[ Inhalt ] [ Chronologie ] [ Funde ] [ Glossar ] [ Führungen ] [ Gästebuch ] [ Quellen ] [ Links ] [ Impressum ] [ Datenschutz ]
Besondere Aufsätze von Franz Josef Blümling
 
 
 
 
 
 
 
 
   
   
Die Blitzeiche auf dem Neefer Schopp

Eine mächtige Eiche mit einem Umfang von ca. 4 Metern steht etwas abseits von einem Wirtschaft- und Wanderweg auf der Flur des Neefer Schopp. Wenn nicht ein kleines Blech-Schildchen Naturdenkmal auf sie aufmerksam machen würde, bekäme sie kaum Beachtung. Sie ist in Vergessenheit geraten. Verzottelt und zerfetzt steht sie da. Das ist das Werk von Blitzen, die schon mehrmals in den Baum eingeschlagen haben, weshalb man sie auch im Volksmund Blitzeiche nennt.

Um sie herum stehen Eichen, deren Alter von der Forstverwaltung mit 207 Jahren angegeben, das Alter der Blitzeiche jedoch auf mindestens 300 Jahre geschätzt wird. Es kann vermutet werden, dass sie aus einem Vorbestand belassen wurde und aus Zeiten stammt, bevor Fortwirtschaft im heutigen Sinne betrieben wurde. Daraus kann man herleiten, dass man bei einer seinerzeitigen Abholzung eine besonders gut gewachsene Eiche stehen gelassen hat, um in ihrem Schatten eine Rast einzulegen, oder auch Schutz vor einem Regenguss zu finden. Da sich in ihrem Umfeld Wasser ansammelt, wird man dort sicherlich auch Vieh getränkt haben. Auf dem tellerflachen Plateau des Berges, auf dem Schopp, wurde seit je her Ackerbau betrieben und die Ernte dann mit Zugtieren zu Tal gebracht. Der Flurname Schopp deutet darauf hin, dass dort einmal ein bemerkenswerter Schuppen stand, in den man landwirtschaftliche Geräte unterstellte. Auch Lohe sollte dort gelagert worden sein, da der Berg auf einer Katasterkarte aus dem Jahr 1832 mit Leh-Kopf (Loh-Kopf) bezeichnet wird.

Aus eigener Erinnerung ist noch bekannt, dass bei Anzug eines Gewitters die Feldarbeiten dort oben auf dem Berg umgehend unterbrochen wurden. Man flüchtete bevorzugt in Hecken oder kuschelte sich unter den Erntewagen ein. Eventuell flüchtete man auch in den Tannen- oder Buchenwald. Auf keinen Fall sollte man allerdings Schutz suchen unter der Blitzeiche! Tatsächlich werden Eichen bevorzugt vom Blitz getroffen. In der Literatur werden dafür unterschiedliche Ursachen genannt. Als Gründe werden die Pfahlwurzel, die Ableitfähigkeit und die Tatsache, dass Eichen oft frei und exponiert stehen, aufgeführt. Dass die Blitzeiche in einer Mulde mit Wasserzug steht, könnte sich für Blitzeinschläge zusätzlich begünstigend auswirken. Allerdings ist die Erkenntnis unserer Altvorderen „Eichen sollst du weichen und Buchen sollst du suchen!“ längst widerlegt, denn Bäume sind generell gute Blitzfänger.

Der Schopp sei sehr eisenhaltig, was Einschläge dort geradezu provoziere, so lehrte es noch unser Lehrer. Diese Theorie ist von Geologen noch nicht überprüft worden. Sie scheint aber auch nicht von der Hand zu weisen sein. Auch noch in neuerer Zeit wird immer wieder festgestellt, dass Blitze bevorzugt in Überlandleitungen auf dem Schopp einschlagen und Stromverbindungen außer Funktion setzten.

Das Naturdenkmal wird nunmehr in besondere Obhut genommen und gepflegt. Dazu haben sich der Heimat- und Verkehrsverein Neef und die hiesige Forstverwaltung unter Dr. Markus Rink bereit erklärt. Die Blitzeiche soll schließlich auch noch den Generationen nach uns als Relikt vergangener Zeiten erhalten bleiben. Sie kann ja immerhin noch über 1000 Jahre älter werden!

Demnächst wird eine Bank den Wanderer zu einer Rast einladen. Er kann sich dann in der wilden und urwüchsigen Natur hier oben auf dem Schopp erbauen. Vielleicht animiert ihn auch die Ruhe hier zur Nachdenklichkeit und Besinnung. Was ist in den letzten 300 Jahren hier alles geschehen? Was hat sich hier in diesem Umfeld alles so zugetragen? Schade, dass der Baum nicht erzählen kann! Könnte er es, dann wüssten wir, warum der Berg auch schon mal Reiterwald hieß. Haben vielleicht Reiter auf einer kurfürstlichen Jagd oder gar Napoleons Truppen an der Blitzeiche ihre Pferde getränkt? Mästeten hier Hirten ihre Schweine mit den Eicheln? Stellten Vogelfänger auf dem Plateau ihre Netze auf? Auch Köhler haben wahrscheinlich auf dem Schopp Meiler aufgerichtet und brannten Holzkohle. Sicherlich fing Förster Kaufmann auch hier junge Wölfe und richtete sie zu begehrten Jagdhunden ab. Wolfs- und Ziegenplagen mussten in den Neefer Wäldern bekämpft werden – ganz in der Nähe: im Geißenberg. Und als sich im Neefer Gefilde Banden breit machten und an die Gemeinde 1784 der kurfürstliche Befehl, unbedingt verdächtiges umschweifendes Gesindel anzuhalten, hatten sich sicherlich solche heimatlose Gesellen auch im Umkreis der Blitzeiche versteckt und baldowerten ihr Pläne aus. Das alles spielte sich in den letzten 300 Jahren in den Wäldern von Neef ab. Manches ist auch noch Zeitzeugen in Erinnerung geblieben. So ist ganz in der Nähe der Blitzeiche 1944 ein Flugzeug abstürzt. Ein deutscher Pilot kam dabei ums Leben. Hier wurde noch in den 40er Jahren mit der Sense das Korn geschnitten, und den Pflug zog die Kuh. Kinder trugen das Mittagessen in einem Henkeltopf auf den Berg. Dafür bekamen sie die letzte Stunde Befreiung vom Schulunterricht. Es war auch die Aufgabe der Kinder, auf den Feldern die „Schweinekartoffel“ aufzuraffen. Und wenn am Abend vom Tale aus die Betglocke zu hören war, wurde das Tagewerk beendet. Man stand dann im Kreise und betete zusammen das Ave Maria.

Ja, die Blitzeiche ist es wert, gepflegt und gewartet zu werden. Sie ist ein Denkmal der Natur – ein stummer Zeuge vergangener bewegter Zeiten. Sie hat viele Generationen überlebt. Von Blitzen hat sie sich nicht unterkriegen lassen. Hoffentlich muss sie sich nun den wachsenden Umweltschäden nicht beugen. Wünschen wir ihr noch ein langes Leben. Aber auch ihre Tage werden einmal gezählt sein. Dann sind auch 1300 Jahre, gemessen an der Ewigkeit, eine Winzigkeit!

