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Die beginnende Besiedlung
des Neefer Petersberges
von Franz Josef Blümling
Es mag um das Jahr 55 v. Chr. gewesen sein, als der erste römische Legionärsstiefel das Moseltal betrat. Caesar eroberte Gallien.

Schon früh hinterließen die Römer in Neef Siedlungsspuren. Frührömische Gräber, die teilweise noch an spätlaténezeitliche Tradition anknüpfen, fanden sich wenig nordwestlich vom Hochkessel. Ein weiteres frührömisches Brandgrab wurde im Distrikt Sauenter Wies aufgefunden.

Eine recht deutliche Besiedlung ist in der spätrömischen Zeit auf und in den Hängen des Petersberges nachzuweisen.

Genau dort wo heute die Peterskapelle steht, fand man Reste eines römischen Gebäudes. Aufgefundene Ziegelsteine mit römischen Inschriften, geschmolzenes Blei und andere Gegenstände lassen darauf schließen, dass dort eine römische Wachpostenstation verbunden mit einer heidnischen Kultstätte war. Solche Bergheiligtümer hatten die Römer nicht selten von den Kelten übernommen und setzten deren rituale Verehrung heidnischer Götter fort. So gehörte zu einem römischen Gutshof eine oder mehrere Kultstätten und auch ein Friedhof, der stets außerhalb der Hofmauer zu finden war.

Die Wachpostenstation kann man einer Festungsanlage zuordnen, die um das Jahr 300 n. Chr. auf dem Petersberg errichtet wurde. Sie war als Teil eines militärischen Konzeptes, das im Moseltal eine ganze Kette solcher auf Bergen angelegter Stützpunkte vorsah. Initiator dieses Systems war der in Treverorum (Trier) residierende Kaiser Constantius I. (293 - 306), der die Anlagen seit dem Ende des 3. Jahrhunderts errichten ließ. Diese Baumaßnahmen dürften aber erst von seinem Sohn Constantin I. (306 - 337) abgeschlossen worden sein.

Es konnten zwischen Trier und der Moselmündung bei Koblenz 15 solcher Militärstationen nachgewiesen werden. Von zwei Ausnahmen abgesehen liegen alle Befestigungen zwischen 75 und 130 m über dem Moseltal. Als Standorte wählte man nur Bergsporne oder Berggrate, da sie leichter als Kuppen zu verteidigen waren. Auf dem Petersberg lag die Militärstation rund 130 m über dem Moseltal auf einem schmalen lediglich von der Ost- und Westseite schwer zugänglichen, langgezogenen schmalen Berggrat, der im Osten zusätzlich durch einen künstlich angelegten Graben abgeriegelt war. Die teilweise planierte Gipfelfläche erreichte einschließlich kleinerer vorgelagerter Terrassen eine Fläche von rund 0,23 ha. Am Nordhang hat man Reste der Anlage vorgefunden. Zu erkennen war eine etwa 20 m lange und relativ starke Schieferbruchsteinmauer. Weitere Hinweise der militärischen Nutzung liefern neben Pfeil- und Geschossspitzen auch Teile von Gürtelgarnituren, wie sie ausschließlich von Militärs oder höheren Verwaltungsbeamten getragen wurden. Bezüglich der zeitlichen Nutzung der Befestigung geben zahlreiche Münzen die besten Anhaltspunkte. Die ältesten Münzen tragen Portraits der Kaiser Diocletian und Maximian. Belegt sind ferner Constantius I., Licinius I., Constantin I., seine Söhne Constantin II., Constans und Constantius II., Magnentius, Decentius, Valentinan I., Valens, Magnus Maximus, Theodosius I. und Arcadius. Die Münzreihe umfasst eine Zeitspanne von etwa 290 bis 408.

Als die Festung auf dem Petersberg bedeutungslos wurde, hat sich die römische Besiedlung auf und um den Berg herum fortgesetzt. Die deutlichsten Siedlungsspuren, die zweifellos mit der Befestigung in Verbindung standen, hinterlässt ein aufgefundenes Gräberfeld 200 m nordwestlich des Petersberges. Ein Teil der Toten, wohl jene aus der Oberschicht, war in steinernen römischen Sarkophagen bestattet worden. Alle Gräber hatten die gleiche Orientierung; der Kopf der Toten lag im Westen mit Blick nach Osten, der aufgehenden Sonne zu. Als Beigaben folgten den Männern in der Regel ihre Bewaffnung und den Frauen ihr Schmuck ins Grab.

