar 2010
Foto von F. J. Blümling
   
Augustmücken-Brennen - Auf welche Art uns die „Dalliender“ das Kirmesgeld versauten

Die August-Mücke ist eine Eintagsfliege. Sie legt bevorzugt im Monat August ihre Eier in seichte Gewässer und Kiesbänke. Aus diesen schlüpfen dann in der Nach zu Hauf die jungen Mücken, die in Schwärmen auf Licht zufliegen. Sie sind ein geeignetes Futter für Fische in Aquarien. So gibt es besonders zoologische Häuser / Anstalten, die solche Tiere in getrockneter Form aufkaufen.

Und früher, vor der Moselkanalisierung, gab es zwischen den Krippen in der Mosel Moraste, die sich hervorragend als Brutstätte für die Augustmücken eigneten. Besonders an schwülen Augustnächten setzten wir und in der Nacht, mit einer brennenden Karbid-Lampe und einer großen ausgebreiteten Decke, auf eine Krippe an der Mosel. Und dann stürzten diese Viehscher in Scharen auf das Licht zu. Die Decke konnte dann schon bald bis zu 10 cm hoch mit jungen verendeten Augustmücken liegen. Zu Hause wurde dann die Beute getrocknet – zumeist auf dem Speicher, weil der Vorgang scheußlich stank. Das machte aber nichts, denn stets tauchten die Käufer auf und gaben richtig gutes Geld für das Fischfutter aus. Und wir Buben hatten zu unserer Kirmes, Mitte September, eine deutliche Auffrischung unseres Kirmesgeldes.

Ich war 14 Jahre alt, als sich folgende Geschichte Mitte der 50er Jahre zutrug:

Die Aldegunder, also die „Dalliender“ auf der gegenüber liegenden Moselseite, hatten solche günstige Voraussetzungen zur Augustmückenbrennerei nicht und waren wohl neidisch auf unsere Möglichkeiten. Als nämlich in einer Sommernacht die Aussichten zum erfolgreichen Augustmückenfang besonders gut waren, zündeten diese doch tatsächlich einen riesigen Strohhaufen, der vom Dreschen noch übrig geblieben war, an. Schon fast das ganze Mosel-Tal war hell erleuchtet, und in Schwärmen flogen die ausgeschlüpften Mücken über die Mosel hinüber auf dieses Feuer zu. Und unserer Ausbeute war gleich „0“. Zornig packten wir unsere Lampe und Decke ein und gingen unverrichteter Dinge nach Hause. Das war doch pure Absicht von diesen neidischen Nachbarn!

Mit diesen standen wir stets auf Kriegsfuß – s. auch Stückelche Nr. 85. Und letztendlich war diese Augustmücken-Aktion kein Beitrag für einen Versöhnung!

Überliefert von Raimund Treis, Neef

 
 
   
Zu einem reellen Preis gab es letztendlich auch eine reelle Ware

Es war im Jahr 1954, als Deutschland Fußballweltmeister wurde. Der Mils Kurt (Kreuter Kurt – Mutter war eine geborene Mühl), der Kaafmanns Gerhard (Gerhard Derichs – Großvater Carl Kaufmann war der Gründer der Neefer Essigfabrik) und ich (also Jürgen Bremm – genannt Henrichs Jürgen – Großmutter war eine geborene Henrichs) hatten in der Nacht auf der „Beech“ (eine Sandbank auf der Bremmer Moselseite – gegenüber dem Neefer „Frauenberg“) mit unserer Augustmückenbrennerei vollen Erfolg gehabt. Es war die Nacht der Nächte! Mehr als 10 cm hoch lagen die Mücken auf den ausgebreiteten Decken. Sage und schreibe vier Kartoffelsäcke konnten gefüllt werden. „Damit kann der Frankfurter Zoo drei Wochen alle Fische dort füttern“ – meinte Kurt. S. auch Stückelche lfd. Nr. 139.

Gerhard konnte einen großen Speicherraum zur Verfügung stellen, auf dem wir die Mücken zum trocken auslegten. Wir waren begeistert und rechneten voller Euphorie aus, was wir so überschläglich verdient hatten. Und daraus ließ sich noch mehr machen! Gerhard konnte ein Säckchen Graupen, das seine Eltern nutzlos aufbewahrten, zur Verfügung stellen. Und diese Hülsenfrüchte sahen doch etwa genauso aus wie die Mücken, die den Vorteil hatten, wesentlich schwerer zu sein. So konnte dieses Säckchen einen ganzen Sack Augustmücken aufwiegen. Also verteilten wir die Graupen auf die zum Trocknen ausgelegte Beute.

Nun hatte sich ein Käufer ankündigt. Und schon bekamen wir Schiss. „Was ist, wenn dem Käufer unser Trick auffällt? Wir kriegen dann keinen einzigen Pfennig! Man wird uns sogar der Betrügerei bezichtigen und wir hätten uns zusätzlich blamiert! Der Abnehmer würden nie mehr in Neef Fischfutter kaufen!“ – mahnte Kurt“ „Wie groß wäre die Wut der anderen Neefer Mückenbrenner!?“ – ergänzte ich.

Das durfte so nicht kommen! Also gingen wir auf den Speicher. Es wurde eine große Plane senkrecht aufgehängt – auf dem Boden mehrere Planen ausgelegt – auf einer Stehleiter hielt Kurt oben einen Trichter, in den Gerhard die gepanschten Mücken schüttete – und ich wedelte mit einem großen Reklameschild (von der Essigfabrik) auf und ab. Es funktionierte! Die federleichten Mücken flogen waagerecht an die senkrecht gehängte Plane und von dort auf den Boden, und die Graupen fielen geradewegs hinunter. So waren diese wieder von Augustmücken getrennt. Die aufwendige Team-Arbeit hatte funktioniert.

So gab uns der Aufkäufer für eine reelle Ware auch einen reellen Preis – nicht mehr und nicht weniger!

Erinnerung von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

 
 
   
Man nannte ihn den „Humoristen“

August Schmitz war sehr ernst, schweigsam und ohne jeglichen Humor. So nannte man ihn scherzhaft den „Humoristen“. Seine Frau Paula hatte ziemlich die gleiche Art. Beide zeichneten sich auch nicht durch eine Redseligkeit aus.

Man erzählt nun folgende Begebenheit: Das Paar ging einmal durch das Neefer Bachtal spazieren. Beim „Mühl-Bärchen“ (Mühlen-Born), in der Nähe vom „Heiligenhäuschen“, entwickelte sich dann folgender Dialog: August: „Pass auf, da liegt ein Scheißhaufen“. – Pause – „Ist nicht von einem Menschen“ – Pause - „auch nicht von einem Hund“ – Pause – „unmöglich“ – Pause - „auch nicht von einer Katze“ – Pause - „du spinnst“ – 1 km weiter: - „bestimmt von einer Kuh!“ – 2 km weiter am „Schawels-Wald“: - „Oder auch von einem Ochsen“ – Auf dem Rückweg: - „Es könnte auch vom Stier gewesen sein“. - Pause – „ vom Gemeindestier?“ – Pause - „hier ist ja auch die Stierwiese“ – Pause – „hast recht“ – Pause - „so wird’s gewesen sein“ - Ende der Kommunikation!

s. auch Neefer Stückelche lfd. Nr. 130

Eigene Erinnerung des Chronisten F. J. Blümling

August Schmitz
Paula Schmitz
   
Zuerst sind die Besten dran!

Es war am Anfang der 50iger Jahr`.
In Neef war noch keine Leichenhalle da.

Ein Bau wurd` beschlossen, nicht lang` diskutiert
da müssen alle helfen, - hat auch jeder kapiert.

Es fanden sich schnell viel` fleißige Hände,
und so war der Bau auch bald zu Ende.

Bei der Einweihung waren die Promis all erschienen,
und man sah nur zufriedene Mienen.

Bürgermeister, Kirchenchor und die Herren der Banken -
Lehrer Höhnen, - alle kamen um dem Herrn zu danken.