Literaturnachweise:
Rheinische Flurnamen, Heinrich Dittmar
Fachkundliche Hinweise gab auch Förster Dr. Markus Rink

Verzottelt und zerfetzt steht sie da.
 
 
 
 
   
Neef ist stolz auf sein neu renoviertes Gotteshaus

Es war Eile geboten. Das Neefer Gotteshaus war stark renovierungsbedürftig geworden. Dies erkannten auch die zuständigen Stellen des Trierer Bistums.

So fielen u. a. die Risse im Kirchenschiff auf. Eine finanzielle Beteiligung von Trier aus an einer Gesamtsanierung wurde zugesagt mit der Auflage, dass auch entsprechende Eigenleistungen von Seiten der Kirchengemeinde erbracht werden. Einigung bestand darin, dass die Mittel vom Bistum in die Substanzerhaltung des Gebäudes fließen und die sonstigen Renovierungen aus Eigenleistungen finanziert werden. Erstaunlich groß war nun die Spendenfreudigkeit der Neefer Bevölkerung zu dem Vorhaben. Damit nicht
genug: Handwerker, handwerklich begabte Amateure, Tüftler, Leute mit linken und rechten Händen – jeder der nur konnte, legte Hand an und machte sich unentgeltlich nützlich. Wichtige Geräte standen zur Verfügung, und dabei wurden auch Beziehungen zu Firmen ausgenutzt. Stets standen private Traktoren mit und ohne Hänger parat, wenn sie benötigt wurden.

Bevor die Arbeiten begannen, musste das Gotteshaus komplett ausgeräumt werden. Gerüste wurde aufgestellt. Nun konnte gefräst, geschliffen, gefugt, verkabelt, gegipst, betoniert, gestrichen, und geputzt werden. Weil die Kirche viele Wochen eine einzige Baustelle war, wurde der Gottesdienst während der Sanierungsarbeiten im Gemeindesaal gehalten.

Immer mehr konnte man erkennen, wie die geleisteten Arbeiten fruchteten.
Schließlich war man mit den Leistungen zufrieden und letztendlich auch stolz auf ein gelungenes Werk. Und nun, am 1. Weihnachtstag, konnte die hl. Messe wieder in den ehemaligen ehrwürdigen Räumen gehalten werden. In einem feierlich gehaltenen Festgottesdienst bedankte sich Pfarrer Weibler bei der Neefer Bevölkerung sehr herzlich für den gezeigten Einsatz zu einem gelungenen Werk, auf das die Neefer Bevölkerung stolz sein kann.

Die Generalsanierung ist jedoch noch nicht ganz abgeschlossen. So wird Anfang des kommenden Jahres der Treppenaufgang zur Empore und zum Glockenturm noch ausgebessert und gestrichen. Eine Seniorengruppe steht dazu schon bereit. Ob die Mittel noch ausreichen, um die Beleuchtung im Kirchenschiff zu verbessern, bleibt abzuwarten. Evtl. werden sogar noch die Heiligenfiguren, die zu früherer Zeit seitwärts des Kirchenschiffes standen, renoviert und kämen wieder auf ihren alten Platz.

So kann also die Kirchengemeinde Neef stolz sein auf ihr Gotteshaus. Es ist übrigens längst nicht die erste Pfarrkirche für Neef. Vermutlich um das Jahr 875 gab es eine solche schon für das Allodium Naves, als Neef der zuständige Weinlieferant für die Metzer Domkirche St. Arnulf war. In einer Urkunde wird sie als Capellae bezeichnet und stand in der Flur Kapell. Sie war ein Reichslehen. Solche Reichskirchen hatten ihren Ursprung in der fränkischen Epoche und waren die ältesten Gotteshäuser im Moseltal. Sie war der hl. Katherine von Wraower geweiht – eine Heilige, die ansonsten nirgendwo Erwähnung findet.

Als diese Capellae baufällig wurde, erbaute man auf dem Petersberg die nächste Pfarrkirche für Neef, die auch vermutlich dem Kloster Stuben in dessen Gründungsjahren als Gotteshaus gedient hat. Sie hatte das Patronat des hl. Petrus. Der Sage nach haben Engel den Standort auf dem Berg ausgesucht. Sie wurde 1140 von Erzbischof Albero dem Kloster Stuben zur Aufbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse geschenkt. Das drückt aus, dass Neef künftig den Kirchenzehnten an Stuben zu zahlen hatte. Dort war auch der zuständige Kaplan für den Ort Neef untergebracht.

Seit 1316 war die Peterskapelle nicht mehr die Pfarrkirche für Neef. Diese war nunmehr die Matthiaskirche unten im Ort. Wie es ihr Name schon verrät, war sie dem hl. Matthias geweiht. Sie war auch die Hauskirche für den Neefer Adel, der zuvor im nahe gelegenen Burghaus eine eigene kleine Kapelle besaß.

Seit 1890 wird die Matthiaskirche nicht mehr klerikal genutzt. Das gesamte Anwesen kam in private Hand. Das Kirchenschiff wurde abgerissen. Nur noch der Turm erinnert an die Historie.
Schließlich wurde 1891 die heutige Kirche geweiht. Auch sie trägt das Patronat des hl. Matthias mit dem Titel „Kreuzerhöhung“. Ein kleiner Span der damals im Kloster Stuben aufbewahrten kostbaren Kreuz-Reliquie erhielt die Filialkirche in Neef, woher diese Titulierung zu begründen ist.

Die Kirche in früherer Zeit, ...
 
während der Bauzeit und...
 
...wie sie sich heute darstellt.
Fotos: Markus Kroth, Neef
   
Vor der Weinlese wurden den Neefer Bauern die Leviten gelesen

Das Echternacher St.-Willibrordus-Gotteshaus hatte seit 1419 einen großen Besitz in Neef. Ein Teil davon, etwa die Hälfte, kam 1466 durch Pfändung an die Kirche St. Florin in Koblenz. Auch dieser Teil war noch beachtlich. So hatten 1738 gemäß einer Güterauflistung 22 Familien 105 Weinberge und 74 Wiesen von St. Florin gepachtet. 1682 werden zudem noch 5 Wohnhäuser, 3 Bauplätze und 7 weitere Plätze erwähnt. In anderen Urkunden werden auch ein Hof- und ein Kelterhaus, sowie zinspflichtigen Besitz in Bremm und St. Aldegund, wie Wein-, Hühner- und Geldzinsen, aufgeführt.

Die Verwaltung der Lehensgüter oblag dem vom Lehensherren berufenen Vogt, der seinerseits einen untergeordneten Hofmann einsetzte.

Die Bauern hatten das Land gepachtet. Als Pachtzins mussten sie dem Lehensherren die Hälfte der Ernte im Neefer Sankt Floriner Propsteihof abliefern.