Nur 90 Grabstätten des frühmittelalterlichen Grabfeldes konnten auf einer Fläche von rund 250 qm noch aufgefunden und ausgewertet werden. Den schon früher bei Rigolen wie bei Wegebauarbeiten zutage getretenen Funden hat man nicht die gebührende Beachtung zukommen lassen. Leider wurde der Friedhof auch systematisch geplündert. Um weiteren Schaden zu verhindern, wurde schließlich im Frühjahr eine 14tägige Notgrabung vom Amt für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz durchgeführt. Sicher ist, dass noch bis ins 9. oder gar 10. Jahrhundert auf dem frühchristlichen Friedhof beerdigt wurde.

Bei den Forschungsarbeiten wurde auf keiner Seite die Grenze des Friedhofes erreicht. So dürfte das Grabfeld zu einem Viertel, allenfalls einem Drittel, erforscht worden sein, so dass mit mehr als 300 Gräbern gerechnet werden kann.

Unter dem Einfluss des beginnenden Christentums im Moselraum wurde diese Beigabensitte allmählich verdrängt. Der Legende nach hat Helena, die Mutter von jenem Constantin I., das Kreuz Christi aufgefunden und lebte als fromme Christin. Als ihr Sohn an der Milvischen Brücke den Heiden Maxentius besiegt hatte, soll er sich aus Dankbarkeit dem Christentum zugewandt und damit ein Versprechen eingelöst haben, das er vor der Schlacht gegeben hatte. Den Beinamen „der Große“ verdankt er der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion. Er selbst hat sich indes die Taufe erst am Totenbett geben lassen.

Besonders in der orthodoxischen Kirche werden Kaiser Konstantin nebst seiner Frau Helena als große Heilige verehrt.

Vermutlich hat der Neefer Petersberg in dieser geschichtlichen Epoche den Namen erhalten, galt doch Petrus als der Lieblingsheilige der Römer. So trug das Gotteshaus, das auf dem frühchristlichen Gräberfeld nicht gefehlt haben dürfte, vermutlich auch schon das Patronat des hl. Petrus. Solche Peterskirchen finden sich vor allem an markanten Punkten des Moseltales, wie beispielgebend auf dem Neefer Petersberg und haben oft die vormaligen heidnischen Kultstätten gegenstandslos werden lassen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die Siedler am steilen Südhang des Berges Weinbau betrieben, kann man doch die Römer als die Bahnbrecher der moselländischen Weinwirtschaft betrachten und ist eine andere landwirtschaftliche Nutzung auf dem schmalen und felsigen Gelände auch nicht vorstellbar. Zudem ist die vorgefundene Lage am südlichen Steilhang für einen Qualitätsweinbau geradezu optimal. Noch heute zählen die dort geernteten Weine zu den besten der gesamten Region. So ist die Auffindung eines römischen Rebmessers als Grabbeigabe nicht überraschend, da solche Messer vornehmlich zum Rebschnitt und zur Laubarbeit an den Reben eingesetzt wurden.

So rekonstruiert Archäologe Back das in einem Grab aufgefundene Schneidewerkzeug, das er als ein Rebmesser erkennt. Es zeigt einen Geraden Rücken und eine zur Spitze gezogene Scheide.

Römische Winzermesser gab es in verschiedenen Formen.

Auch der Fund einer Glasflasche als Grabbeigabe kann in die spätrömische Zeit datiert werden. So ist nicht auszuschließen, dass diese mit Wein gefüllt einem Freund des Weines als Wegzehrung ins Jenseits galt.

Auf den Verzehr von Wein deutet auch ein am Nordhang des Petersberges gefundener kleiner römischer Einhenkelkrug. Solche Gefäße waren am Boden abgerundet. Zum Hinstellen waren sie somit nicht geeignet und eher zum alsbaldigen Verzehr von Wein vorgesehen.