In der Predigt sprach der Pastor keine Bände,
und so kam er auch schnell zum Ende.

Zum Schluss der Pastor fragt, - wie es der Ritus hat befohlen
„Wen von uns wird der Herr als Nächsten holen?“

In der Manier, die man an ihm so (mag) mach -
Zimmermann Breyer später zum Pastor sprach:

„Wenn der Herr dort oben - uns hat nicht bekohlt
- und die Besten stets als erstes holt.

ja, --- Herr Pastor was ist denn dann, ---
--- da sind nämlich wir zwei noch lang` nicht dran.“

Von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

Foto aus dem Archiv von Kurt Bergen.
   
Für seine Beerdigung hatte der „Meerte Jober“ vorgesorgt

Richtig hieß er Josef Gebhard Buschbaum (geb. 1906, gest. 1981). Der Urgroßvater von ihm war Martin Buschbaum, und die Martin’s waren in Neef die „Meerte“ – so ist auch heute noch der Martinstag der „Meertes-Tag“.

Der „Jober“ war Junggeselle und wohnte in einem kleinen recht bescheidenen Häuschen im Unterdorf. Als Gemeindearbeiter lebte er ein einfaches Leben, stellte keine Ansprüche und war eigentlich mit sich und der Welt zufrieden. Nur dann konnte er sehr ungemütlich werden, wenn man ihn „veräppelte“ und wir Kinder ihm Schimpfworte zuriefen. Seine Berufsausstattung war eine kleine Handkarre, in der Schippe, Pickel und ein Besen lag. Mit einem Strick, der über seinem Buckel hing, zog er zum Einsatz in Weinberge, Gärten und Felder. Stets gab es zu kehren, Mauern zu flicken oder auch Steine aus dem Weg zu räumen. Dafür war er „von Amts wegen“ zuständig.

Eine Beerdigung stand an. Es war im Dezember 1980. Der „Hauster Pitt“ (Peter Josef Mentges – seine Vorfahren wohnten im Neefer Distrikt „Hauster“, wo man Gras und Getreide auf „Hausten“ aufstapelte) war gestorben. „Jober“ begab sich zur Kirche hin und gesellte sich zu den Männern, die noch draußen vor der Kirche warteten, bevor die Trauerfeier begann. Nun musste er mit anhören, dass sich einige Männer über den schlechten Zustand der Straße, die zum Friedhof führt, unterhielten. Sie sei durch herabgestürzte Steine schlecht befahrbar. „Jober“ fühlte sich natürlich angesprochen. So, wie er war, mit Schlips und Kragen, eilte er zum Berg hin und räumte mit bloßer Hand die Steine aus dem Weg und schubste mit den Füßen den Schotter auf die Seite. Als die Trauergäste zum Friedhof hochfuhren, war der Weg in Ordnung. Es gab keine Reklamation.

Das ging noch einmal gut! Und „Jober“ betete auf dem Friedhof andächtig mit, als für den Nächsten gedacht wurde, der „ …aus unserer Mitte hier die letzte Ruhe findet“. Dies war nur kurze Zeit später er selbst. Er starb plötzlich und unerwartet. Und die Straße zum Friedhof war nun von Anfang an für seine Beerdigung bestens befahrbar. Dafür hatte er ja vorzeitig gesorgt.

In einem netten Nachruf bei den Exequien von Josef Buschbaum erwähnte Pfarrer Weibler dieses doch bemerkenswerte und nachdenkliche Geschehnis.

Überliefert von Pfarrer Heinz Josef Arenz, Mechernich
Zusätzliche Angaben lieferte Manfred Zimmer, Bodenheim
Eigene Erinnerung des Chronisten

Gefreiter Josef Gebhard Buschbaum
- genannt der "Meerte Jober" -
 
sein kleines bescheidenes Häuschen
   
Dat Ungeheja (Ungeheuer) von der Nääfer Furt

Wir waren so um die 10 Jahre alt - mein Freund Franz Josef und ich. Das Stückelche trug sich so um das Jahr 1948 zu; also kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Auf dem Speiseplan zu Hause war notgedrungen „Schmalhanskost“ angesagt.

Obwohl von unserem Dorfpolizisten „Bune Pitter“ (Peter Bohne - er war von den Franzosen eingesetzt worden) Schwarzanglern streng nachgestellt wurde, landete doch so mancher unerlaubt gefangener Moselfisch in der Pfanne oder im Topf. Auch wir Kinder beteiligten uns an dieser Dieberei und fanden uns dabei total wichtig und erwachsen.

Angelschnur läje wollte mir zwä us moal wooche
enn goat Stell määnte mir, wär enn der Furth bäm Elfbooche.

Koadel,Silk unn fineff Hooke, feddisch woar die Angelschnur
obb mir ebbes fängke, daad woar Spannung pur.

Met Mist senn mir owends ooferere gang
enn der Hoffnung, morje honn mir ebbes gefang.

E poar fedde Wirrem kome onn die Hooke droo
en Deliktess fir en Fisch, su kam a wohl soo.

Onn die Schnur noch en Stäähn fest drogebunn
unn Silk mit em Stobbel dron, soss härre mir se jo nimmi funn

Ab end Wasser domet, en die Mussel
unn wehle „Petri Heil, unn e bessje Dussel.

Annere Morje schunn free um 6 Uhr
ab bee de Elfboche, bee die Angelschnur.

En Fleischgrampe onn a Schnur, end Wasser geschmess
Die Angelschnur onnd Land gezoche, unn….? en Oal hat ogebess!

Esch mache kääne Elefand oos na Meck,
awwer äh woor bi mine Innerarm su deck .

Mir honn gemäänd et wär en Ounk (Schlange), unn die hätt us jo gebess,
do honn mir dat Ungeheja mett där Schnur wirra end Wasser geschmess.

Von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

Jürgen Bremm
 
Franz Josef Blümling
   
Dem Bartels Häns sin Katz und dem Scheid’s Lambert sin Pittersilich

Der Lambert Scheid war ein ziemlich akkurater Mensch. Was er machte, war genau und wohlbedacht. So hatte er auch unter seinem Haus in der Reitz ein Gärtchen. Es war klein – aber fein! Jeder Strauch, jede Pflanze, jedes Bäumchen und jede Hecke hatte Sinn und Nutzen und war gepflegt. Unkraut kam erst gar nicht zur Wirkung. Seine besondere Aufmerksamkeit galt dem Petersilienfeld. Fand doch diese Pflanze fast täglich im Haushalt Verwendung. Sie war nicht nur heilwirkend, sie gab den Speisen die eine pikante Würze. Allerdings, so stellten Lambert und Frau Johanne fest, schmeckte die Petersilie in letzter Zeit anders als sonst. Ein ganz besonderer Geschmack wurde festgestellt.

Nun wuchs die Petersilie in Lamberts Garten ganz nahe am Gartenzaun. Und dieser hatte ein Loch – genau dort, wo die Petersilie stand. Und die umherstreuende Katze vom Bartels Häns (Hans Braun) hatte ersichtliche Freude daran, gerade von der Schulstraße aus, durch ein Loch im Gartenzaun auf die Petersilie zu pinkeln - und das tat sie schon gewohnheitsgemäß. Vielleicht tat sie dies noch nicht einmal bösartig - vielleicht war es der besondere Geruch der Gewürzpflanze der die Katze so anlockte. So wird wohl schon einige Male die angepinkelte Petersilie das Essen beeinflusst haben, bis dann endlich Lambert die Katze in flagranti entdeckte. Er nahm den erstbesten harten Gegenstand, es war ein Ziegelstein, und schmiss ihn in Richtung des Tieres. Fluchtartig lief das Tier von dannen. „So, dem Biest habe ich es gezeigt! Das kommt nie mehr wieder“ – rief er seiner Frau zu. Man wusste nun, warum die Petersilie in der letzten Zeit so eigenartig schmeckte.