Mindestens einmal im Jahr, zumeist vor der anstehenden Weinernte, schickte das Stift St. Florin den Propst zum Hof nach Neef, um das sogenannte Hofgeding abzuhalten. Vor dem Platz dieses Hofes, aber auch in Kelterhäusern oder Scheunen, wurde dann in einem sogenannten Weisthum, das insgesamt 20 Bestimmungen umfasste, den Bürgern die vom Lehensherren festgelegten Bestimmungen verlesen. Diese nannte man Levatio. Den Bürgern wurden also die Leviten gelesen.

Auszug aus dem 20 Verordnungen bestehenden Weisthum des Propsteihofes St. Florin zu Neef aus dem Jahr 1585:

Ein jeder Lehensmann hat zum Hofgeding zu erscheinen. Es ist unnötig, den Lehensmann dazu aufzurufen, da jeder weiß, wann es stattfindet. Der Lehensmann erhält einen halben Sester ( 7 ½ ) Liter Wein.

Der Lehensherr, der Propst gar selbst, mag kommen mit 3 ½ Pferden (vermutlich 3 Pferde und ein Esel) und beim Lehensmann, wo ihm gelüstet, einkehren und dort Futter für die Pferde erhalten. Die Kost gibt sich der Lehensherr selbst. Ist dem Lehensherrn die Schlafstätte zu eng, hat der Lehensmann sein Bett abzubrechen und dem Lehensherren Platz zu schaffen.

Für Weggehen ohne Erlaubnis und alle sonstige Ungebühr, wie schmähen, fluchen, lästern und alles dergleichen soll der Verbrecher leiden.

Ein Weinbote gibt die Erlaubnis zur Lese.

Bei der Vorlese soll der Lehensmann für einen Schilling Weck und einen Käs, der eine Spanne weit ist und Wein bringen, so dass der Vogt mit dem Hofmann und dem Lehensmann zusammen genießen können.

Ist der Weinberg zum Teil gemistet, hat der Lehensmann den ungemisteten Teil am Hofe abzugeben. Es darf nur alle 6 Jahre gemistet werden.

Rinnt die Bütte, in der sich die gelesenen Trauben befinden, macht sich der Lehensmann strafbar.

Zum Schluss wurden die Strafen für die Verbrecher ausgesprochen und vollzogen. Der Kirchenvogt konnte im Rahmen des Niedere Gerichtes kleinere Strafen aussprechen und vollziehen. Vor dem Hofgebäude stand der Pranger, den man auch Schandpfahl nannte. An diesen wurde der Delinquent angekettet und der öffentlichen Beschimpfung preisgegeben. Hatte der Bestrafte jedoch die Obrigkeit beleidigt, konnte es passieren, dass Bürger den Bestraften mit Wein oder sonstigen Wohltaten verwöhnten.

Die Gewohnheit, hier Versammlungen abzuhalten, blieb noch lange erhalten. Nach dem sonntäglichen Besuch des Hochamtes wurde Gemeinde gehalten. Der Bürgermeister informierte dann über laufende Geschehnisse in der Gemeinde und gab auch Anordnungen heraus.

Der Autor dieses Beitrages führt anlässlich des diesjährigen Straßenweinfestes, am Samstag dem 27.09., eine Wanderung durch den ehemaligen Kurfürstlichen Wald zur Einsiedelei am Nordhang des Hochkessels.

Treffpunkt: um 11°° Uhr am Burghaus am Moselufer; Dauer ca. 3 ½ Stunden; Kosten keine

Literaturnachweise:
Diederich, Anton - Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, Studien zur Germania Sacra, Das Stift St. Florin in Koblenz
Wambach, Cam - Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien
Beyer, Heinrich - Urkundenbuch mittelrheinischer Territorien
Goerz, Adam - Mittelrheinische Regesten
Gesellschaft für ältere Deutsche Geschichtskunde - Urkunden der Deutschen Könige und Kaiser
Resch, Aloys - Die Edelfreien des Erzbistums Trier, im: Trierisches Archiv, Trier 1911
Schorn, Carl - Eiflia Sacra, Zweiter Band
Vogts, Hans - Die Kunstdenkmäler des Kreises Zell a. d. Mosel

Bildnachweise:
Foto Klosterhof in Neef Dahmen, Iris, Neef
Foto von St. Florin in Koblenz Aufn. u. Verlag Gauls, Die Fotografen, Koblenz

Kirche St. Florin in Koblenz
 
St. Floriner Klosterhof in Neef
 
 
 
 
   
Die Kurfürsten und die Mosel

Nicht nur mit Neef oder dem Kloster Stuben gab es enge Verflechtungen

Wegen steter Kriege, Epidemien und Unterdrückungen war das einfache Volk im Mittelalter größtenteils verarmt. Gab es zusätzlich Missernten, kam es zu Hungersnöten. Dementsprechend wehrte man sich seiner Haut so gut es ging.

Dabei verrohte das frustrierte Volk. Und in seiner Verzweiflung mag es sich auch dem Aberglaube zugewandt und Wunder herbeigesehnt haben. So herrschte einerseits eine tiefe Volksfrömmigkeit. Andererseits entwickelte sich jedoch eine allgemeine Missachtung der geistlichen und weltlichen Gesetze.

Auch nicht wenige der Trierer Landesherren hatten sich den rauen Gepflogenheiten angepasst und sich allzu oft von dem Gepräge des frühen Christentums, als man dem Vorbild Jesus Christus in Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, ohne Streben nach Macht, Geltung und Besitz folgte, entfernt. Sicherlich gab es unter den mittelalterlichen Kirchenfürsten auch solche, die fromm waren – der eine mehr, der andere weniger oder auch überhaupt nicht. Johann VI. soll während seiner Regierungszeit keine einzige Messe gelesen haben. Von Kurfürst Kuno II. wird überliefert, dass er bei Festen den Wein in Strömen fließen ließ und dass Gewalttätigkeiten unter den Gästen die Regel waren. Johann VII. von Schönenberg war in der Verfolgung von Hexen so grausam, dass es zu ihm kaum eine Parallele gibt. Johann Philipp von Walderdorff’s Verschwendungssucht findet ihren Niederschlag in prächtiger Hofhaltung und Mätressenwesen – um nur einige Beispiele zu nennen. Hierüber gibt es hinreichende Literatur, die man in jeder seriösen (auch kirchlichen) Buchhandlung erwerben, aber auch in allen geschichtsorientierten Bibliotheken so recherchieren kann.