Heute gibt es noch in Neef die Gemarkung Furt, die zur bis hin zur Mosel reicht und auch noch das Flussbett mit einschließt. Eine Furt deutet auf eine seichte Stelle im Wasser hin, die leicht mit einem Fuhrwerk durchfahrbar war. Heimatforscher Schommers vermutet, dass durch diese Furt römische Transporte zu dem Weinweg gelangten, der in der Eifel in die bedeutende Römerstrasse Trier – Köln einmündete. Sollte diese Annahme zutreffen, dann wäre nicht auszuschließen, dass auch Wein aus Neefer Hängen als Handelsware durch diese Route transportiert worden ist.

Heute gibt es noch in Neef die Gemarkung Furt, die zur bis hin zur Mosel reicht und auch noch das Flussbett mit einschließt. Eine Furt deutet auf eine seichte Stelle im Wasser hin, die leicht mit einem Fuhrwerk durchfahrbar war. Heimatforscher Schommers vermutet, dass durch diese Furt römische Transporte zu dem Weinweg gelangten, der in der Eifel in die bedeutende Römerstrasse Trier – Köln einmündete. Sollte diese Annahme zutreffen, dann wäre nicht auszuschließen, dass auch Wein aus Neefer Hängen als Handelsware durch diese Route transportiert worden ist.

Etwa 150 m südöstlich vom Kloster Stuben, das selbst in seinen Fundamenten römische Baureste aufweist, wurde ein römischer Gutshof lokalisiert. Er könnte Mittelpunkt eines Weingutes gewesen sein. Eine weitere kleinere römische Siedlungsstelle wurde 400 m südlich des Klosters ausgemacht, wo vermutlich jene Untertanen untergebracht waren, die sich mit der Bestellung der Weinberge beschäftigten.

So kann man sich eine römische „Villa Rustica“ im Bereich des Petersberges vorstellen.

Die Grundform solcher landwirtschaftlichen Anwesen waren ziemlich einheitlich. Sie bestanden aus einem Hauptgebäude, dem Herrenhaus und einigen Nebengebäuden, zu denen Gesindehäuser, Speicher, Scheunen, Ställe, Geräteschuppen u.a. gehörten. Zu dem Herrenhaus gehörte stets auch ein Bad.

Auch bei Erweiterungsarbeiten des heutigen Friedhofes auf dem Petersberg traf man mehrfach, zuletzt im Jahre 1935, auf spätrömische Siedlungsspuren. Zahlreich gefundene Fragmente von Leisten- und Hohlziegeln schließen auf eine solide Innenbebauung. Mehrere aufgelesene Ziegel tragen Stempel, die vornehmlich bei den staatlichen Großbauten in Trier auftraten. Viele Scherben von feinem Tafelgeschirr brachten besondere Beachtung. Dies alles lässt darauf schließen, dass hier ein Gutsherr aus der führenden Schicht angesiedelt war.

Ein weiteres römisches Gräberfeld soll 1952 beim Rigolen nordwestlich des Petersberges...
... mehrfach angeschnitten worden sein.

Römische Funde werden auf der Bergkuppe wie in den angrenzenden Weinbergen immer wieder aufgelesen. So manches weitere Relikt wird durch Rigolen und bei der Errichtung von Wegen oder auch deren Verbreiterungen keine Beachtung gefunden haben. Viele Spuren der Vergangenheit sind so abhanden gekommen.

Gemäß einer Urkunde von 1251 gab es ein Landgut in den Wäldern von Neven das mit einer Siedlung auf dem Petersberg, genannt Rumpenheim, in Verbindung gebracht wird. In ihrer Inaugural-Dissertation nennt Naumann-Humbeck diesen Ortsdistrikt Rumpenkirchen. Vermutlich wurde diese Siedlung aus Mauerresten vormaliger römischer Gebäude errichtet, wie auch der Ort Rumpenheim am Main den Begriff Rumpen auf die Trümmer bzw. auf die Rumpfstätte eines römischen Kastells zurückführt. Dieser Ortsbezirk dürfte im heutigen Burgberg gelegen haben. Bork nannten die Franken einen übernommenen römischen Gutshof. Die reine Weinlage Burgberg war einst riesengroß und zog sich noch 1832 vom Kloster Stuben bis oberhalb des Ortes Neef hin. Behauene rote Sandsteine findet man noch immer in diesem Bereich und sind oft in Weinbergsmauern eingearbeitet.