Einige Tag später: Schon wieder entdeckte Lambert die Katze bei ihrer Verrichtung. Und dieses Mal bereicherte sie das Petersilienfeld noch mit einem fetten Haufen zusätzlich. Lambert drehte nun fast durch. Er nahm einen Knüppel, schlug zu und erwischte sie an den hinteren Läufen und zwar so, dass sie verletzt wurde und hinkte. Nun kam ihr Herrchen, der Häns, hinzu: „Baat mächst do mit miner Katz! Best do noch kloa im Kopp! Die täd doch keener tuura Moos wat! Un do wellst sie kabott schlie?!“ Lambert wurde zornig. „Spea din Katz en! Die bepinkelt mien Pittersilich!“ – „Bat gäht mech dien Pittersilich oh?“ - „Dien Katz hot in mienem Goate nest zu sooche!“ – „Dat kann eech ihr net verbeete!“ Es entstand ein heftiger Streit, der lange anhielt. Es dauerte sogar lange, bis sich die Gemüter beruhigt hatten. Man bot sich sogar monatelang die Zeit nicht mehr.

Letztendlich machte Lambert das Loch im Zaun dicht und das Petersilienbeet bekam im Garten auch einen anderen Platz. So wurde dieses Gartenkraut auch wieder genießbar und von keiner Katze mehr beeinflusst. Ja, man sprach sich irgendwann einmal aus und hatte schließlich wieder eine gute Nachbarschaft.

Lambert Scheid
 
Hans Braun
   
Auf der Kegelbahn

Die Kegelbahn war der Treffpunkt „ganzer Männer“. Hier wurde nicht nur gekegelt. Hier wurde gefoppt, veräppelt und geprostet. Sie befand sich im Gasthaus von Peter Nelius (1899 - 1984) – genannt „de Metzger Pitt“. Seine beiden Schwestern, „dat Metzger Finche“ und „dat Metzger Lenche“ standen ihm zu Hilfe. Sie nannten sich alle deshalb „Metzger“, weil in ihrer Sippe das Metzgerhandwerk Tradition war – Hausschlachter mit eingeschlossen.

Es war anfangs der 70er Jahren als sich folgendes auf der Kegelbahn ereignete:

Man war wieder bei bester Stimmung und foppte sich gegenseitig. Als die Hänseleien auf dem Höhepunkt waren, fragte der Göbels Toni den „Bartels Häns“ (Hans Braun) mit ernsthafter Mine, ob er ihm 11 Liter Wein verkaufen könne. Perplex und mit Erstaunen fragte dieser zurück: „Du hast doch selbst Wingert und Wein, und warum eigentlich so eine krumme Anzahl von Liter?“ Toni: „ Ei, in meine Buckelspritze passen genau 11 Liter, und auf der „Leierkehr“ hab ich einen Wingert der ist voll mit Ackerwinde die ich mit allen möglichen Mitteln nicht ausgerottet kriege, und da hab ich gedacht, versuch es doch mal mit dem „Häns“ seinem Wein.“ Riesiges schadenfrohes allgemeines Gelächter, besonders vom „Metzger Hein“ (Bruder vom „Metzger Pitt“), der sich einmischte und erklärte, dass aber sein Wein so gut ist, dass er sich sogar für den Export eigne. Da kam auch schon sofort die Retourkutsche von dem „Bartels Häns“: „Ja, ja, schick doch deine Weine doch nach China. Dort gibt es eine Überbevölkerung! Und dein Wein kann helfen, dieses Problem zu lösen! Bringe also auf den Flaschen ein Zusatzetikett an, worauf steht: „Zur Sterilisierung bei Mann und Frau bestens geeignet“.

Eine andere Begebenheit:
„Leute, ich bin um Jahre jünger geworden!“ – sagte ein Kegelbruder (Name dem Chronisten bekannt). „Ja wieso denn? - Das sieht man dir aber überhaupt nicht an!“ „Doch doch, das stimmt. Ich bin von gestern auf heute wieder jünger geworden - viel jünger sogar: Ich kacke nämlich wieder in die Hose!“ - weil er nämlich am Tag zuvor so viel gesoffen, dass es ihm in der Nacht so schlecht erging, dass er tatsächlich in die Hose gemacht hatte.

Und noch eine:
Beim Hereinkommen auf die Kegelbahn begrüßte der „Binze Ruppes“ (S. Stückelche lfd. Nr. 121) die Kegelgemeinschaft: „Ich wünsche einen schönen guten Abend und begrüße alle die hier sind - außer Einen.“ Und das war nämlich sein Bruder, mit dem er im heftigen Streit lag. Das wusste man – und alle lachten.

Und noch eine:
Josef Braun, genannt „Polwer“ erzählte: „Kerle, mir ist was passiert. Als ich eben von zu Hause weg ging, musste ich dringend pinkeln. Das tat ich in unseren Hof. Nun ging der Strahl direkt auf eine abgestellte Blechpfanne. Ein angenehmer dumpfer Ton erklang. Ging ich weiter weg, dann wurde der Ton tiefer. Strahlte ich nach links, dann war der Ton anders, als wenn ich nach rechts strahlte. Und im Nu hatte ich heraus, wie man eine Tonleiter pinkelt. Nicht nur das! Schließlich konnte ich sogar den Walzer Wiener Blut pinkeln!“ Da lachten die Kegelbrüder und „Polwer“ hatte einmal wieder die Lache auf seiner Seite.

Ein weiteres Stückelche vom "Polwer":
„Ich schwenkte mit meinem Vater ein Fass – also mit einer heißen Lauge. Wir unterhielten uns dabei und schwenkten und schwenkten und schwenkten. So entstand im Fass ein großer Druck. Und dann flog auf einmal mit einem Knall der Spund aus dem Fass – Richtung moselaufwärts.

Und am nächsten Tag gibt nun ein „Dalliender“ (Aldegunder), der nach Cochem reiste, am Fahrkartenschalter unseres Bahnhofes den Spund ab. „Er kam mir gestern aus Richtung Neef durch Oberlicht in meine die Küche geschossen. Der Besitzer kann ihn hier abholen.“

Überliefert von: Franziska Boos, Neef

Zu dazu auch mehr unter „Stückelche“ 56. a. 1. Lfd. Nr. 44

Erinnerung von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach und vom Chronisten selbst

Der "Bartels Häns" und der "Metzger Hein"
 
Das frühere Gasthaus Nelius
   
Hier sind doch alle verrückt

Der Carl Josef Kreuter war ziemlich eingebildet. Er wusste und konnte alles besser, gab sich betont vornehm und sprach nur Hochdeutsch. Mit einer solchen Art kam er bei der Bevölkerung natürlich nicht an. Ja, er machte sich sogar lächerlich. Und das ärgerte ihn sehr.

Weil er sich einmal wieder über die Neefer empörte, war er schlecht gelaunt und wurde auf der „Bohr“ von einer Touristin gefragt: „Guter Herr - können sie mir sagen, wo hier der Hauptbahnhof ist?“ Darauf der Carl Josef Kreuter: „Nein – kann ich ihnen nicht sagen. Ich kenne hier keinen Hauptbahnhof. Sie brauchen auch keinen anderen zu fragen. Hier sind doch alle verrückt!“

Erinnerung von Manfred Hennes, Neef

siehe. auch Stückelche lfd. Nr. 81

 
 
   
Die Eigenschaft einer „Wunderkartoffel“

Carl Josef Kreuter hielt sich selbst für eine Ausnahmeerscheinung. Er wusste und konnte alles besser. Sein Wissen und seine Erfahrungen brauchte er seinen Mitbürgern allerdings nicht weiter zu geben, denn die waren ja nach seiner Meinung einfach zu dumm für jede Neuerung.

Er gehörte einmal wieder bei den Besten in Neef und zwar hatte er außerordentlich dicke Kartoffeln geerntet. Maßgebend dafür war eine besonders gute Sorte, die er ausfindig gemacht hatte.