Die Neefer kurfürstliche Jagd kann nicht ganz unbedeutend gewesen sein, sonst würde nicht in so ausführlicher Weise überliefert, wie Oberjäger und Oberforstmeister Karl Michael Emmerich Freiherr von Metzenhausen vom Kurfürsten Georg von Schönborn aus besonderer Gunst einen Hirschfänger mit silbervergoldetem Griff und zwei Perücken überreicht bekommen hat. Karl Michael residierte als letzter Lehensträger der Neefer Burg dort selbst. An anderer Stelle wird berichtet, dass die Geißenplage im Neefer Wald dramatische Schäden angerichtet hatte und von kurfürstlicher Stelle aus der totale Abschuss dieser Schädlinge verordnet wurde. Seither heißt dieser Berg heute noch der „Geißenberg“. Wüst ging es sicherlich auch nach einer Jagd im Neefer kurfürstlichen Revier zu. Der leidenschaftliche Jäger Balduin soll es gewesen sein, der während der Jagd zwei Wildschweine fangen ließ. Diese hatten dann in damaliger Art die Reste des Gelages jeglicher Art aufzufressen. So wurde also die „Sau rausgelassen“. Damals ein ganz normaler Vorgang. Und vielleicht fragte auch der Jagdherr: „Hat es euch nicht geschmecket? Warum rülpset und pupset ihr nicht?“ Noch heute wird dieses Zitat von Martin Luther bei mittelalterlichen Spektakel immer wieder gerne mit Humor zitiert.

Neef hätte in der Geschichte kaum eine Rolle gespielt, gäbe es dort nicht den großen südlichen Berghang, der von Natur aus die besten Voraussetzungen für einen Qualitätsweinbau bietet. Solche Hänge waren gesucht. In auffallend vielen Urkunden werden Vorkommnisse aus Neef geregelt. Päpste, Bischöfe, Kaiser, Könige und sonstige Honoren treten in geschichtlichen Zeugnissen auf; und meistens handelt es sich direkt oder indirekt um Wein- oder Weinbergsangelegenheiten. In der Chronik von Neef, die allerdings noch in Bearbeitung ist, kann dies unter www.naves-historia.de auch im Detail so nachgeschaut und erkannt werden. Dort wird berichtet, wie der große Maria-Laacher-Klosterhof in Neef mit bedeutendem Weinbergsbesitz um 1200 in den Besitz der Grafen von Sponheim gekommen ist. Durch die Auflösung der vormaligen Neefer Reichskirche fielen Graf Simon von Sponheim weitere Weinberge zu. Nicht zuletzt wegen des großen Weinbergsbesitzes wurde Graf Eberhard, zuvor Domherr in Köln, die Heirat mit der Tochter des Truchsess von Alzey gestattet. Eberhard wurde selbst Truchsess und war (auch seine
Nachfolger) nunmehr zuständig für die Tafel des pfalzgräflichen Hofes in Heidelberg. So wird sich auch der Pfalzgraf an Neefer Wein gelabt haben.
Schließlich findet noch Beachtung, dass der Abt vom Kloster Echternach, Peter von Hbyn, zwei zusätzliche Feiertage angeordnet hat aus Dankbarkeit dafür, dass Graf Johann von Homburg und dessen Ehefrau dem Kloster den Besitz von Neef schenkten. Es wurde auch beurkundet, wie viel Wein anlässlich des Gedenkens jedem Mönch, einschließlich der Klosterschüler, zum Trunke zustand. Aus alle diesen urkundlichen Aufzeichnungen kann man erkennen, dass in Neef der Wein stets im Mittelpunkt stand und der Burgkeller stets mit guten Weinen üppig gefüllt war. Und wenn schon dem Pfalzgrafen der Neefer Wein zusprach, weshalb sollte er nicht auch Balduin und den anderen Kurfürsten gemundet haben? Schließlich waren die Trierer Kurfürsten im Verzehr des Weines keine Weisenknaben (um es in gemäßigterer Form auszudrücken als es Paczenskiy wiedergibt).

Der Ort Neef hatte in seiner Geschichte in der Zeit, als Balduin regierte (1307 – 1354), die bewegteste Zeit. In Urkunden wird berichtet, dass Gerhard von Sponheim 1325 Kurfürst Balduin die Burg von Neef als Offenhaus zu Lehen aufträgt. Die Burg stand somit für Balduin jederzeit offen. 1330 verlieh Kaiser Ludwig IV., als Freund von Balduin beschrieben, Gerhard, den übrigens der Kaiser „den Neefer“ (von Neven) nannte, das Hohe Gericht. Da muss doch Gerhard einen Fürsprecher gehabt haben?! Ein solches Privileg erhielten ansonsten doch noch Städte und bedeutende Marktflecken zugesprochen. In einer anderen Urkunde vom gleichen Tag wurden „dem Neefer“ vom Kaiser vier Juden verlehnt. Juden wurden auch von Balduin bei seiner zentralen Finanzverwaltung eingesetzt. Sie waren bekannt dafür, dass sie geschickt mit den Finanzen umgehen konnten. Und die Neefer Grafen glänzten nicht gerade durch eine gute Kassenführung.

Darüber hinaus gibt es Überlieferungen, wonach anno 1329 Balduin den Weg von Neef nach Stuben verbreitern lässt und dass er selbst die Bauarbeiten beobachtete. Weiter soll Balduin, wenn sein Weg am Kloster Stuben vorbeiführte, stets dort eingekehrt sein. Die Verbindung von Neef zu Stuben ist sehr eng. Die Herren von Neef hatten das Gericht über Stuben. Sie traten schon in den Gründungsurkunden des Klosters auf. Andererseits hatte das Kloster Stuben die Kirchenhoheit über Neef. Vielleicht hatte Balduin auch in der Filialkirchen von Stuben, der Matthiaskirche, gebetet. Sie wurde ja während seiner Regentschaft geweiht. Schließlich gehörte das Gotteshaus zum Burgkomplex – zu seinem Offenhaus. Ritter und Grafen wurden in der Matthiaskirche getauft und fanden ihre letzt Ruhestätte dort, und Gräfin Elisabeth von Sponheim hatte auf den Altar eine ewige Messe gestiftet.

Einen Aufenthalt von Balduin in Neef kann man also nicht ausschließen – auch wenn darauf keine Urkunde direkt hinweist. Zumindest vor dem Kauf der Burg sollte Balduin einmal in Neef gewesen sein. Oder hat der in Vermögensangelegenheiten ansonsten so geschickt handelnde Kurfürst hier ausnahmsweise einmal „die Katze im Sack gekauft“? Balduin hat übrigens ein enormes Vermögen hinterlassen das von seinen Zeitgenossen auf 40 000 Gulden geschätzt wurde. In seinem Testament wurde auch das Kloster Stuben bedacht.

Literaturnachweis:
Blümling, Franz Josef, Kurfürst Balduin war auch in Neef, in: Heimat zw. Hunsrück und Eifel, Nr. 7, 2006
Blümling, Franz Josef, Die Grafen von Sponheim I. und II., www.naves-historia.de Düsterwald, Erich, Kleine Geschichte der Erzbischöfe und Kurfürsten von Trier Friderichs Alfons, Kurfürst Balduin war nicht in Neef, Heimat zw. Hunsrück und Eifel, Nr. 8, 2006 Paczenskiy Gert, Dünnebier Anna, Kulturgeschichte des Essens und Trinkens, S. 156 Wampach, Cam., Urkunden- und Quellenbuch altluxemburgischer Territorien

Erschienen in
Heimat zwischen Hunsrück und Eifel, Nr. 9 – September 2006
 
   
Die fragwürdige Schenkung des Grafen von Homburg der Güter von Neef und Bremm an das Willibrordus-Gotteshaus in Echternach

Schon das Kloster Maria Laach unterhielt 1139 in Neef einen großen zentralen Hof wo nicht nur Weinabgaben aus Neef, sondern auch solche aus den umliegenden Dörfern gesammelt, gekeltert und verschifft wurden.