Auch die Peterskapelle auf dem Berg wird Anfang des 10. Jahrhunderts aus solchen Resten erbaut worden sein und nicht aus Bauteilen, die unten im Ort gesammelt und immer wieder von Engeln auf den Berg gebracht wurden - wie es eine Sage so romantisch zu berichten weiß. Dass dort oben auf dem Berg Baumaterialien parat lagen, hat man wohl als einen Wink des Himmels erkannt.

 
 
erschienen in:
Jahrbuch des Kreises Cochem-Zell, 2007
 
 
 
 
Hohlziegel
 
 
 
 
 
Gürtelschnalle
 
 
 
 
 
Münze
 
 
 
 
 
römisches Winzermesser
 
 
 
 
 
Weitere Abbildungen finden Sie in der Rubrik Funde.
Literaturnachweise:
  Antz, August - Rheinlands Heldensage
Back, Ulrich - Frühmittelalterliche Grabfunde beiderseits der unteren Mosel
Beyer, Heinrich - Urkundenbuch mittelrheinischer Territorien
Blümling, Franz Josef - Die Historie der Kirchen von Neef, Jahrbuch Cochem-Zell 2005
Eiden, Hans - Zehn Jahre Ausgrabungen an Mittelrhein und Mosel
Flurkarte von Neef aus dem Jahr 1832
Friederichs, Alfons u. Gilles, Karl-Josef u. Wolpert, W. - Ediger-Eller an der Mosel, Rheinischer Verein für Denkmalpflege
Günther, Wilhelm - CODEX DIPLOMATICUS Rheno-Mosellanus, Urkunden-Sammlung
Gilles, Karl-Josef - Der Petersberg bei Neef, ein Zentrum des frühen Christentums, Jahrbuch Cochem-Zell 1992
Gilles, Karl-Josef - Der Petersberg bei Neef, Zufluchtsort – Fränkisches Gräberfeld freigelegt
Mathar, Ludwig - Die Mosel
Melchiors, Erna und Hans - Das große Buch der Heiligen
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Sechste Auflage, Elfter Band
Naumann-Humbeck, Anneliese - INAUGURAL-DISSERTATION, Studien zur Geschichte der Grafen von Sponheim, in: Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach, Band 14, 1983
Ortschronik von Neef, Auswertung durch das Landesamt für Denkmalschutz in Koblenz vom 13.Mai 1954
Pauly, Ferdinand - Siedlung- und Pfarrorganisation im alten Bistum Trier
1200 Jahre Rumpenheim, herausgegeben zur 1200-Jahr-Feier des Stadtteils Offenbach a.M.-Rumpenheim, 1970
Schommers, Reinhold - St. Aldegund an der Mosel, Portrait eines Winzerdorfes
Seemann, Heinz - Jahrbuch Kreis Zell 1958
Thome, N. - Das ehemalige Kloster Stuben
Weber, Jakob - Römische Gewölbekeller in Boos, Leben auf dem Lande in römischer Zeit
Bildnachweise:
  Winzermesser - Back, Ulrich - Frühmittelalterliche Grabfunde beiderseits der unteren Mosel,
Rekonstruktion einer römischen Villa Rustica in Bollendorf - Cüppers, Heinz - Die Römer in Rheinland-Pfalz (1990)
Furt und Grave - Ausschnitt aus Delkeskamp Mosellauf
Gräberfeld - Eiden, Hans - Zehn Jahre Ausgrabungen an Mittelrhein und Mosel
Funde - Gilles, Karl-Josef - Spätrömische Höhensiedlungen, Selbstverlag des Rheinischen Landesmuseums Trier, 1985
Der heilige Kaiser Konstantin und Gattin - Wandgemälde 1105 / 6 in der Kirche Panayia tis Asinou, Zypern
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