Ein Mitbürger wollte nun mehr über die Kartoffel wissen. Carl Josef schoss in seiner überheblichen Art gleich los: „ Wenn man eine Kartoffel davon isst, dann schießen aus dem Hintern Kieme heraus, die so groß werden, dass sich Affen darauf austoben können.“

Überliefert von Bernhard Boos, Neef

 
 
   
„ Et wor en Dalliender.“

Es trug sich im September 1960 zu. Ein junges Mädchen wurde nach dem Kirmestanz von einem Burschen nach Hause gebracht. Es war ja in jener Zeit so üblich, dass dann, im Hause der Umworbenen, eine Büchse Hausmacherwurst aufgemacht und aufgetischt wurde. Nun fand das Mädchen aber keine Wurst vor. Und auf dem Tisch stand eine Schüssel Salat, welche vom Abendessen übrig geblieben war. So bot die Maid dem jungen Mann den Salat an, den dieser auch prompt auf aß.

Am nächsten Tag erzählte die Oma des Mädchens dies der Nachbarin, die entgegnete: „Dann war das sicher ein Vegetarier!“ – „Na“ – erwiderte die Oma „Et wor en Dalliender.“

Überliefert von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

 
 
   
„ ... es treit nicht dar!“

In der sogenannten Gaststube von Bremm’s Wirtschaft wurde eine Hochzeit gefeiert. Ein Städter hatte sich in Neef eingeheiratet. So wurde auf der Feier nur Hochdeutsch gesprochen. Jupp’s Schwester Gertrud stand in der Küche. Die Bremm’s Marie bediente die Gäste. Als diese merkte, dass das Essen nicht ausreichend war, rannte sie unter der Beeinflussung der hochdeutschen Kommunikation aufgeregt zur Küche hin und rief zur Schwester: „Gertrud – Gertrud - es treit nicht dar!“

Erinnerung von Jürgen Bremm, Bad Kreuznach

 
 
   
Die Croeff’s Katt hatte den Durchblick und großen Mut

Der Krieg war für Deutschland Ende 1944 so gut wie verloren. Das wusste fast jeder. Man durfte es nur nicht laut sagen. Denn es gab immer noch einige Unverbesserliche die an einen Endsieg glaubten. Wer daran zweifelte und es in der Öffentlichkeit so äußerte, der konnte von einem Fanatiker angezeigt werden. Die Folge wäre dann fatal gewesen.

Der Sohn von der Croeff’s Katt (Katharina Croeff), der Croeff’s Jupp, war Soldat. Als solcher kämpfte er in Afrika. Dort war die Übermacht der Engländer zu groß, und die Deutschen Truppen gaben sich geschlagen. So wurde der Jupp und alle seine Kameraden an die Westfront verlegt. Aber auch dort brannte es lichterloh. Engländer hatte den Franzosen starke Unterstützung geleistet. Sie waren mit einem gut ausgestatteten Heer in der Normandie gelandet. Gemeinsam kämpften sie mit großem Erfolg gegen eine angeschlagene deutsche Armee.

Als nun diese Afrikakämpfer mit der Eisenbahn die Moselstrecke in Richtung Frankreich fuhren, war dabei auch der Croeff’s Jupp. Dieser teilte seiner Mutter mit, dass der Zug kurz in Bullay halten würde. So könnte man sich endlich einmal wieder sehen und auch ein Päckchen aus der Heimat empfangen. Es hätte durchaus das letzte Wiedersehen sein können.

So stand denn die Katt auf dem Bullayer Bahnhof als der Zug kam. Die Freude war überaus groß und herzlich. Die Katt umarmte unter Tränen ihren Sohn Josef und hatte auch ein liebes Paket parat. Neben Kuchen, hausgemachten Schinken und sonstigen Leckereien durften auch ein paar Flaschen Wein nicht fehlen. Solche Gaben wurden natürlich auch von anderen Angehörigen von Soldaten, die sich im Zug befanden, gereicht. Selbst die Gemeinde Bullay hatte großzügig Wein gespendet, so dass solcher am Bahnhof ordentlich ausgeschenkt wurde.

Kurz vor der Abfahrt des Zuges begannen nun die Soldaten in aufgelockerter Stimmung lauthals ein patriotisches Lied zu singen mit dem Inhalt, dass sich ein tapferer Soldat von all seinen Lieben von zu Hause trennen muss, dass die Flagge auf dem Mast die Stärke und Macht des Reiches verkündet und dass Blut an der Front für das herzgeliebte Vaterland vergossen wird um den verhassten Englischmann zu besiegen. Dann wurde nach jeder Strophe schon fast gebrüllt: „ … denn wir fahren – denn wir fahren – denn wir fahren gegen Engeland“.

Das war der „Katt“ nun doch zu viel, und sie schrie so laut sie konnte: „Su en Quatsch – ihr kummt noch net emol bis Bejere!“ (So ein Unsinn, ihr kommt noch nicht einmal bis nach Beuren – in der Eifel - auf dem Bremmer Berg) Und schon war sie weg. Gott sei Dank hatte diese spontane Äußerung kein Nachspiel. Im Prinzip hatte sie ja Recht. Das wussten alle. Aber den Mut, dies so deutlich auszurufen, wie es die Kat tat, hatte keiner.

Von Rosa Nelius, Neef

Croeffs Katt
   
Der letzte Weg von Josef Kreuter II.

Josef Kreuter II. war lange Gemeinderatsmitglied und einige Jahre sogar Bürgermeister von Neef. Er wurde in seinem Heimatort geschätzt, und war sehr beliebt, da er mit Leib und Seele zum Wohle der Gemeinde wirkte.

Doch schließlich musste auch er den Weg gehen, den wir alle einmal gehen müssen. Er verstarb am 06.03.1962 im gesegneten Alter von fast 87 Jahren.
Als man ihn in einer Prozession, den alten Totenweg entlang, zum Friedhof auf dem Berg trug, legten die Sarg-Träger in jeder Kurve eine kurze Pause ein. Sie richteten den Sarg so aus, dass Karl-Josef auf seinen geliebten Ort zurück blicken konnte, um mit Stolz Abschied zu nehmen von seinem geliebten Neef, in dem er in seinem verflossenes Erdenleben so erfolgreich wirkte.

Überlieferung und Foto von Inge und Horst Kochems, Winningen

Josef Kreuter II.
   
Die Wirkung vom Fluppes

Folgendes Stückelche ereignete sich so um das Jahr 1910: August Nelius war ein Knabe von 10 Jahren. Seine Mutter, die Pitter-Jusefs-Gritt – dem Peter Josef seine Gretel – war Witwe. Demzufolge brauchte sie schon mal Hilfe – so auch bei der Heuernte.

Und dann gab es den Johann Steffens – ein Neefer Urgestein - im Ort nur Steffens genannt. Er war Gemeindediener. Als solcher war er auch der „Ausscheller“. Er ging mit einer Schelle durch den Ort und verkündete im Namen des Bürgermeisters die Bekanntmachungen.

Der Ausscheller Johann Steffens

Sein kleiner Weinbergbesitz reichte oft nicht aus, um den eigenen Durst zu stillen. Gerne nahm er Nebenbeschäftigungen jeglicher Art an.

So fand die Pitter-Jusefs-Gritt einmal Hilfe beim Steffens. Von der Neefer Ank war Heu heim zu bringen. Sohn August spannte die Kuh vor einen Karren und fuhr gemeinsam mit dem Steffens in die Ank. Üblicherweise gab die Gritt dem Steffens einen 2-Liter-Krug von ihrem Fluppes mit, wobei Johann natürlich zuvor schon ein Quantum aus eigenem Vorrat intus hatte.

Der Fluppes von der Gritt schmeckte dem Steffens nun so gut, dass er diesen auf dem Weg zur Ank schon ausgetrunken hatte - was seine Arbeits-Disziplin entsprechend beeinflusste. So schmiss er das Heu mit der Gabel ziemlich unkontrolliert einfach so auf den Karren. August bemerkte: „Onkel Steffens, dad es doch verkieart. Dat es net richtig!“ „Do Rotznoos, bat wellst do da schun wesse!“ – entgegnete Steffens und belud in seiner Art weiter den Karren.