Um das Jahr 1200 erscheinen nun die Grafen von Sponheim als Besitzer des vormaligen Klosterhofes. Und als sich anno 1251 diese „Herren von Neef“ die Güter der vormaligen Neefer Reichskirche mit dem Kloster Stuben aufteilten, fiel ihnen weiterer Besitz in Neef und Bremm zu. Mit dem nun angewachsenen beachtlichen Gesamtbesitz war auch ihre Bedeutung gewachsen. Gerhard von Sponheim gab sein geistliches Amt als Domherr zu Köln auf, und es wurde ihm gestattet, die Ehe mit der Tochter des pfalzgräflichen Truchsessen Gerhard von Alzey einzugehen. Er wurde dadurch Erbe dieses schwiegerväterlichen Hofamtes und war somit für den Küchendienst und gleichzeitig auch für den Weinvorrat im pfalzgräflichen Schloss in Heidelberg zuständig. Es dürfte folglich auch mit Moselwein aus dem Neefer Burgkeller bei Festen, Gelagen und sonstigen Anlässen angestoßen worden sein.

Die gestiegene Geltung der Neefer Grafen wird dadurch noch einmal bestätigt, dass Kaiser Ludwig dem „von Neven“ (dem Neefer), das Hohe Gericht verlehnte. Ein solches Privileg wurde ansonsten nur nennenswerten Marktflecken und Ortschaften mit Stadtrechten zugestanden.

Und all die Rechte und sämtlicher Besitz flossen in Erbfolge Irmgard von Scharfeneck zu, die dies als Mitgift in die Ehe mit dem Grafen Johann von Homburg einbrachte. Es wundert, dass nun das Grafenehepaar das gesamte Heiratsgut dem Sankt Willibrordus-Gotteshaus in Echternach vermachte, da doch eigentlich Johann gerade in jener Zeit unter einer Geldknappheit litt.

Der Dank für die Stiftung lag einzig und allein im immateriellen Bereich: Der Abt des Echternacher Klosters, Peter von Hubyn, sicherte den Stiftern ewiges Seelenheil zu.

Weiter fällt nun noch auf, dass man den Schenkungsakt offenbar schnell unter Dach und Fach bringen wollte. So wurden innerhalb von zwei Tagen drei Urkunden verfasst, wovon die zuletzt besiegelte, am 4. September 1419, das entgültige Dokument war. Offenbar hatte man bei den zuvor verfassten Urkunden Güter vergessen aufzunehmen.

Letztendlich wurden folgende Rechte und Güter dem Echternacher Kloster
vermacht: Renten und Gülten mit allem Zubehör an Gerichten Hoch und Tief, Kirchen und Kirchengaben, Häuser, Höfe, Kelterhäuser, Gärten, Baumgärten, Mühlen, Weingärten, Wiesen, Felder, Gewonnenem und Ungewonnenem, Büschen groß und klein, Wasser, Weiden, Schöffen, Zinsen, Renten kleine und große, Lehensleute, Mannen, Dienstmannen sowie auch das Haus mit Graben (Burg) nebst allen Feldern und Wiesen in Neef und Bremm (Das Truchsessenamt wird nicht mehr aufgeführt).

Um keinerlei Zweifel an den Schenkungen aufkommen zu lassen, wird ausdrücklich vermerkt „ ... dass, wenn Abt und Konvent von irgend einer Seite wegen dieser Güter Anfechtung erfahren sollten, sie sich an ihrer Leibzucht Pension schadlos halten können. Auch soll besagte Leibzucht und Pension sofort bei ihrem Ableben hinfällig sein“. Schlussendlich wird noch festgehalten: „Sollten vielleicht noch Urkunden vorgezeigt werden, die über diesen Besitz zu Neef sprechen, so sollen sie ohne Wert sein und dem Abt und seinem Gotteshaus keinen Schaden bringen. Auch wenn gegenwärtige Urkunden leiden sollten, dass sie Löcher erhielten oder dass deren Siegel gequetscht wurden, soll sie trotzdem in Kraft bleiben.“

Die Urkunden wurden in der Burg zu „Neffe“ besiegelt. Unterschrieben haben der Graf und seine Gattin. Auf deren Bitte hin war auch der Johann von Croev zugegen. Weiterhin zeichneten der Jakob von Kaimt als Schultheiß, Johann Stettzis und Reinhard von Merl als Schöffen im Hamm und der Vogt des Gerichts zu Neef Hennen Stremchin. Und nun werden noch die bei der Vertragsunterzeichnung anwesenden Lehensleuten aufgeführt: Eberhard Thielchin, Peter Winkler, Peter Decker, Clais von Hantem (von Hontheim), Henne Picker, Reynards Henne, Drentzins Sohn Henne, This Buch von Brem (von Bremm) und Hein Boppe.

„Aus all den Urkunden erhellt, dass die Schenkung der Güter von Neef keine direkte freie Schenkung darstellt“ – so merkt es der Übersetzer der Urkunden, Cam. Wambach an.

Verständlicherweise war die Tochter des Grafenehepaares, Anneline zu Sankt Jörgen, (in Ungarn), die als einziger Nachkomme rechtsmäßige Erbin von Neef war, mit dem Vermächtnis nicht einverstanden. Erst 4 Jahre später, was eine zwischenzeitliche heiße Auseinandersetzung vermuten lässt, gab sie zu der Schenkung ihr Einverständnis und erhält dafür vom Sankt-Willibrordus-Gotteshaus stattliche „ ... 40 gute Mainzer Gulden, gut an Gold und rechten Gewichtes.“

Von Graf Johann, der im Jahr 1449 verstorben ist, wird nun berichtet, dass er in seinen letzten Jahren das Dasein eines „begüterten Rentners“ führte und dass er im Kloster Wörschweiler „seine Briefe“ (gemeint waren
Besitzurkunden) hinterlegt hatte, die ihm eine laufende Einnahme verschafften. So kann man den Verdacht aufstellen, dass er nicht unbedingt die komplette Schenkung der Neefer Güter an Echternach für sein Seelenheil verwendet hatte, sondern auch noch etwas für seine „Altersversorgung“ abgezweigt hatte. So könnte folgendes einvernehmliche Abkommen zwischen dem Trierer Erzbischof, dem Pfalzgrafen, dem Abt Peter von Hubyn und dem Grafenehepaar getroffen worden sein:

• Auf das Truchsessenamt verzichtet das Grafenehepaar. Es kann vom
Pfalzgrafen an einen anderen Aristokraten vergeben werden.

