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Die Auswanderung Neefer von Franz Josef Blümling
Die Not der Moselwinzer war nie so groß gewesen wie zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Zu den Unterdrückungen und Ausbeutungen durch Adel und Klerus kamen auch noch Pest und Cholera hinzu – Krankheiten, die nirgendwo im Reich so wütend aufgetreten waren wie im Trierer Land. Dies alles ließ eine krasse Verarmung aufkommen. So stellte sich die Situation auch in Neef dar. Dort hatte sich eine fränkische Hundertschaft angesammelt die von Grafen regiert wurde. Die Kirche stand unter der zweifelhaften Obhut des Nonnenklosters Stuben. Adel und Klerus hatten in Neef hineinregiert und allerhand Trübsal und Not aufkommen lassen. Die Neefer Landleute hatten nur noch Eicheln und Wurzeln zu ihrer Ernährung - so wird es überliefert.

Und als die Mönche aus Echternach allen Besitz in Neff erhielten, wie es drei Urkunden vom 2. und vom 4. September 1419 festhalten, kehrte für die Bürger keine Besserung ein. Sie befanden sich weiterhin in voller Leibeigenschaft und waren ihrem Herrn mit Leib und Leben ausgeliefert und ihm dienst- und abgabepflichtig. Sie konnten verschenkt, verkauft oder vertauscht werden, ohne dass sie auch nur um ihre Meinung gefragt wurden.

Die Weinberge, die Hauptexistenzgrundlage der Bauern, hatten sie allesamt vom Grundherren gepachtet. Dafür mussten sie die Hälfte der Ernte als Pachtgebühr abgeben. Nur in den herrschaftlichen Kelterhäusern durfte gekeltert werden. Kein Neefer Winzer hatte eine eigene Kelter. Den ihm zustehenden Teil der Ernte konnte sich so der Grundherr vor Ort absichern und auch gleich die zu entrichtende Abgabe für die Kelterei vereinnahmen.

Von dem geernteten Getreide musste der sogenannte Fruchtzehnte an den Grundherren gezahlt werden. Der Müller hatte für die Mühlenpacht ... zu unserer lieben Frau Lichtmesstag (2. Februar) vier Malter Roggen und am St. Jakobstag (25. Juli) drei Gänse oder sechs Trierer Weißpfennige zu zahlen. Hinzu kamen noch die Abgaben zur Benutzung des Backhauses, bis letztendlich dann endlich der Bauer sein sauer verdientes Brot essen konnte.

Die Bürger hatten für alle Bauten an der Burg aufzukommen. Der Amtmann residierte dort als Vertreter des Trierer Kurfürsten. Er hielt Gericht, und die Gerichtskosten bedeuteten für ihn eine satte Einnahmequelle. Willkürliche Strafgelder füllten für ihn weiter die Kasse. Und wer nicht parierte, der wurde an den Pranger gestellt.

Die Neefer Forst war im Besitz des Klosters und des Kurfürsten. Man gestand den Bauern lediglich zu, im Wald Abfallholz, Eicheln und sonstige Früchte zu sammeln. Ansonsten hatten sie als Treiber bereit zu stehen, wenn die Herrschaften zur Jagd gingen. Nur wenn der Wolf zu stark auftrat, dann überließ man den Bauern eine selbständige Jagd. Dies nahm man jedoch wegen der Gefährlichkeit dieses Unterfangens mit sehr großem Unwillen wahr.

Die Gemeinden im mittleren und unteren Moselbereich hatten alle Schiffs- und Landfahrten für den Kurfürsten durchzuführen. Ihm gehörten auch die Fischrechte, sowohl in der Mosel, im Neefer Bach und in den Mühlenteichen.

Nicht zuletzt musste auch noch dem Nonnen-Kloster Stuben der Zehnte entrichtet werden, weil der für Neef zuständige Kaplan im Kloster wohnte. Dem Kaplan stand nicht nur der Zehnte zu, es gab für ihn auch noch Gaben und Vermächtnisse auf die Altäre seiner Pfarrkirche. Sie waren nicht gering. Letztlich profitierten auch noch die Stubener Nonnen von den Einkünften des Kaplans, der die ihm zufließenden Naturalien gar nicht alleine verzehren konnte. Die Nonnen wiederum nagten keinesfalls am Hungertuche. Sie waren alle adeliger Herkunft, und die eingebrachten Mitgifte waren nicht gering. Außerdem erhielt das Kloster viele Stiftungen, Vermächtnisse und Schenkungen, die zumeist Wein und Weinberge ausmachten. Stuben hatte die besten Weinberge in der ganzen Umgebung. Der Klosterkeller reichte oft zur Lagerung der Weine nicht aus, so dass Keller in anderen Orten angemietet werden mussten. Der Weinreichtum mag Hauptgrund dafür gewesen sein, dass sich eine solch lotterhafte und ausschweifende Lebensart eingewöhnte, dass deshalb später das Kloster geschlossen werden musste.

Und als die verarmten Neefer Bürger nun noch erfuhren, wie die Mönche aus Echternach das große Geschenk aus Neve feierten, was 1426 Abt Petrus von Hübingen gar selbst anordnete, mag es manchem Neefer Bürger endgültig gereicht haben und wanderte aus.

Den meisten anderen Orten im Umfeld von Neef erging es nicht besser. So wird von Corray (heutiger Stadtteil von Zell) berichtet, dass die gedrückten Einwohner über Nacht heimlich ausrückten, ... um gen Prag im Böhmerlande eine bessere Steh (Bleibe) zu finden. Die Bürger waren im Eigentum des Herren. Der einzelne Leibeigene durfte ohne Erlaubnis seinen Wohnsitz nicht wechseln. Es kam im gesamten Moselland zu einer massenhaften Landflucht, die vereinzelt ganze Dörfer zu Wüstlandschaften werden ließ.