„Awer dat geat doch net goat!“ – bemerkte August weiter. „Dunnerkeel noch emoal, dat geat dich ene Scheeßdreck oh. Ech hon schun mie Koare met Hei gelorre, wie do Boxe voll geschess host! “.

Torkelnd setzte Steffens seine Arbeit weiter fort. „Aber Onkel, dat kippt doch imm“! „ Hal endlich dien dumm Klapp!“

So ging das noch eine Zeitlang weiter. Steffens wollte sich von so einem Schnösel, der noch nass hinter den Ohren war, nichts sagen lassen. „ Gieh und spann die Koh oh!“ August stand mit geöffneten Mund und glotzenden Augen da und brachte nur noch hervor: „O weia – o wei!“.

So setzte sich ein völlig wirres beladenes Fuhrwerk in Bewegung - und prompt lag die ganze Ladung umgekippt im Ankel-Bach. Die Kuh kam in Panikstimmung und zerrte am Gespann herum. Kein „Hüh“ und kein „Hot“ half. Dem jungen August war das Entsetzen anzusehen und rief empört: „Dat hon ech doch kumme geseh!“ Nun rastete Steffens völlig aus und brüllte: „ Himmel Arsch un Wolkebroch - in jedem Grashalm soll en fejerige Tewel setze und met nem glehendem Arsch en der Heck e rim danze!“

Von Bernhard, Nelius, Neef

Johann Steffens
   
„Se holle mich! – se holle mich“

(„Sie holen mich! – sie holen mich!“)

Der Johann Josef Nelius war wegen seiner kleinen Figur in Neef nur der „Klea Nelles“ - der kleine Nelius (25.10.1860 bis 27.07.1921). Einmal ging er mit dem „Schneids Matthes“ (Mathias Schneid - 1880 bis 1965) mit einem Schleif-Gernche (Schleif-Netz) Fische fangen und zwar moselabwärts in Richtung Kloster Stuben.

Der Fang war recht gut und so steigerte man sich in ein gewisses Jagd-Fieber. Man merkte gar nicht, wie die Zeit fort schritt und es dunkel wurde. So konnte man den schmalen und gefährlichen Pfad am Frauenberg vorbei nicht mehr als Heimweg in Betracht ziehen und schlug den breiteren und ungefährlichen Weg über den Petersberg ein. Matthes war viel jünger und auch stärker als der kleine Nelius, und so trug er das Schleifnetz.

Auf dem Friedhofsgelände angekommen, ging Matthes mit dem sperrigen Gestänge unterhalb des Friedhofes an der Mauer vorbei. Der „Klea Nelles“ bevorzugte den schmalen Pfad durch das Gräberfeld.

Matthes wollte nun einmal nachschauen, ob sich sein Kumpane in der Dunkelheit zu recht fand. Er reckte sich an der Mauer hoch – hielt sich mit beiden Händen an dem Sims der Mauer fest und schaute nach. Wegen der Finsternis und sicherlich auch wegen seiner kleinen Gestalt konnte ihn Matthes nicht ausmachen. So vollzog er diese Übung noch mehrmals und zwar von verschiedenen Stellen aus. Und weil der Matthes schwere Klamotten anhatte und nicht immer gleich nach oben kam, hoppste er manchmal auch mehrmals hoch. Dabei machte er wegen der Anstrengung ein verzerrtes Gesicht. Nun war es auch noch stark windig, einige Kerzen brannten auf den Gräbern, und hätte der Mond nicht noch schwach geschienen, wäre es stockdunkel gewesen. Die Szene war also recht gespenstig. Hinzu kam, dass der kleine Nelius schemenhaft in der Dunkelheit greifenden Hände auf der Mauer und ein verzerrtes Gesicht sah und auch glaubte, ab und zu gehört zu haben: „wo best doo – wo best doo“ („wo bist du – wo bist du“). Er kam in Panik und glaubte eine Schar böser Geister hätten ihn umzingelt. So rief er voller Entsetzen:– „Se holle mich! – se holle mich!“.

Überliefert von: Bernhard Nelius, Neef

Quelle: Kurt Bergen, Neef
   
Durst macht erfinderisch

Der „Klea-Nelles“ (der kleine Nelius) war gewohnt, täglich seinen Krug „Fluppes“ zu trinken.

Im vorgerückten Alter wurde er kränklich und bekam er in seinem Wohnhaus einen festen Platz in einem Zimmer im 1. Stock. Dort saß er zumeist am Fenster und konnte so das Leben auf der Straße beobachten. Soweit – so gut!

Er konnte jedoch nicht mehr in den Keller gehen, um sich seine Ration „Fluppes“ zu zapfen. So hatte er ein Seilchen parat. Daran befestigte er einen Zwei-Liter-Krug – ließ ihn hinab – ließ ihn etwas in der Höhe des Küchenfensters baumeln – dort wusste dann das „Küchenpersonal“ Bescheid. Der Krug wurde abgenommen. Hauptsächlich die Päns flitzten nun in den Keller – füllten den Krug – knoteten ihn wieder an das Seilchen – wippten dies einige Male – „Klea-Nelles“ wusste Bescheid – er zog den Krug nach oben – fürs erst war wieder Nachschub vorhanden.

Überliefert von Bernhard Nelius, Neef

Quelle: Kurt Bergen, Neef
   
Die „Kappeler Grit“ - ein Dialog besonderer Art

Vom tiefen Hunsrück aus dem Dorf Kappel kam regelmäßig ein altes Mütterchen mit einer Reiz (Rückentrage), die voll hing mit kleinen Bündeln von heimischen Teesorten die sie aufgesammelt hatte. Man nannte sie die „Kappeler Grit“. Sie war tagelang unterwegs, übernachtete unter freiem Himmel in Wäldern und Schuppen. Sie ernährte sich von wilden Früchten, Wurzeln und Pilsen. Sie ging in Dörfern von Haus zu Haus und bot ihre Ware an.

Ging ihr Geschäft schlecht, dann versuchte sie es mit der Bettelei. Dabei wendete sie eine ganz besondere Methode an: Sie betete vor dem jeweiligen Haus laut und mit erbarmungsvoller zitternder Stimme das „Vater unser“. Dabei betonte sie insbesondere den Wortlaut … „das tägliche Brot gib mir heute“… Dies empfand der „Klea Nelles“ (der kleine Nelius) als übertriebenes Gejammer. Ihm ging das auf die Nerven. Man hatte in seinem Hause gerade Brot gebacken. Und eines war völlig missraten. Er nahm dieses kurzerhand und schmiss es der Grit verärgert vom ersten Stock aus in die Reiz. Dabei rief er: … „und erlöse mich von diesem Übel …“ Die Grit reagierte lautstark: „Vergib ihm seine Schuld“! Er: „in Ewigkeit Amen“. Und damit war der Dialob abgeschlossen.

Ich selbst kannte die „Kappeler Grit“ noch. Es mag im Jahr 1963 gewesen sein, als ich mit meinem VW-Käfer zur Arbeit nach Zell fuhr. Ich traf unterwegs die Grit mit ihrer Reiz, hatte Mitleid mit ihr und nahm sie ein Stück mit. Ich weiß nur noch, dass sie furchtbar stank und dass sich einige Flöhe bei mir eingenistet hatten.

Von Bernhard Nelius und eigenes Erlebnis

 
 
   
Wasser aus der Dach-Rinne saufen

Carl Josef Kreuter wollte immer der Schlaueste sein. Einmal kam ihm ein Neefer mal wieder zu dämlich vor, und er sagte zu ihm: „Wenn du so lang wärst, wie du dumm bist, könntest du aus der Dachrinne des Hauses von Schilken (lag gegenüber) Wasser trinken.