• Das Kloster Echternach erhält die landwirtschaftlichen Güter nebst den dazu gehörenden Gebäuden und Rechten an den Lehensleuten und Dienstmannen.

• Das Hohe Gericht über Neef und der Anspruch an Kirchen- und Kirchengaben geht an den Trierer Erzbischof. Dieser setzt in Neef nunmehr Amtmänner ein, die in seinem Auftrag vor Ort für Recht und Ordnung sorgen. Sie üben das Niedere Gericht aus.

• Auch die Burg nebst Mannen erhält der Trierer Bischof (hatte sie zuvor zu Lehen), der sie seinem Amtmann als Residenz zur Verfügung stellt. Dem Amtmann stehen zum Unterhalt das Gefälle der Burg, was Ländereien in Neef und Bremm ausmacht, zu.

Fakt ist, dass die Güter von Neef letztendlich so aufgeteilt waren. Die vorgenommene Manipulation, gleich ob von Anfang an so gewollt oder nachträglich vorgenommen, beweist, dass die Güter von Neef bedeutungsvoll waren.

Besonders beseelt zeigte sich der Abt des Klosters von Echternach über die große Schenkung. Er ordneten am 10. August 1426 zwei Feiertage an, und zwar zu St. Benedikt in den Fasten (am 21. März) und zu St. Benedikt im Sommer (11. Juni), an denen anlässlich von Messen der Seelen des Grafen Johann und der Gräfin Irmgard, die ihnen das "... Almosen ..." von Neef schenkten, gedacht wurde. Und wie der flüssige Ertrag zu verteilen war, findet sich ebenfalls urkundlich festgeschrieben (Urkunde vom 10. August 1426). Danach erhielten die Mönche zur gewöhnlichen Tafelkost oder zur Krankenkost vier Ohm Wein (also etwa 650 Ltr.). Auch ein nochmaliges Quantum von vier Ohm Wein als Aufbesserung der kargen Kost während der 40tägigen Fasten sollte den Mönchen willkommen sein. Den Klosterschülern stand an diesen Tagen nur eine Quart (1,132 Ltr.) Sauerwein zu – falls der Konvent ausdrücklich zustimmte. Eine zusätzliche Ohm aus den Gütern von Neef erhielten die Mitglieder des Konvents als Vergeltung der festtäglichen Mühewaltung.

Die Weinberge in Neef und Bremm waren bis zur Säkularisation durch Napoleon, bis 1803, im Besitz des Echternacher Klosters. So dürfte der aus Neef und Bremm bezogene Wein bei dem nachfolgendem Geschehen keine untergeordnete Rolle gespielt haben:

Es wütete im Jahre 1444 ein mächtiges Feuer in Echternach und traf beinahe sämtliche Einwohner der Stadt. Zuerst war das Feuer in einem Privathaus ausgebrochen. Von dort verbreitete es sich durch Funkenflug auf weitere Dächer, die allgemein mit Stroh und Schindeln gedeckt waren. Abt Gluwel, der die Schreckensszene nach allen Seiten hin beobachten konnte, sah die Leute, die gegen den Brand kämpften, überwältigt und beinahe erschöpft von Arbeit, während die Greuel der Verwüstung sich auch dem Kloster näherte. Um nun die bereits Ermüdeten mit neuer Kraft zu beleben und zu ermutigen, ließ er Wein so viel die Leute trinken wollten, unter die Menge austeilen. Schließlich trank man sieben Fuder. Denkt man diese 7000 Liter betragende Weinmenge auf eine mutmaßliche Anzahl von höchstens 600 arbeitsfähigen Menschen verteilt, so wird einleuchtend, was der Chronist hierzu anmerkt, nämlich: dass der Wein, anstatt wirkliche Labung, durch sein Übermaß das Gegenteil und zugleich die größte Unordnung bewirken musste. So geriet der Brand völlig aus der Kontrolle und das Unglück nahm seinen Lauf. In zwei Tagen und zwei Nächten legte das Feuer über 200 Wohnhäuser und auch das St.-Willibrordus-Gotteshaus in Asche

siehe auch 22.a. Die Schenkung an das Kloster Echternach

Literaturquellen:
Bertram Resmini Germania Sacra Die Benediktinerabtei Laach, Neue Folge 31, S. 283, 322 ff.
Brimmeyr, Joh. Peter Geschichte der Stadt und der Abtei Echternach
Creschere Nil Obstat Blaetter zur Geschichte der Stadt Homburg, Folge 9, 28. Febr. 1958
Grand Duché de Luxembourg, Archives Nationales Übersetzung der Urkunde vom 10. August 1426
Günther, Wilhelm Urkundensammlung zur Geschichte der Rhein- und Mosellande
Klafki, Eberhard Die kurpfälzischen Erbhofämter
Mötsch, Johannes Regesten des Archivs der Grafen von Sponheim von 1065 –
1437
Stadtarchiv Homburg Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes, Arch.-Nr.
964, s. 272
Vogts, Hans Die Kunstdenkmäler des Kreises Zell, S. 250
Wambach, Cam. Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der
altluxemburgischen
Territorien

Bildernachweis:
Fotos von F.J. Blümling Echternacher Hof und Grenzstein
Verlag Schnell u. Steiner Burgruine und Schlossberghöhlen Homburg

Erschienen in
Kreis-Jahrbuch Cochem-Zell 2009
 
Burg in Homburg zu damaligen Zeit, als Residenz der Grafen Johann von Homburg
 
Noch heute findet man in der Neefer Flur alte Grenzsteine mit der Eingravierung A/E (Abtei Echternach)
 
 
 
 
   
Hintergrund der Lehenvergabe von Kaiser Ludwig an Gerhard von Sponheim

Anno 1316 wird Gerhard von Sponheim, Herr zu Neef, vom Kaiser Ludwig mit dem Schlosse Neve belehnt. 1325 trug er dieses für die stattliche Summe von 150 Heller dem Erzbischof Balduin als Offenhaus zu Lediglehen auf. Dies drückt aus, dass Gerhard somit mit allen seinen Burgmannen bei einem Besuch der Lehensherren parat zu stehen hatte. Somit kam Gerhard auch in den Dienst des Kaisers.

Und jener Kaiser Ludwig verlehnte 1330 auf dem Felde bei Hagenau (Elsass) dem Gerhard von Sponheim Gericht und Güter mit allen Rechten und Zubehör über Neef.

Am gleichen Tag erhält Gerhart vier Juden, deren Nutzen und Dienstbarkeit bis auf Widerruf durch ihn oder seine Nachfolger im Reich. Die Herren von Neef hatten sich bisher nie wegen finanziellen Geschicklichkeiten hervorgetan. So halfen mehrmals die Juden Isaak und Namegud aus Kirchberg aus, um finanzielle Engpässe zu überwinden. Als Sicherheit mussten Bürgen herangebracht und auch wertvolle Rechte und Besitz verpfändet werden. Es gab immer wieder Turbulenzen und Streitigkeiten in finanziellen Angelegenheiten.