Bei der Auswanderung von Neefer Bürgern kann man sich vorstellen, dass sie auf ein vorbeifahrendes Weinschiff aufgesprungen sind und so nach Köln kamen. Von dort ging es dann per pedes mit Fuhrwerk und Proviant in langen Märschen gegen Osten hin zum Erzgebirge. Es könnte sein, dass sich eine Gruppe absonderte und ins Württembergische zog, um dort dem erlernten Winzerberuf nachzugehen. Dazu gibt es Anhaltspunkte. Eine grosse Anzahl der Neef’s waren Weingärtner (Winzer) – gem. einem Schreiben von Herbert Neef, Leinfelden-Echterdingen. Der Rest der Gruppe wanderte weiter nach Schneeberg im Erzgebirge, wo sie hochwillkommen waren. Wurden doch dort in jener Zeit mit großem Profit Erze abgebaut, während man in Neef eine Erzgrube wegen Unrentabilität geschlossen hatte.

Die Erzgrube in Neef kennt man nur leerstehend und verwahrlost. Sie teilt sich nach etwa 15 Metern in zwei Stollen, wovon der tiefste cirka 40 Meter in den Berg hinein geschlagen wurde.

Foto vom Autoren, der die Grube in neuester Zeit besichtigte und auch die typischen Handwerksgegen- stände im Umfeld des Stollens fand.

Ein Teil der Auswanderer von der Mosel hatte also Erfahrung mit dem Erzabbau und konnten sich umgehend bewähren. Es wird überliefert, dass die Schürfungen in der Zeche St. Georg sehr rentabel gewesen waren. Bereits 1481 erhielt Schneeberg, nicht zuletzt wegen eines eingetroffenen Wohlstandes durch den Erzabbau, die Stadtrechte. Bürger mit dem Namen Neef kann man in Schneeberg seit 1480 konkret feststellen. Sie sind jedoch sicherlich schon früher dort gewesen. Durch einen großen Stadtbrand sind keine früheren Quellen vorhanden.


Auswanderung 1561

In jener Zeit wurden allgemein Familiennamen eingeführt. Vielfach wurden Eigenschaften des Lebens und auch die Heimat dabei eingebracht. Als bestes Beispiel sei aufgeführt, dass Graf Gerhard von Sponheim, als er anno 1330 in Hagenau (Elsass) vom Kaiser Ludwig das Hohe Gericht erhielt, als der von Neven genannt wurde.

Allerdings haben es die Schreiber von Urkunden im Mittelalter offenbar mit der Rechtschreibung nicht so ernst genommen, sei es durch mangelnde Aufmerksamkeit oder auch durch eine gewisse Unfähigkeit. Auch ist bekannt, dass damals urkundliche Verträge oft mit einem ausgiebigen Weingelage verbunden waren und somit eine aufgekommene Weinlaune ein gewisses Phlegma aufkommen ließ. Wenn sich nun eine Neefer Person nach ihrem Wohnort nannte, so hätte sie sich aufgrund urkundlicher Nennungen Neuim, Nevim, Nevim, Neiven, Neiuen, Neuen, Neuin, Neven, Neuen, Neve, Neive, Neuin, Neiffen, Neven, Nefe, Nefen, Neff, Neeff oder auch Neef nennen können. Schwerpunktmäßig hat sich bis in die heutige Zeit der Familienname Neef und Neefe durchgesetzt.

Auf einer Landkarte von 1511 ist der Ort Neef mit seiner Burg eingezeichnet. Fortan ist auf anderen Landkarten der Ort immer öfter mit Neef vermerkt.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass Recherchen zu dem Thema der Auswanderung aus Neef, inklusive der nachfolgenden Entwicklung, längst noch nicht beendet sind. Sowohl ich, als auch einige Neef’s und Neefe’s sind am forschen. Meine Ausarbeitung wird somit mit Sicherheit weiter ergänzt werden. Werden sich auch noch weitere Forscher beteiligen, würde dies sicherlich mit dazu beitragen, dass letztendlich ein ausgiebiges, umfangreiches und qualifiziertes Werk entstehen würde. Unsere Nachfahren werden dafür dankbar sein.

 
 
 
 
 
 
 
 
Der Bergknappe
 
 
Die typischen Handwerksgegenstände, die im Umfeld des Stollens gefunden wurden.
 
 
 
 
 
Literaturnachweise:
  Dresdner Nachrichten - Der Familienname Neef, Aufsatz am 21. Dezember 1936
Geldern-Crispendorf, Artur von - Mitteilungen über das Patriziergeschlecht Neefe
Kessler, Ernst - Zell im Hamm
Lorenzi, Philipp de - Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diözese Trier
Mötsch, Johann - Regesten des Archivs der Grafen von Sponheim, Teil 1
Schommers, Reinhold - St. Aldegund an der Mosel
Wampach, Cam. - Urkunden und Quellenbuch zur Geschichte der Grundherrschaft Echternach
Bildnachweise:
  Clauser, Jacob - Auswanderung, 1561, aus:Georgius Agricola, Bergwelten 1494 1994
Landkarte: NOVA TOTIUS TRACTUS RHENANI E CONATIBUS Geographicis Wolfgangi Kiliani de scriptio MDCXX j.
Der Bergknappe - Holzschnitt aus dem Ständebuch von Jost Amman, 1568
im nächsten Kapitel: Letzter Stand der Recherchen
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