Überliefert von Eduard Mentges

 
 
   
Ein erfolgreicher Fischfang

Auf der St. Aldegunder Moselseite, also gegenüber von Neef, waren etliche Tümpel. Man nannte sie auch Laache. Diese füllten sich bei Hochwasser und nahmen dann auch Fische auf. Danach waren die Tümpel völlig vom Moselfluss abgetrennt. Das Wasser wurde modrich und sticksich. Die Fische darin überlebten allerdings. Sie nahmen aber einen schon fast ekligen Geschmack an und waren entsprechend nicht für Feinschmecker geeignet.

Nun sah ich beim Baden, wie sich eine Gruppe bildete, die durch die Mosel zu den Laachen gehen wollte. Die Mosel war recht klein. Es wir mitten im Sommer. Ich schloss mich der Gruppe an. Ich war darin der Jüngste und auch Kleinste. Schwimmen konnte ich noch nicht. Also hakte ich mich bei zwei älteren Jungs ein und im Schlepptau ging es auf die andere Moselseite.

Als wir die Tümpel erreichten, bildeten wir eine menschliche Kette, watschten durch das Gewässer und trieben die Fische ans Land. Tiefer Schlick glitt durch die Zehen, und es entstand eine trübe Schlick-Wolke. Dann war es eine Kleinigkeit, die Fische aufzuraffen, die wir ans Land gescheucht hatten. Die großen Buben, die Schwimmer, reihten die Fische durch ihre Kiemen in einem Weidenstock auf.

Ich hatte als Badehose eine Unterhose von meinen Schwestern an. Diese war bei den Öffnungen mit einem Gummiband eingeengt. So konnte ich die mir zustehenden Fische in die Unterhose stecken und auf diese Weise beim Zurück-Überqueren der Mosel transportieren. Eine aufgespickte Weidenrute hätte ich ja nicht festhalten können. Meine Hände benötigte ich ja zum unterhaken. So hatte ich buchstäblich die Hose voll – allerdings mit Fischen. Dass diese sich teilweise noch bewegten, fand ich recht lustig.

So konnte ich die erbeuteten Fische zu Hause vor meiner Familie ausschütten, was allerseits ein großes Gelächter verursachte. Schließlich gab es am kommenden Tag Fische vom Aldegunder Laach – stark in Essig und Öl eingelegt. Trotzdem schmeckten sie nicht allen. Besonders meine Schwestern fanden den Geschmack eklig. Ich allerdings aß sie mit gutem Appetit.

eigenes Erlebnis

 
 
   
„Komm doch – komm doch!!!“

Ein „Schelmes-Stückelche“, also ein Streich, fand einmal bei der „Meerte“ Bäbbi in der Reiz statt. Daran nahmen Werner Nelius, Karl-Heinz Kreuter und ich teil.. Die Bäbbi war alleinstehend, etwas unbeholfen und nicht allen Alltagsproblemen gewachsen. Deshalb kümmerte sich aus der Verwandtschaft der Peter Ring – „Ring’s Pitter“ genannt - um sie. Der „Pitter“ war von kleiner und gedrungener Statur, steif und behäbig im Gang. Seine Stimme war tief, leise und etwas unverständlich - eher ein Gemurmel. Auch hatte er auffallende O-Beine – aber das sei nur nebenbei erwähnt. Er stammte aus dem kleinen Ort Kaifenheim in der Eifel.

So war Pitter auch an jenem Abend bei Bäbbi, als wir an die Haustür von ihr eine Runkelrübe an einer Schnur befestigten. Eine andere lange Schnur, die an der „Rummel“ befestigt war, zogen wir aus der Ferne ruckartig an und ließen die „Rummel“ an die Tür knallen. Die spontane Wirkung blieb nicht aus. Bäbbi und Pitter stürzten hinaus und sahen das Ding an der Tür hängen. Wütend brüllte Pitter herum. Er wollte die Täter umgehend umbringen und machte sich auf, uns zu finden. Und tatsächlich hatte er uns ausgemacht und lief uns wütend nach. Wir flüchteten in den „Neugarten“. Es war stockdunkel. Zu jener Zeit gab es noch keine Straßenlaternen.

In der dunklen Nacht hörte ich immer jemanden mir nachrennen. Das konnte nur Werner oder Karl Heinz sein, was nicht zu erkennen war. Der mir Nachrennende kam nicht so richtig bei und so rief ich ihm zu „Komm doch – komm doch – mach endlich schneller“! Ich hörte ein undeutliches Gemurmel. Und wenn dann der Nachrenner in Reichweite war, lief ich wieder voraus – und wiederum: „Komm doch – komm doch endlich – gib Gas!“ – „Murmel … Murmel“ Dieses Schauspiel wiederholte sich noch einige Male. Mein Nachrennender fuchtelte nun mit den Händen und zeigte die Faust. Vor lauter Hetze war er außer Atem. Er keuchte und konnte kaum noch ein Wort hervorbringen. Und wieder: „Was ist denn? Streng dich doch an! Kannst du wirklich nicht schneller?“ Doch dann – o Schreck! Hinter mir liefen weder Werner noch Karl-Heinz! Die konnten sich vorzeitig von der Verfolgung abtrennen und irgendwo verstecken. Hinter mir lief der behäbige und steife „Ring’s Pitter“! Und dieser war außer sich vor Wut und nahm an, dass ich ihn absichtlich veräppelte.

Ich war wie geschockt - lief nun ohne mich noch einmal umzudrehen weg und war auch bald zu Hause in Sicherheit. Doch beim Ring’s Pitter hatte ich es mein Leben lang verschissen.

eigenes Erlebnis

 
 
   
Die „Näfer Furteretscher“

Der Neefer Distrikt „Furt“ umfasst einen Berghang als Wingert, der sehr steil ist und einen lehmigen Boden hat, so dass man bei den Wingerts-Arbeiten schnell ausrutscht. Wenn nun die gegenüberliegenden St. Aldegunder Einwohner beobachteten, wie die Neefer Wingertsleut immer wieder ausrutschten (im Dialekt für rutschen:= retschen) und hinfielen, war das für sie amüsant, und so nannten sie die Neefer „Näfer Furteretscher“ – ein Spitzname, der sich eingeprägt hat und bis heute Geltung hat.

 
   
Der „Scheißbogen“

Als Ende des 19. Jahrhunderts die Bahn nach Metz gebaut wurde, trennt eine Trasse die Wingerts-Lage im Petersberg von dem Garten-Gelände „Haustert“. Beide Fluren wurden stark genutzt. So baute man in die Trasse einen Durchgangs-Bogen. Eine Verbindung war nun gegeben. War man im Weinberg konnte man durch den Bogen noch einen Abstecher zu Verrichtungen zum Garten machen.

Was aber nicht vorgesehen war, dass man im Bogen selbst noch andere Erledigungen machen konnte: scheißen. Auch Angler machten davon Gebrauch. Sie machten ihr Geschäft nun nicht mehr in den Garten-Anlagen, sondern im „Scheißbogen“. Auch Spaziergänger machten schon mal von der Gepflogenheit Gebrauch, wenn Not war.

Der Bogen war natürlich nicht beleuchtet. In ihm war es immer dämmerich-dunkel. So konnte recht schnell das Schuhwerk von den Hinterlassenschaften beschmutzt werden. Zudem atmete man in ihm immer einen penetrantischen Geruch ein.

Nun hat die Bundesbahn anlässlich größerer Umbaumaßnahmen den „Scheißbogen“ zugeschüttet und verschwinden lassen. Auf der „Haustert“ gibt es auch kaum noch Gärten. Dort befindet sich nun ein Campingplatz für Wohnwagen, die alle eine vorschriftsmäßige Entsorgung haben. Der „Scheißbogen“ ist Vergangenheit geworden,

eigene Erinnerung

Ganz unten im Bild, in der Mitte, befand sich der „Scheißbogen“
   
„Malche – unterschreibe du“

Es war im Jahr 1945 – gleich nach dem Kriegsende. Die Franzosen hatten uns besetzt und sich in Neef einquartiert. Ernähren ließen sie sich von der Bevölkerung. Sie schrieben unter anderem einzelnen Haushalten vor, welchen Viehbestand sie haben durften. So erlaubten sie einem Haushalt nur 3 Hühner haben. Waren es mehr, mussten diese abgegeben werden und landeten im Topf oder in der Pfanne der Franzosen.