So kann vermutet werden, dass die anno 1325 von Balduin erhaltene Summe von 150 Heller keine dauerhafte Stabilität in den Haushalt des Gerhard von Sponheim gebracht hatten und zudem auch ein Misstrauen bezüglich einer ordentlichen Finanzverwaltung bestand. Deshalb wurden Gerhard von Sponheim vorsorglich vier Juden zugeteilt, welche die Finanzen in Neef zu regeln hatten. Eine solche Methode wandte übrigens auch Kurfürst Balduin, ein Verbündeter und Vertrauter vom Kaiser, an. Auch er überließ seine zentrale Finanzverwaltung geschickten Juden – am ehesten jüdischen Kaufleuten. Es sollte also gewährleistet sein, dass die Gerhard von Sponheim zugestandenen bedeutungsvollen Reichslehen solide und gewinnbringend verwaltet werden.

Auffallend ist auch, dass in den beiden Urkunden Gerhard von Sponheim stets als den von Neven, also den (der) Neefer, genannt wird. Namensforscher gehen davon aus, dass so der Familienname Neef, Neefe entstanden ist. Gerade in jener Zeit, im 14. Jahrhundert, wurden solche Zunamen eingeführt. Wenn also z. B. jemand seinen Heimatort verlassen hatte, dann nannte er sich in seiner neuen Bleibe nach dem Herkunftsort.

 
 
 
 
 
 
   
Zwei ehrenwerte Frauen in Neef

Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und die Verwurzelung im Gottes-Glaube zeichnen zwei Frauen aus, deren Wirken in den Annalen von Neef einen festen Platz verdienen. Es sind dies Frau Gertrud Steffens (1884 – 1954) und Barbara Treis (1875 – 1946).

Gertrud Steffens

Die ärztliche Versorgung in Neef war zu früherer Zeit sehr dürftig. Der eigentlich für den Ort zuständige Arzt war Dr. Schausten aus Alf. Er war nicht motorisiert und besuchte ab und zu Neef mit dem Fahrrad. Und Neef lag ziemlich abseits. Eine Verbindung zur Außenwelt gab es nur durch eine Fähre zur anderen Seite der Mosel auf die Landstraße, oder über einen ungepflegten Feldweg nach Bullay. Nach Beendigung des Zeiten Weltkrieges war auch die Verbindung mit der Bahn wegen der Zerstörung der Ellerer Brücke zeitweise lahm gelegt. Neef lag am Ende der Welt – wie es Nachbarorte oft hämisch ausdrückten. Man war auch in aller Regel noch nicht krankenversichert. So war es teuer, wenn einmal der Arzt in Anspruch genommen werden musste, den man sich ansonsten kaum leisten konnte.

In dieser Situation hatte sich das Trotche, die Trot-Tant, oder auch die Berje Trot, wie Gertrud Steffens (geborene Bergen) liebevoll genannt wurde, als Naturheilerin hervorgetan. Sie hatte als solche nie eine spezielle Schule besucht. Das Wissen wurde ihr angeboren, wie sie ihre Fähigkeit selbst erklärte. Sie kannte zu allen Krankheiten und sonstigen Gebrechen ein heilendes natürliches Mittel. Dazu gehörten Kräuter, Öle, Essig, Schnäpse und Rinden. Daraus machte sie Tees, und tränkte Umschläge und Wickel, die sie anlegte. Darüber hinaus stand sie auch mal bei schwierigen Geburten der dörflichen Hebamme zur Seite, wenn eine Nachbehandlung nicht auszuschließen war. In allen Lebenslagen konnte sie helfen. Ja selbst wenn sich der Tod einer Mitbürgerin / eines Mitbürgers abzeichnete, war sie da und spendete dem Sterbenden Trost, betete mit ihm und stand zur Verfügung, wenn der Verstorbenen gewaschen, angezogen und in den Sarg gelegt wurde.

„Wenn es die Trot-Tant nicht gegeben hätte, würde ich nicht mehr leben! Ich war ein Jahr alt. Überall hatte ich am Körper Wundstellen, die mit Schorf (Kruste) überdeckt waren. Da diese Wunden ganz schlimm juckten, kratzte ich mich immer wieder, was aber die Krankheit nur noch verschlimmerte. Meine Mutter versuchte vergebens dagegen anzugehen. Dies ereignete sich in der Weinlesezeit, und man unterhielt sich im Wingert über meinen üblen Zustand. Hoffentlich lebt das Kind noch, wenn wir nach Hause kommen! - hatte sich eine Lesehelferin geäußert. Da konnte nur doch die Trot-Tant helfen! Die kam auch prompt an mein Krankenbett. Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht saß sie nun neben mir. Sie machte immer wieder Wickel und Umschläge. Und tatsächlich: Die schlimme Krankheit wurde von der Trot-Tant besiegt. Wunden mitsamt dem Schorf gingen zurück, und ich war schon bald völlig gesund“ – so erinnert sich ein Neefer Bürger.

„Ich machte gerade meine Hausaufgaben und schrieb dabei mit einem Griffel auf eine Schiefertafel. Mit meinem Bruder geriet ich in Streit. Es entstand ein heftiges Gerangel. Wir balgten uns auf dem Fußboden herum, und ich stieß mir dabei den Griffel durch das Ohr in den Kopf. Was tun? Meine Mutter packte mich, und schnell liefen wir zur Berje Trot. Die zog mit einem Ruck den Griffel aus dem Kopf. Die Spitze blieb jedoch stecken. Sie spülte die Wunde mit einer Essiglauge aus, legte eine Schnaps-Wickel darauf und meinte, wir sollten beobachten, ob die Spitze wandert. Wenn ja, dann sollten wir wieder kommen. Die Griffelspitze wanderte nicht“. So ging es dem Mann mit der Griffelspitze im Kopf sein Leben lang gut und ist damit im hohen Alter gestorben.

Weitere Erinnerungen von der Berje Trot:

„Für mich war die Trot-Tant die liebste Oma auf der Welt, obwohl ich ja mit ihr nicht verwandt war. Mit ihrem Enkel war ich fast jeden Tag zusammen. Und wenn wir böse Streiche gespielt hatten, hatte sie nicht geschimpft, sondern fand nur belehrende Worte und wollte wissen, dass wir doch solche in Zukunft lassen würden. Sie hat für uns Brote mit Butter geschmiert, darauf kam dann ihre selbstgemachte Marmelade und obendrauf noch Rahm. Dazu gab es frische warme Milch. Und das schmeckte! – in den armen Jahren nach dem Krieg war dies für wahr eine Delikatesse! Wir sind auch mit der Trot-Tant in den Wald gegangen und haben Erd-, Brom- und Himbeeren gesammelt. Auch haben wir allerhand Blätter, Wurzel und Kräuter mitgebracht. Dies waren für sie Grundstoffe zur Herstellung von Tee, Salben und Pulver. Mein Leben lang habe ich oft an die Trot-Tant gedacht. Für mich war sie eine Heilige“.