Nun hatte unser Pfarrer Nikolaus Rauber fünf Hühner im Stall. Als er jedoch nur drei auf einer Liste angab, legte er diese seiner Haushälterin, seiner Schwester, vor und sagte: „Malche – unterschreibe du“. Als Pfarrer durfte er ja nicht lügen! Folglich unterschrieb „Malche“ – und beichtete die Lüge später ihrem Bruder, der ihr wohl die Lossprechung erteilte und sicherlich eine geringe Buße auferlegte.

Eigentlich hieß die Haushälterin Katharina – sie wurde aber von ihrem Bruder „Malche“ genannt – weshalb auch immer.

Erzählt von Bernhard Nelius, Neef

 
 
   
Beichten gingen wir am liebsten in Cochem

und das hatte seinen Grund: einmal hatten wir doch ein wenig Scheue, vor unserem Pfarrer, mit dem wir doch als Messdiener und durch den Schulunterricht eng verbunden waren, alle unsere Schandtaten und sündige Gedanken offen zu legen. Zum anderen war eine Beichte in Cochem mit einem schönen Ausflug verbunden, der immer in einem abschließenden Besuch in einer Wirtschaft endete. Auch fanden wir, dass der Cochemer Pfarrer weniger strenge Bußen auferlegte. Als Beichtvater in einer Stadt schien er uns weltoffener und verständlicher zu sein.

Eigenes Erlebnis

 
 
   
„Wir haben keine Schule !“

Es war Jahr 1950. Ich war im 6. Schuljahr. Mit Franz Josef Kaufmann war ich als Messdiener zum täglichen Gottesdienst eingeteilt. Auch hatten wir auch die Glocken zu läuten. Für die Messdienerei und für das Läuten der Glocken erhielten wir übrigens 40 Pfennige für die halbe Woche – aber das nur so nebenbei.

Zwischen dem ersten und dem zweiten Glockengeläut hatten wir eine knappe viertel Stunde Pause. Diese nutzten wir oft aus, um noch schnell die Hausaufgaben für die Schule zu erledigen bzw. auszutauschen.

Nun sollten wir als Hausaufgabe für Lehrer Höhen eine komplizierte Rechenaufgabe lösen. Wir kamen aber damit nicht zurecht. Rechnen war Höhnens Lieblingsfach, und wenn man hierbei nicht in seinem Sinne mitmachte, war es aus mit einer Freundschaft.

Lehrer Höhen war auch Organist und spielte in der Kirche die Orgel. Nur heute nicht! Er kam nicht. „Er fühlt sich sicherlich nicht wohl und liegt mit Fieber im Bett“ – vermuteten wir. „Dann kann er auch keinen Unterricht halten“ war unsere optimistischen Meinung. Andere Schüler, die sich zum Kirchgang ansammelten und auch die Hausaufgabe nicht gemacht hatten, schlossen sich unserer Einstellung an.

Und so zog nun nach dem Kirchenbesuch eine Gruppe durch den Ort und rief: „Wir haben keine Schule – wir haben keine Schule“. Danach verschwanden wir alle zu Hause und hatten schulfrei.

Herr Höhnen war durchaus fähig, Unterricht zu halten. Und das hatte er auch vor. Er hatte lediglich eine leichte Erkältung und wollte nur einmal das Orgelspielen lassen. Nun war er überrascht und höchst verärgert, was ihm nun einige Schüler mitteilten, die an unserer Aktion nicht mitmachten. Es gab es an diesem Tag tatsächlich keinen Schulunterricht. Noch nicht die Hälfte der Schüler waren zum Unterricht erschienen.

Und am nächsten Tag: „Wer hat das angezettelt? – Franz Josef, warst Du das?“ – „Das hat mir Erich gesagt!“ – „A ha! - Erich wie kommst Du dazu?“ – „Werner hat es mir gesagt.“ – „Werner, was fällt Dir ein?“ – „Ich habe es von Hermann Josef erfahren.“ So ging das immer wieder weiter: jeder wusste es vom anderen – bis man wieder von vorne anfing, den Anzettler zu nennen. Diese Taktik hatten wir vorher so abgesprochen. Höhnen: „Schluss – aus – zeigt mir eure Hefte!“ Wir gaben die Hausaufgaben ab, die nunmehr so gut es ging getan waren - hatten ja einen ganzen Tag dazu gewonnen.

Und wie reagierte nun Lehrer Höhnen? Er zeigte sogar ein erkennbares Schmunzeln. So etwas hatte er während seiner langen Berufszeit noch nicht erlebt! „Diese Schlitz-Ohren!“ Er war eigentlich ein strenger Lehrer – hatte aber auch einen Sinn für Humor.

Eigenes Erlebnis

 
 
   
Das „Mannhaus“ in unserer Kirche

Auf der Empore in unserer Kirche befand sich das sogenannte „Mannhaus“. Dort durften sich nur Männer nieder lassen. Es waren vorrangig ältere und alte Winzer. Die Plätze waren nummeriert und wurden jährlich öffentlich vor der Kirche nach einem Gottesdienst versteigert. Sie waren sehr begehrt. Dort waren die Mannsleut unter sich. Der streng gehaltene Gottesdienst unten im Kirchenschiff wurde hier oben nicht so eng genommen. Im Flüsterton konnte schon mal ein Schwätzchen gehalten werden. Ja, man machte auch schon mal ein Nickerchen. Beim Schnarchen wurde man vom Nachbarn geweckt. Grundsätzlich waren die Plätze in festen Händen – keiner wagte es, jemanden durch ein besseres Angebot den Platz ab zu steigern, es sei denn, man hatte mit dem Vorbesitzer noch ein Hühnchen zu rupfen.

Ich ersteigerte den Platz meines Vaters, als ich 26 Jahre alt war und mein Vater wegen Krankheit auf seinen Platz verzichteten musste. Ich hatte übrigens keinen Bieterkonkurrenten. Den Preis, den ich zu zahlen hatte, es waren 60 RM, gab mir mein Vater. Ich war nun mit Abstand der jüngste Benutzer auf dem „Mannhaus“ und war in eine andere Liga aufgestiegen Mein Stellenwert stieg – war ich doch nach außen hin sichtlich als Mann eingestuft und genoss die Bequemlichkeiten während des Gottesdienstes.

eigenes Erlebnis

 
 
   
„Wer a runner well de mos wele a riwwer gieh!“

Der Neefer Bahnhof hatte früher einen Wartesaal. Dort trafen sich die Reisenden und warteten auf die Ankunft des Zuges. Und wenn der Bahnhofsvorsteher telefonisch die Durchsage erhielt, dass der Zug in Richtung Koblenz, also moselabwärts (die Mosel runter), bald eintrifft, dann erschien er in der Tür des Wartesaales und rief lautstark, dass die verehrten Fahrgäste sich für die Fahrt bereit halten sollten und sich nun durch die Unterführung hindurch auf die andere Seite zu begeben hätten und sollten beim Einsteigen auf die Bahnsteigkante achten. Ansonsten wünschte er eine gute Fahrt.

Anders wickelte es sich das ab, wenn der Jakob Welter, genannt „Welter Jäb“ Bahn-hofsvorsteher war. Er war von einfachster Art, nicht gerade redselig, stets ernst und hatte eine tiefe grummelige Stimme. Eigenartigerweise tröpfelte bei ihm auch immer die Nase.

Wenn nun ein Zug in Richtung Koblenz kam, dann rief er in den Wartesaal: „De Zuch kimmt! Wer a. runner well (also in Richtung Koblenz fahren will), de mos wele a riwwer gieh!“ (durch die Unterführung gehen) – und verschwand – Ansage beendet.

Rosa Nelius, Neef

 
 
   
Da half auch kein Weihwasser
Nichts geht über die Gemütlichkeit

Der „Steffens“ (Johann Steffens) war unser „Ausscheller“. Er zog durch den Ort und kündigte sein Erscheinen mit einer Schelle an. Er begann mit lauter Stimme: „Bekanntmachung!“. Dann gab er seine zumeist behördlichen Nachrichten durch.

Nun war der „Steffens“ kein Antialkoholiker. Im Gegenteil. Man konnte eher schon Bange haben, dass er ein Alkoholiker wird oder auch war. Und wenn er unterwegs schon einmal einen Schnaps angeboten bekam, sagte er nicht nein. So war es schon zur Gewohnheit geworden, dass der Weingutsbesitzer Eduard Bremm stets für ihn ein Schnäpschen parat hatte wenn „Steffens“ seinen Rundgang machte. Dieses schluckte er in einem Zug hinunter. Aber mehr gab es nicht!

Im Hause vom Eduard wohnte auch die „Berje Maria“. Sie war sehr fromm. Stets hatte sie Weihwasser in ihrer Wohnung parat. Sie verurteilte den Alkohol! – insbesondere den Schnaps. Dieser war für sie ein Teufelswerk. Ab und zu gönnte sie sich mal ein Gläschen Wein – mehr auch nicht.

Nun stand in der dunklen Vorratskammer eine leere Schnapsflasche neben einer gefüllten Weihwasserflasche. Letztere nahm Eduard versehentlich und füllte das Schnapsglas mit Weihwasser voll. Dieses reichte er dem „Steffens“, der die Flüssigkeit mit einem Schluck hinunter schluckte. Dann zog er verärgert von dannen. „Da hat die fromme Marie die Hand im Spiel und Eduard spielte mit. Man will mich vom Alkohol abbringen“, waren seine Gedanken. Er schaute lange nicht mehr beim Eduard Bremm vorbei und war längst kein Anti-Alkoholiker geworden.

Doch irgendwann rief ihn Eduard herbei, und er erhielt wieder sein echtes Schnäpschen wie in alten Zeiten. Eduard hatte selbst die Verwechslung festgestellt, worüber man sich jetzt amüsierte.

Und die Moral von der Geschicht‘:
Beim „Steffens“ half auch Weihwasser nicht!

„Steffens“ lebte sein Leben unbekehrt weiter. Zum Alltag brauchte er den gewohnten Schnaps und den „Fluppes“.Er wurde trotz seiner Liebe zum Alkohol 74 Jahre alt. Seine Bequemlichkeit mag eine Rolle gespielt haben. Er war ein sehr einfacher, ruhiger und anspruchsloser Mensch. Seinen Unterhalt verdiente er sich mit der Ausschellerei und mit Gelegenheitsarbeiten.

Wenn ihm danach war, hatte er neben dem Herd in der Küche einen Sägebock stehen. Bei Bedarf sägte er ein Stück von einer Stange ab, die in der Küche deponiert war. Die anfallenden Sägespäne kehrte er auf eine Schippe und kamen in den Herd.

Bremm Eduard jr., Neef
Nelius, Bernhard, Neef

 
 
   
Die beiden Sittenstrolche

Es war im Jahr 1945, also in der Zeit direkt nach dem Krieg. Das Unterdorf war durch die Bombenangriffe total zerstört – so auch das Haus von Breyer’s. Diese wohnten deshalb vorü-bergehend in der alten Mühle im Bachtal. Sie hatten dort einen Kaninchenstall. In einem besonderen Verschlag war auch ein Rammler - also ein männliches Kaninchen.

Gerhard Mentges wurde von zu Hause aus mit einem Muttertier zum Rammler geschickt. Es sollte gedeckt werden. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang. Gerhard nahm dazu seinen Nachbarn und Altersgenossen Eduard Bremm mit. Sie waren 10 Jahre alt.

Unterwegs begegneten sie der Lehrerin, Frl. John. „Hallo ihr beiden! Wo geht es denn hin? Was habt ihr denn im Körbchen?“ „Da ist ein Kaninchen drinnen, und damit gehen wir zur Breyer-Tante in der Mühle“. Das Kaninchen war mit einem Tuch abgedeckt. Frl. John: „Lasst es einmal sehen“. Das Tuch wurde abgedeckt. „Oh – ist das süß!. Warum ist es denn abge-deckt?“ „Das muss so sein – dann wird es schneller heiß.“ „Was soll denn das?“ Wichtig-tuerisch erwiderte Gerhard: „Dann will es gedeckt werden und ist empfängnisbereit. Das gefällt dem Rammler und wenn er dreimal beim Decken mit dem Schwanz schlägt, ist er fertig mit der Rammelei und dann wird das Muttertier trächtig und wirft in vier Wochen junge Kaninchen raus“. Gerhard und Johann wollten noch weitere Ergänzungen geben, doch Frl. John rief: „genug – genug!“ und eilte sichtlich geschockt davon. „Wie können Kinder so reden? Die sind sittlich verdorben!“ waren ihre Gedanken.

Die Beiden setzten ihren Weg fort. Bei Breyer’s ging alles planmäßig vonstatten. Bei der Abdeckerei schlug der Rammler sogar siebenmal mit dem Schwanz auf, worauf Gerhard scherzhaft meinte: „Jetzt gibt es sieben junge Kaninchen“.

Verrichteter Dinge kamen Beide wieder zu Hause an. Und dort war allerhöchste Aufregung. Frl John war schon dort gewesen und empörte sich über die Verdorbenheit der beiden Jungs. „Was ich soeben erlebt habe, kann ich mit Worten nicht widergeben! Die beiden Jungs sind im höchsten Maße sittlich verdorben!“ Nun war Frl John als Lehrerin in Neef eine hoch-geachtete Respektperson. Man gab ihrer Aussage höchstes Gewicht – ohne auf das Gesche-hene einzugehen und im Detail zu erfragen.

Erst als die beiden Buben etwas ratlos vom Gespräch mit ihrer Lehrerin erzählten, fand man die Erklärung. Frl. John war noch nicht allzu lange Lehrerin in einem Dorf und kam aus einem städtischen Umfeld. Sie war überaus fromm und kam aus einem vornehmen Eltern-haus. Was bei den Beiden ein normales Vorgehen mit entsprechendem Sprachgebrauch war, war ihr fremd. Eduard’s Vater führte mit Fr. John ein aufklärendes Gespräch und danach war alles die Welt wieder in Ordnung. Eigentlich hatte die Dorf-Lehrerin etwas hinzu gelernt.

 
 
   
Otto ließ uns alle erstaunen

In der großen Schulpause zeigte uns Otto Lux ein besonderes Kunststück: Auf dem Schul-Klo konnte er tatsächlich durch das Oberlicht-Fenster pinkeln. Er blähte seine Blase auf indem er sie mit den Fingern zuhielt. Dann drückte er auf sie und mit einem dünnen Strahl konnte er tatsächlich durch das Fenster pinkeln. Das Schauspiel hatte er angekündigt und erweckte große Bewunderung.

eigenes Erlebnis

 
 
   
Wie unser Pfarrer Pipi macht

Heinz Werner (Kreuter) saß in der Schule eine Bank vor uns und zeigte mir und Erich (Markert), wie unser Pfarrer nach seiner Vorstellung Pipi macht: Er hatte den „Pipimann“ vorne mit einer Schnur befestigt. Die Schnur zog er unter seinen Pullover über seinen Oberkörper. Dann öffnete er seinen Hosenschlitz und konnte tatsächlich den Penis mit der Schnur hinaus- und auch wieder hineinziehen. So brauchte man das sündige Ding nicht anzufassen, was sich für einen Pfarrer ja auch nicht gehörte.

eigenes Erlebnis

Pfarrer Rauber
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
Weitere Stückelcher folgen

Jeder, der einen weiteren Beitrag liefern kann, kann mir diesen gerne zusenden. Ich werde ihn als weiteres „Neefer Stückelchen“ aufnehmen.

 
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