„Meine Geburt zu Hause im Elternhaus war sehr problematisch. Das Trotsche wurde zu Hilfe gerufen – und es half. Ohne sie wäre ich nicht lebend zur Welt gekommen – so erzählte es immer wieder meine Mutter. Zeitweise sollte man schon angenommen haben, dass ich nicht mehr lebte“.

„In unserer Familie gibt es immer noch einen Spezial-Tee für alle Zwecke á lá Berje Trot: Fenchel, Kümmel und Anis - einfach aber immer noch wirksam!“ Überhaupt heilte die Gertrud Steffens nur mit Mitteln aus der Natur. „Diese sind ein Bestandteil der göttlichen Schöpfung. Sie liefert kostenfrei Mittel gegen Krankheiten, Gebrechen und auch gegen leichte Wehwehchen“ – erkannte es die Trot. Und die Plätze, wo sie diese Grundstoffe für ihre Behandlungen fand, kannte sie. Sie waren am Moselufer, am Bachlauf, in Wäldern und Feldern.

Die Trot half auch im Stall beim kalben, wenn es Schwierigkeiten gab und fand auch Mittel, wenn ein Tier irgendwelche Krankheiten hatte.

Ihre Dienste verrichtete sie kostenlos. Ein herzliches „Dankeschön“ war für sie der höchste Lohn. Selbstverständlich freute sie sich auch, wenn man sie mit Naturalien bedachte, wie z. B. ein paar frisch gelegte Eier, eine Wurst aus der Hausschlachtung, einen geangelten Moselfisch oder auch einer Flasche Wein oder Schnaps. Ein Gläschen Wein tat sie nicht verachten und Schnaps gehörte nicht nur zur Anlegung von Wickeln, er war auch die Grundlage für ein Rezept wenn er mit Anis oder mit Brennnesseln angesetzt war.

Die Berje Trot war eine hochgeachtete Persönlichkeit. Bei ihrer Totenmesse gedachte Pfarrer Rauber der Verstorbenen in einem solch rührenden Nachruf, dass das voll besetzte Gotteshaus in ein Schweigen verfiel und nicht nur bei den engen Anverwandten Tränen flossen. Sie war für alle Neefer ein wahre Heilige.

Hebamme Barbara Treis

Das Wort Hebamme steht für althochdeutsch heb(e)/ hevan - „heben“; amme für „Ahnin“ - bezeichnet die Großmutter des Neugeborenen, die das Neugeborene ins Leben hebt. Aus dieser Wortbedeutung wird erkennbar, dass die Hebamme stets ältere, gestandene und erfahrene Frauen waren. Schon im Alten Testament werden sie erwähnt: Die Frauen, die anderen Frauen bei der Geburt eines Kindes helfen. Der Beruf der Hebamme ist also uralt.

Hebamme – ein uralter Beruf

Während des Mittelalters traten im großen Maße Totgeburten auf, die für die Wöchnerin oft den Befall des Kindbettfiebers zur Folge hatten. Trat diese Infektionskrankheit auf, bestand nur noch eine geringe Überlebenschance. Insbesondere kirchliche Behörden bemühten sich darum, dass die zuständige Hebamme ein gewisses Quantum an Fachwissen hatte. Dies zum einen aus medizinischen Gründen, zum anderen aber verstärkt aus der Tatsache heraus, dass bei der hohen Zahl von den lebensgefährlichen Geburten Hebammen häufig die Nottaufe vornahmen. Und so wird es begreiflich, dass die Kirche Wert darauf legte, die Ausübung des Taufaktes nur durch gewissenhafte, religiös fundierte und mit den Zeremonien vertraute Personen vornehmen zu lassen.

Als die Franzosen im Rheinland herrschten (1794 – 1813), wurde die Geburtshilfe im ländlichen Raum verbessert. Für jedes Dorf musste eine Hebamme berufen sein. Die praktische Arbeit regelte das Hebammenlehrbuch, das die Hebamme ebenso besitzen musste, wie die erforderlichen, in gutem Zustand zu erhaltenen Instrumente und Geräte sowie das erforderliche Desinfektionsmittel. Allgemein übten Hebammen ihren Beruf unter Aufsicht des Kreisarztes aus. Er erhielt in jeden Fall Mitteilung, wenn Kindbettfieber, Missgeburt oder Tod bei einer Geburt auftraten. Zudem musste die Wöchnerin nach der Geburt von der Hebamme gewaschen und versorgt werden. Sie hatte auch weiterhin von der Kirche aus die Befugnis zur Spendung der Nottaufe. Der Hebammenberuf war ein angesehener Frauenberuf, aber mit weniger ansehnlicher Entlohnung. Immerhin gab es für ihn ein gesetzlich garantiertes Mindesteinkommen. Dies reichte jedoch nicht aus, um eine Familie zu ernähren.

Mit Barbara Treis, geb. Binzen, (1875 – 1946) endete, bedingt durch den Trend zur Krankenhausentbindung, der Hebammenberuf in Neef. Zuvor waren die Hausgeburten üblich.

Der Ehemann von Barbara war der Schneider Mathias Treis (1868 – 1948). Mit seinem Einkommen und dem seiner Ehefrau führte die sechsköpfige Familie ein bescheidenes Leben in einem einfachen Fachwerk-Haus im Neefer Unterdorf. Dieses wurde durch einen Bombenangriff im März 1945 zerstört. Barbara lag recht lange schwer verletz im Trümmerhaufen bis sie endlich gerettet wurde. Sie war fortan körperlich und psychisch so lädiert, dass sie an den Folgen dieses schrecklichen Geschehens schon im folgenden Jahr verstarb.

Barbara Treis war eine einfache, fromme und kundige Hebamme. Komplikationen sind nicht bekannt geworden. Sie arbeitete Hand in Hand mit der Naturheilerin Gertrud Steffens zusammen. Und wenn jemand ihren Dienst nicht aus einer Armut heraus bezahlen konnte, dann war das halt so – „Gott wird es mir vergelten“. Vielleicht ging das ja später einmal. So traten im hinterlassenen Geburtenhilfe-Buch noch recht viele offene Beträge auf, die dann auch nie beglichen wurden - Gott vergelt‘s!

erschienen im Kreisjahrbuch Cochem-Zell 2014
 
 
Die "Berje Trot" im Kreise ihrer Lieben Bild
aus dem Archiv von Kurt Bergen
 
 
Die Hebamme Barbara Treis
Bild von Urenkel Günther Treis
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
   
Literaturnachweise:
   
Bildnachweise:
   
im nächsten Kapitel: Schlusswort
[ Inhalt ] [ Chronologie ] [ Funde ] [ Glossar ] [ Führungen ] [ Gästebuch ] [ Quellen ] [ Links ] [ Impressum ] [ Datenschutz ]
© Designed by MoselWeb.de - Rainer Pellenz